200 Besucher beim „Tag der Heimat“
BdV-Vizepräsident Mayer für Abschaffung der Unrechtsdekrete
Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Stephan Mayer (CSU), hat sich für die Abschaffung der sogenannten Beneš-Dekrete und des Amnestiegesetzes in Tschechien ausgesprochen. Mayer, dessen Großeltern aus Tschechien stammen, ist auch stellvertretender Vorsitzender des Bundes der Vertriebenen (BdV). Beim „Tag der Heimat“ des BdV-Kreis- und Ortsverbandes Wetzlar sagte Mayer vor rund 200 Besuchern, die Dekrete seien völkerrechtswidrig und auch menschenrechtswidrig. In einem Europa des Rechts und des freiheitlichen Zusammenlebens hätten diese alten Gesetze nichts verloren. Die tschechische Regierung solle dieses Unrecht abschaffen.
Mit 143 Dekreten hatte das von Edvard Beneš geführte Regime der Tschechoslowakei die völlige Entrechtung, Enteignung und Vertreibung der Deutschen und Ungarn aus Böhmen, Mähren und der Slowakei angeordnet.
Der Referent erinnerte daran, dass nach dem Zweiten Weltkrieg 13 Millionen Menschen ihre Heimat verlassen mussten. Davon kamen acht Millionen nach Westdeutschland. Es sei eine große Leistung gewesen, diese Menschen zu integrieren. Das nach dem Krieg einsetzende Wirtschaftswunder sei ohne die Flüchtlinge nicht möglich gewesen. Mayer lobte auch den fünf Jahre nach Kriegsende erklärten Verzicht auf die Heimat und die Verpflichtung, sich für den Aufbau eines vereinten Europas einzusetzen. Heute habe jeder vierte Deutsche einen Vertriebenenhintergrund.
Mayer sprach davon, dass es seit fünf Jahren ein Heimatministerium in Bayern gibt und seit diesem Jahr auch im Bund. In einer Zeit, in der die Menschen verunsichert seien und der gesellschaftliche Zusammenhang zu erodieren beginne, sei die Frage nach der Heimat wichtig. Es müsse den politischen Verantwortungsträgern wichtig sein, gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen.
Mayer schlug auch einen Bogen zu den heutigen Flüchtlingsbewegungen. Derzeit seien weltweit rund 66 Millionen Menschen auf der Flucht. Heimatvertriebene könnten besonders empathisch nachempfinden, was die Flüchtlinge erleben. Allerdings gebe es einen markanten Unterschied. Nach dem Zweiten Weltkrieg seien Deutsche zu Deutschen geflohen. Heute kämen Hunderttausende aus anderen Ländern und anderen Religionen nach Deutschland.
Der BdV-Vizepräsident lobte die Vertriebenen, die auf menschlicher Ebene Kontakte in die alte Heimat pflegten und auch unterstützten. Die Bundesrepublik habe die Mittel für die Heimatvertriebenen verdoppelt. Auch die Landesmuseen würden unterstützt, denn die Erinnerungsarbeit sei wichtig. Mayer sagte, dass vor zwei Jahren die Entschädigung von deutschen Zwangsarbeitern geregelt wurde. Bis dahin gingen sie leer aus, die zu Tausenden in der Sowjetunion Zwangsarbeit leisten mussten.
Schließlich wies Mayer auch darauf hin, dass die Bundesregierung das Schicksal der Spätaussiedler in den Blick genommen habe. So sollten die Rentenbezüge für Spätaussiedler wieder aufgestockt werden, die unter Oskar Lafontaine (SPD) um 40 Prozent gesenkt wurden. Derzeit lebten noch eine Million Deutsche weiterhin in Polen, Russland und Kasachstan. Auch die Heimatvertriebenen, die in den Ländern geblieben sind, seien zu unterstützen.
Unter den Besuchern waren auch zahlreiche Ehrengäste, darunter der CDU-Bundestagsabgeordnete Hans-Jürgen Irmer, die Landtagsabgeordneten Frank Steinraths (CDU) und Dr. Matthias Büger, der CDU-Landtagskandidat Jörg Michael Müller, die Kreistagsvorsitzende Elisabeth Müller (CDU), der ehrenamtliche Kreisbeigeordnete Wolfgang Hofmann (FWG), Kreistagsmitglied Reiner Dworschak (Bündnis 90/Die Grünen), der Leuner Bürgermeister Björn Hartmann (CDU) und die Wetzlarer Stadträte Jörg Kratkey (SPD) und Bärbel Keiner (SPD).
Auch der Vorsitzende des BdV-Kreisverbandes, Manfred Hüber (Leun), griff das Motto des Tages „Unrechtsdekrete beseitigen – Europa zusammenführen“ auf. Es genüge nicht, dass die Dekrete nicht mehr angewendet würden. Sie dürften auch rechtlich nicht mehr weiter bestehen, meinte der 80-Jährige, der in Karlsbad aufgewachsen ist. „Vertreibungen und Deportationen, deren Grundlage diese Dekrete bilden, dürfen über 70 Jahre nach deren Erlass in der Welt nicht mehr stattfinden. Das ist ein weiterer Grund, sie aufzuheben“, so Hüber.
Der „Tag der Heimat“ wurde musikalisch mitgestaltet von der Singegemeinschaft „Union-Chor und Sängerchor Lahngruß“ unter der Leitung von Christa Löffler, den Ichelhäuser Musikanten (Leitung Peter Lehmann, Ehringshausen), der Gesangsgruppe „Stimme der Hoffnung“ der Landsmannschaft der Russlanddeutschen (Leitung: Erna Swetdonenko) sowie dem Chor der Landsmannschaft Egerland Oberndorf (Leitung Helga Semper), die mit Liedern aus der alten Heimat für Stimmung sorgten.