Wegen organisatorischem Chaos:

Wahl des Vizelandrates verzögert sich
Bekommt Roland Esch kalte Füße?

Vorgeschrieben ist, dass die Amtszeit des derzeitigen Schuldezernenten des Lahn-Dill-Kreises, Heinz Schreiber (Grüne), am 11. Dezember 2018 endet. Die neue Kreiskoalition von SPD, FWG, Grünen und FDP hatte nach der Kommunalwahl im Frühjahr 2016 (!) beschlossen - mit Zustimmung der Grünen -, dass die Amtszeit ihres Dezernenten Schreiber planmäßig nach sechs Jahren ausläuft (dass das versorgungsrechtliche Gründe hat, sei dabei nur am Rande erwähnt) und dass dann ein Kandidat der Freien Wähler die Stelle des Vizelandrates übernehmen solle, da die FWG bei der Kommunalwahl etwas stärker aus dieser hervorging als die Grünen. Die FWG in Person des ehemaligen Vizelandrates Wolfgang Hofmann bekam noch ein „Bonbon“: Er darf bis dahin als ehrenamtlicher Kreisbeigeordneter das Sportressort leiten. Auch die FDP wurde zufriedengestellt, indem Wetzlars ehemaliger Oberbürgermeister Dette zum ehrenamtlichen Wirtschaftsdezernenten ernannt wurde. Es waren also eigentlich alle Koalitionäre zufrieden.

Nun ist von Frühjahr 2016 bis zum Herbst 2018 eigentlich genügend Zeit, die entsprechenden Wahlen vorzubereiten, einen Wahlvorbereitungsausschuss zu benennen, der dann öffentlich eine Ausschreibung vornimmt, Anzeigen platziert, obwohl jeder von vorneherein weiß, dass eine Bewerbung unsinnig ist, da man sich intern erstens auf einen FWG-Kandidaten geeinigt hat und zum Zweiten seit Monaten feststeht, dass Aßlars Bürgermeister Roland Esch die Nachfolge antreten soll. Die Koalition hat mit den vier Fraktionen eine ausreichende Mehrheit, um alle Verfahrensschritte beschließen zu können. Die CDU als stärkste Fraktion im Kreistag hätte dagegen nichts machen können, und dennoch gelang es der Viererkoalition nicht, alles ordnungsgemäß über die Bühne zu bringen. Es seien, so Schreiber in der WNZ, personelle Probleme bei der Wahlvorbereitung aufgetreten, die sich aber niemandem erschließen. Nunmehr soll der Kreistag am 18.2.2019 einen entsprechenden Beschluss fassen, so dass Esch dann zum 1.5.2019 sein Amt aufnehmen würde.

Nervosität in der Koalition

Man kann mutmaßen, dass Roland Esch im ersten Wahlgang als Nachfolger von Schreiber gewählt wird. Vermutlich werden die drei Abgeordneten der Linken der Viererkoalition ihre Stimme geben, so dass dann der ein oder andere unsichere Kantonist, den es in der Viererkoalition sicherlich gibt, verschmerzt werden kann. Dennoch ist die Nervosität hoch, da man bei einer geheimen Wahl nie weiß, ob man auch alle Stimmen, die möglich sind, tatsächlich bekommt, denn jeder ist in der Wahlkabine nur sich selbst und seinem Gewissen verpflichtet. Und Esch weiß das, denn er gilt nicht unbedingt als der größte Sympathieträger in der gesamten Fraktion, dem Vernehmen nach noch nicht einmal in der eigenen Partei. Zu erinnern ist daran, dass 2012 die Nachwahl des seinerzeitigen Schuldezernenten Roland Wegricht (SPD) in der damaligen Dreierkonstellation SPD, FWG und Grüne scheiterte. Vorgesehen war die damalige Fraktionsvorsitzende Anke Hartmann aus Schöffengrund, die eine krachende Niederlage hinnehmen musste und seinerzeit aus der komfortablen Mehrheit sage und schreibe neun Stimmen nicht erhielt. Das ist zwar jetzt nicht zu erwarten, aber spannend wird es dennoch.

Über den Autor

Hans-Jürgen Irmer
Hans-Jürgen Irmer
Herausgeber Wetzlar Kurier
Aktuelle Ausgabe4/2024