Dr. Peter Tauber äußert sich in Wetzlar offen und ehrlich zur Lage der Bundeswehr

Effektive Sicherheitspolitik im europäischen Verbund als Herzensanliegen des neuen Staatssekretärs im Bundesverteidigungsministerium

„Eine offene und ehrliche Darstellung und Analyse des aktuellen Zustandes der Bundeswehr und daraus erfolgender Konsequenzen ist Grundvoraussetzung, dass es besser wird“, fasste Hans-Jürgen Irmer, Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes Lahn-Dill, den Vortrag von Dr. Peter Tauber, Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, vor 60 interessierten Zuhörern in Tasch`s Wirtshaus zusammen. „Die Bundeswehr fit für die Zukunft" lautete (ohne Frage- oder Ausrufezeichen) das Thema des ehemaligen CDU-Generalsekretärs, der seit März 2018 zu den wichtigsten Mitstreitern von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen zählt. Tauber ging - in der Tat offen und ehrlich - auf bestehende Defizite ebenso ein wie auf die Maßnahmen und Planungen, diese schnellstmöglich zu beseitigen.

Dabei liege der Fokus auf der Landes- und Bündnisverteidigung, auf Cybersicherheit und -verteidigung gegen äußere Angriffe, auf der Notwendigkeit, Europa voranzubringen (durch die Erfüllung der Vereinbarungen mit den europäischen Partnern, wozu vor allem auch gehöre, die Europäische Verteidigungsunion mit Leben zu füllen) und insgesamt den Bündnisverpflichtungen nachzukommen, womit nicht zuletzt das in der öffentlichen Diskussion umstrittene, intern jedoch eher unumstrittene „Zwei-Prozent-Ziel“ der NATO gemeint ist.

Diese „zwei Prozent“ würden allzu sehr politisch instrumentalisiert. Tatsache ist laut Tauber, dass Deutschland schon 1990 2,24 Prozent des damals so genannten Bruttosozialprodukts (BSP) in die Verteidigung investiert habe. Darauf folgte eine weltpolitische Phase, die auf Entspannung hindeutete, was gerade auch in Deutschland dazu geführt habe, der Landesverteidigung nicht mehr die ihr gebotene Aufmerksamkeit zu widmen. „Abbau und Wegsparen“ im Verteidigungsbereich bis hin zur Abschaffung der Wehrpflicht in großem Konsens der Parteien waren die Folge einer Entwicklung, die sich mittlerweile leider als nicht tragfähig erwiesen habe, im Zuge derer aber der heute spürbare und beklagte - vor allem auch von denen beklagt, die in den letzten Jahrzehnten für ein Zurückfahren von Personal und Finanzen bezüglich der Bundeswehr plädierten - Nachholbedarf entstanden ist.

Dieser Nachholbedarf wiederum ist mittlerweile ebenfalls wieder Konsens. Allerdings gibt es erhebliche Probleme. „Es gibt 30.000 Dinge, die die Bundeswehr braucht und die auch angeschafft und bezahlt werden könnten, allerdings fehlt zur Umsetzung und Ausführung das notwendige Personal“, brachte Tauber die Situation auf den Punkt. Am Geld alleine liegt es also keineswegs. Hinzu komme, dass die Bundeswehr derzeit sehr viel übe, was den Verschleiß des vorhandenen Materials weiter beschleunige und damit für zusätzliche Probleme bei der Ersatzteilbeschaffung sorge.

Die Bundeswehr benötigt laut Tauber Personal. Die Bewerberzahlen seien in der Tat besser, als es öffentlich kommuniziert werde. Diese Situation müsse aber nicht so bleiben. Denn bei nahezu Vollbeschäftigung im Land, konkurriere die Bundeswehr in Sachen Personal mit der Wirtschaft, mit Großbetrieben wie dem Mittelstand. Dies wiederum erfordere attraktive Angebote seitens der Bundeswehr: „Wir müssen uns die Frage stellen, was wir jungen Menschen außer dem Gehalt noch bieten können.“

Beim Personal, der Ausstattung und speziell auch der Digitalisierung wird laut Staatssekretär nicht mehr gespart, das habe die Ministerin deutlich gemacht. In der Folge sei dann auch ein „Mittelaufwuchs“ unabänderlich. Andererseits wünschten sich die Soldaten für ihren Dienst - unter anderem stellt die Bundewehr in Afghanistan das zweitstärkste Soldatenkontingent nach den USA - Anerkennung und Wertschätzung nicht nur von ihrem Dienstherrn, sondern auch von den Bürgern. „Und da ist nach oben noch viel möglich“, was wiederum dem Zusammenhalt der Gesellschaft im Ganzen dienlich wäre, ist sich Tauber sicher.

In Politik und Militär werde derzeit begonnen, über sicherheitspolitische Fragen wieder neu nachzudenken. Und das müsse sinnvollerweise im europäischen Verbund geschehen. Beispielsweise existiere kein „militärischen Schengen-Raum“, was zu verändern wäre. „Freiheit ist nicht zum Nulltarif zu haben“, bekräftigte Tauber, der die Diskussionen um das „Zwei-Prozent-Ziel“ für „ziemlich daneben“ hält. „Wir wollen mehr Geld für unsere Sicherheit ausgeben, weil wir es uns selbst schuldig sind und wir ernst genommen werden wollen - und nicht, weil es ein Präsident Trump so will“, machte Tauber deutlich. Im Übrigen habe schon Präsident Obama das Gleiche angemahnt wie Trump, allerdings mit freundlicherer Diktion.

Ausreichend gutes Material bis hin zu funktionierenden Kampfpanzern und gute Unterkünfte: „Das schulden wir der Sicherheit unseres Landes und auch denjenigen, die sich täglich in den Dienst des Landes stellen“, so Tauber, dem es ein Anliegen ist, bis zum Ende der Legislaturperiode die angestrebten und auf dem Weg befindlichen positiven Veränderungen rund um die Bundeswehr – „wir haben 2019 vier Milliarden Euro mehr zur Verfügung „ - für die Betroffenen und für die Öffentlichkeit sichtbar und spürbar werden zu lassen.

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Franz Ewert

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