Direktversicherungsgeschädigte trafen sich mit
MdB Hans-Jürgen Irmer in Hüttenberg
Die Zahl der „Direktversicherungsgeschädigten“ ist bundesweit verteilt mit sechs bis sieben Millionen erschreckend hoch. Somit sind auch im Mittelhessischen viele Tausend Menschen betroffen, die in den 1980er, 90er und bis hinein in den Beginn des neuen Jahrhunderts dem Werben der Politik Folge geleistet und zur privaten finanziellen Absicherung ihres Rentnerdaseins eine Direktversicherung abgeschlossen haben. Millionenfach leisteten sie den Argumenten der Politik Folge, angesichts auf Dauer sinkender Renten selbst aktiv zu werden und zusätzlich zu den zu erwartenden staatlichen Altersruhegeldern private Vorsorge zu treffen. So weit, so gut, so vernünftig und richtig.
Dann aber kam 2003/2004 die Politik in der Regierungszeit von Rot-Grün und speziell in Person der damaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt zur Hebung der Einnahmen der seinerzeit klammen Krankenkassen auf die Idee, die Direktversicherten bei der Auszahlung ihrer privat angesparten Vorsorge nochmals ordentlich zur Kasse zu bitten. Das seinerzeit beschlossene und 2004 in Kraft getretene „GKV-Modernisierungs-Gesetz“ sah und sieht bis heute vor, den Direktversicherten nochmals den vollen Krankenkassenbeitrag von derzeit 19 Prozent, sprich den Arbeitnehmer- und den Arbeitgeberanteil noch dazu, „abzuknöpfen“. Obwohl für die damals abgeschlossenen Direktversicherungen in der Ansparphase bereits Krankenkassenbeiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgeber entrichtet wurden.
Die Betroffenen, die sich zur Wahrung ihrer Interessen in zunehmender Zahl im Verein der Direktversichertengeschädigten (DVG) organisieren, werfen der Politik vor, Verträge nicht einzuhalten und auch das Rückwirkungsverbot großzügig zu umschiffen. Die Betroffenen fühlen sich um den Lohn ihrer Arbeit gebracht. In den Hüttenberger Bürgerstuben leisteten 70 Betroffene der Einladung des „DVG-Stammtisches Mittelhessen“ zu einer Informationsveranstaltung Folge, bei der auch der heimische CDU-Bundestagsabgeordnete Hans-Jürgen Irmer anwesend war.
Irmer widersprach den teils emotional vorgetragenen Vorwürfen zahlreicher Versammlungsteilnehmer nicht, die der Politik vorwarfen, Vertrauen, Glaubwürdigkeit und Akzeptanz zu verspielen und mit ihrer Weigerung, erkannte Fehler auch wieder zu korrigieren, die Politikverdrossenheit massiv zu fördern. Der CDU-Politiker aus Wetzlar steht nach eigenem Bekunden „aus tiefer innerer Überzeugung“ auf der Seite der Direktversicherungsgeschädigten und gibt ihnen „in der Sache recht“. Und er berichtete von „vielen Kollegen in allen Fraktionen“, die ebenfalls dieser klaren Ansicht seien. Irmer sieht dringenden Handlungsbedarf, es müsse ein Kompromiss gefunden werden, „weil die Situation für alle Beteiligten völlig unbefriedigend ist“.
Bis zur Sommerpause, so die optimistische Erwartung des MdB, werde sich die Unionsfraktion im Bundestag „mit einer Mehrheit der Truppe“ wohl im Sinne der Direktversichertengeschädigten positionieren. Dann sei allerdings noch der Koalitionspartner SPD zu überzeugen. Irmer verwies auf den Vorschlag von Gesundheitsminister Spahn, der drei Milliarden Euro vorsieht, die aus den „gut gefüllten Kassen der Krankenversicherungen“ kommen sollen. Leider verweigere sich aber Finanzminister Scholz, der erklärt habe, in seiner Staatskasse dafür kein weiteres Geld zu haben.
Der Spahn-Vorschlag sieht einen Freibetrag von 200 Euro monatlich vor. Nur über diesen hinaus sollte noch „verbeitragt“, sprich die Versicherten zur Kasse gebeten werden, was schon auf eine spürbare Verbesserung der Situation hinauslaufe. Allerdings solle diese Regelung nur für die Zukunft, also für die Auszahlung von Direktversicherten-Renten ab der Gültigkeit einer Neuregelung, gelten. Das wiederum geht laut Irmer aber nicht: „Wir dürfen die Altlasten nicht vergessen oder außer Acht lassen.“ Es sei eine Frage der politischen Willensbildung und der Prioritätensetzung, verbunden mit der nötigen Mehrheitsfindung, endlich die nötigen gesetzgeberischen Schritte zu unternehmen, um Hand an ein vor nun 16 Jahren beschlossenes Unrecht zu legen.
Obwohl klar sei, dass sich die Menschen auf das verlassen können müssen, was ihnen der Staat empfiehlt - in diesem Falle die private Altersvorsorge per Direktversicherung - sieht Irmer aber nicht die Möglichkeit, „die Lage wieder auf Null zurückdrehen zu können“. Dennoch sicherte er den in den Hüttenberger Bürgerstuben anwesenden - und damit auch allen anderen - Direktversicherungsgeschädigten zu, im Rahmen seiner Möglichkeiten in Berlin alles zu tun, um dem berechtigten Frust und Ärger der Betroffenen Rechnung zu tragen.