Versprechen beim Neujahrsempfang: Kreishandwerkerschaft Lahn-Dill stellt sich den Herausforderungen

Unternehmergeist, Meisterqualifikation, Fachkräfte und Lehrlinge entscheidend für die Zukunft des Handwerks

80 Gäste aus Politik und Wirtschaft, Schulen und Institutionen, Verwaltung und Verbänden konnte Kreishandwerksmeister Ralf Jeschke (Hermannstein) beim Neujahrsempfang der Kreishandwerkerschaft Lahn-Dill im Kasino der Sparkasse Wetzlar begrüßen, darunter den CDU-Bundestagsabgeordneten Hans-Jürgen Irmer, 1. Kreisbeigeordneter Heinz Schreiber und Bürgermeister Harald Semler. Wo steht das Handwerk, wo will es hin und was erreichen? So lautete die Themenstellung, die in den Ansprachen und dem sich anschließenden und laut Jeschke als „ungezwungener Austausch in entspannter Atmosphäre bei Speisen und Getränken“ deklarierten Teil des Abends besprochen, diskutiert, abgewogen wurde. Die Zwischen- und dezente Hintergrundmusik steuerte in kleiner Besetzung die Wetzlarer Pop- und Rock-Band „Change of Plans“ bei.

Das Handwerk wächst, angetrieben von den Bau- und Ausbaugewerken, auch 2019 weiter, wenngleich sich die Dynamik leicht verlangsame, wusste der Kreishandwerksmeister zu berichten. Auch wenn sich zeige, dass das Handwerk nicht so schnell und unmittelbar die Folgen internationaler Verwirrungen und drohender Handelskriege zu spüren bekomme, „sollten wir es dennoch nicht mit dem Optimismus übertreiben“. Denn wenn sich in den international tätigen Industriebetrieben, die in der Region durchaus wichtige Auftraggeber für das Handwerk seien, Veränderungen zeigten, dann wirke sich dies - mit Verzögerung - auch auf die heimischen im Handwerk aus.

Schattenseite der nach wie vor wachsenden Konjunktur sei das Fehlen von Fachkräften, so Jeschke. Das bedeute zugleich eine Verschärfung des Wettbewerbs um Fachkräfte - auch im Lahn-Dill-Kreis. Besonders das Nahrungsmittelhandwerk, aber auch Betriebe im Elektro- und SHK-Handwerk seien von Abwerbungen betroffen. „Wir müssen daher die Werbung um Nachwuchskräfte als eine unserer zentralen Aufgaben verstehen“, so der Kreishandwerksmeister, der auf die Einstellung einer zusätzlichen Mitarbeiterin bei der KH Lahn-Dill hinwies, die sich - nach dem Vorbild der Ausbildungslotsen der IHK - ausschließlich dem Thema Berufsorientierung widmen werde.

Klaus Repp, Präsident der Handwerkskammer Wiesbaden, nannte 3009 Handwerksbetriebe aus dem Lahn-Dill-Kreis, die - Stand 1. Januar 2019 - in der Handwerksrolle der Kammer eingetragen sind, ein marginaler Rückgang gegenüber der Anzahl vor genau einem Jahr. Die Mehrzahl dieser Betriebe erwarte im Trend aller hessischen Handwerksunternehmen für das achte Jahr ununterbrochenen Aufschwungs nun eine Stabilisierung auf hohem Niveau, aber wohl keine weitere Verbesserung mehr. Auch Repp führte den Fachkräftemangel ins Feld, der sich weiter verstärken werde, wodurch dem Markt bundesweit im Jahr 2015 rund drei Millionen Arbeitskräfte weniger zur Verfügung stehen würden. Neben der Nachwuchsgewinnung ist für Repp die Fachkräftesicherung die zentrale Herausforderung der deutschen Wirtschaft insgesamt und insbesondere auch für die kleinen Betriebe des Handwerks.

Erfreulicherweise setze die neue Landesregierung an dieser Stelle wichtige Schwerpunkte, will die Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen stärken und plane eine Imagekampagne zugunsten beruflicher Bildungsangebote. Sehr wichtig sei auch das politische Bekenntnis zur Gleichwertigkeit von beruflicher Aus- und Weiterbildung auf der einen sowie Abitur und Studium auf der anderen Seite. Erfreulicherweise sind laut Repp aktuelle politische Bestrebungen im Gange, die Meisterpflicht für zahlreiche Handwerke, die mit der Novelle der Handwerksordnung im Jahr 2004 abgeschafft wurde, nun aufgrund eingetretener - und vom Handwerk seinerzeit vorhergesagter Fehlentwicklungen - wieder einzuführen: „Die Rückkehr zur Meisterpflicht ist keine Rolle rückwärts, sondern ein überfälliger Schritt zur Sicherstellung der Zukunftsfähigkeit des Handwerks als Wirtschafts- und Gesellschaftsgruppe.“

 

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Franz Ewert

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