Es ist unglaublich

Juso-Chef für Verstaatlichung -
Sozialismus à la DDR lässt grüßen

Die Geschwindigkeit, mit der sich die SPD oder zumindest Teile davon in linke bis linksradikale Richtungen hin entwickelt, ist atemberaubend. Die Not muss schon sehr groß sein, wenn man glaubt, auf diesem Wege im Linksaußen-Spektrum Wählerstimmen holen zu können. Dieses Linksaußen-Spektrum ist besetzt von der kommunistischen Linkspartei. Für Kurt Schumacher, den legendären SPD-Vorsitzenden, waren die Kommunisten sogar „rotlackierte Faschisten“.

Kevin Kühnert, Juso-Chef der SPD-Nachwuchsorganisation, hat sich jetzt für eine Verstaatlichung von Großunternehmen wie dem Automobilkonzern BMW ausgesprochen. Der Begriff der Verstaatlichung, der negativ besetzt ist, ging ihm dabei allerdings nicht über die Lippen. Er sprach lieber von einer „Kollektivierung“, ohne die eine Überwindung des Kapitalismus nicht denkbar sei. Kühnert hat dabei leider nicht begriffen, dass wir eine prosperierende soziale Marktwirtschaft in Deutschland haben, die mit Abstand die beste Wirtschaftsform ist, die wir kennen und die zu einem unglaublichen Wohlstand in Deutschland geführt hat, um den uns die Welt beneidet.

Wie Kollektivierungen im Detail laufen sollen, darüber machte der Juso-Chef keine Angaben. Wie auch? Von Wirtschaft versteht er aufgrund seiner beruflichen Biographie nichts. Ihm sei es egal, so Kühnert, ob auf dem Klingelschild von BMW „staatlicher Automobilbetrieb“ stehe oder „genossenschaftlicher Automobilbetrieb“. Den Älteren in der Republik kommen bei dieser Terminologie sofort Gedanken an den „VEB“ (Volkseigenen Betrieb) in der sozialistischen Planwirtschaft der DDR. Die allerdings will Kühnert in dieser Form nicht, denn es habe meistens einen „eklatanten Mangel an demokratischer Mitbestimmung“ gegeben.

Wohin die staatliche Planwirtschaft und der sogenannte demokratische Sozialismus im anderen Teil Deutschlands bis 1989 geführt haben, konnten alle sehen: eine sozialistische Diktatur, ineffiziente Planwirtschaft, Mangelwirtschaft, Umweltzerstörung, staatliche Plattenbauten, fehlende Innovationen in der Wirtschaft (wer einen Neuwagen als Trabi oder Wartburg bestellen wollte, hatte Wartezeiten von elf bis 13 Jahren). Theoretisch haben die Macher des damaligen Sozialismus auch geglaubt, dass die Philosophie, „allen gehört alles“, die beste aller denkbaren Wirtschaftstheorien sei. Sie haben nur vergessen, dass es Menschen gibt, die extrem unterschiedlich sind. Und so wird auch der Ansatz von Kühnert, wonach „demokratischer Sozialismus“ ein untrennbares Begriffspaar sei, in der Lebenswirklichkeit scheitern. Man muss die Geschichte nicht wiederholen.

Wohnraum verstaatlichen

Keine Privatvermietung mehr

Angesichts dieser kruden Theorien verwundert es nicht, dass Kühnert private Vermietungen von Wohnraum kritisiert. Diese solle es im „Optimalfall“ nicht mehr geben. Was das konkret heißt, ließ Kühnert offen. Weit über 50 Prozent der Menschen in Deutschland wohnen zur Miete - entweder über private Vermieter oder kommunale genossenschaftliche oder kirchliche Wohnungsbaugesellschaften. Diese dürfte es dann in Zukunft nicht mehr geben, da sämtliche Wohnungsbaugesellschaften, wie in Wetzlar die WWG oder die Gewobau, darauf aus sein müssen, mit dem vermieteten Wohnraum Geld zu erwirtschaften, um entweder neue Wohnungen bauen zu können, bestehende zu sanieren oder Renovierungsarbeiten vornehmen zu können.

Wohin staatliche Eingriffe und eine staatliche Wohnungsbaupolitik führten, konnte man in der DDR hautnah miterleben. Für die Mieter bedeutete es preiswerte Plattenbauten, aber mit einem Ausstattungsstandard im Bereich Heizung, Sanitär, Größe, der so primitiv war, dass selbst nicht einmal die größten sozialistischen Verfechter der heutigen Zeit eine solche Wohnung beziehen würden.

Anders ausgedrückt: Nach Vorstellung Kühnerts müssten Vermieter künftig enteignet werden. Geht es nach dem SPD-Genossen heißt es: „Konsequent zu Ende gedacht, sollte jeder maximal den Wohnraum besitzen, in dem er selbst wohnt.“

Mit solchen Spitzenfunktionären nimmt sich die SPD jeden Hauch von Seriosität. Gleichzeitig sind die Aussagen Kühnerts ein klares Statement Richtung Rot-Rot-Grün. Ein Wunschtraum vieler Linker würde wahr.

Über den Autor

Hans-Jürgen Irmer
Hans-Jürgen Irmer
Herausgeber Wetzlar Kurier
Aktuelle Ausgabe4/2024