MdB Carsten Linnemann (CDU) redet in Wetzlar Klartext

Weil zunehmend wichtiger Standortfaktor:
„Sicherheitspolitik ist Wirtschaftspolitik“

Mit der Frage, was in Deutschland wirtschaftspolitisch angesagt sei, „landete“ Carsten Linnemann, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU (MIT) und Mitglied des Deutschen Bundestages, sofort bei der Sicherheit. „Sicherheitspolitik ist Wirtschaftspolitik, weil Sicherheit ein zunehmend wichtiger Standortfaktor ist“, so der dynamisch und sehr jugendlich wirkende 41-jährige CDU-Politiker aus Paderborn. Linnemann sprach auf Einladung der CDU Lahn-Dill vor Chefs und Geschäftsführern aus dem heimischen Mittelstand und Kommunalpolitikern in der Wetzlarer Event-Location „Blattform“ in der Christian-Kremp-Straße.

Und Linnemann sprach die aktuelle politische Situation einschließlich ihrer Probleme klar an. Nicht überraschend aus der Sicht der CDU, mehr allerdings noch aus seinem eigenen, von persönlicher Unabhängigkeit geprägten Standpunkt und Standort aus. Der gesamtpolitischen Lage in Hessen unter ihrer schwarz-grünen Regierung stellte Linnemann ein gutes Zeugnis aus, sprach von Kontinuität und der Tatsache, dass das Bundesland erstmals seit einem halben Jahrhundert Landesschulden wieder abtrage. „Zu alledem wäre CDU-Rückenwind aus Berlin gut.“ Hier aber begännen die Probleme. Im Blick auf die Große Koalition in Berlin mangele es derzeit vielen Deutschen an Vertrauen. „Die GroKo will ganz sicher das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen, wenn sich aber die beteiligten Koalitionspartner selbst untereinander nicht vertrauen, kann das nichts werden“, erging sich der Diplom-Volkswirt nicht in Beschönigungen.

„Brandbeschleuniger Unsicherheit“

Trotz guter Zahlen in der Wirtschaft, hoher Kapazitätsauslastung gerade auch im Mittelstand, der geringsten Jugendarbeitslosigkeit europaweit: Linnemann erkennt, dass die Menschen dennoch nicht zufrieden sind. Ein Grund dafür sei die Sorge der Eltern und Großelterngeneration, dass es Kinder und Enkel nicht mehr so leicht haben werden. Eine zunehmende Beschleunigung in allen Lebensbereichen sorge für zunehmende Unsicherheit. Habe die industrielle Revolution 150 Jahre gedauert und gewirkt, so schaffe dies die digitale Revolution (Industrie 4.0) in einem Bruchteil dieser Zeit. Schon heute nehmen reale Begegnungen zwischen Personen rapide ab, digitale Begegnungen dagegen ebenso rasant zu, was im digitalen Zeitalter aber nicht zu beklagen ist. Die Unfähigkeit jedoch, damit adäquat umzugehen, befeuere den „Brandbeschleuniger Unsicherheit“.

Die Menschen haben laut Linnemann das Gefühl, dass Regeln, die der Staat sich gibt oder die sich Staaten untereinander geben, nicht eingehalten werden (die Maastricht-Kriterien zur Staatsverschuldung beispielsweise). „Im Kleinen“ aber setze der Staat die Regeln rigide durch. Wer falsch parke oder die Steuerklärung zu spät abgebe, „ist dran“. Ähnlich verhalte es sich mit der Sicherung der Grenzen in Zeiten der Flüchtlingsströme. Die nationale deutsche Grenze sei keineswegs aufgehoben, sondern, Stichwort Schengen-Raum, an die EU-Außengrenzen verschoben worden. Und diese Außengrenze müsse kontrolliert und illegale Einwanderung verhindert werden. Wenn jedoch noch immer zehntausende Menschen illegal nach Deutschland kommen, dann ist das nicht umgesetzt, was „Schengen“ versprochen habe. Linnemann hofft in diesem Zusammenhang auf den österreichischen Kanzler Sebastian Kurz, der in den nächsten Monaten in seiner Eigenschaft als EU-Ratspräsident an den EU-Grenzen das umsetzen möge, was er sich - und was sich auch Linnemann - vorstellt.

„Langfristig und europäisch denken“

Aufgabe der Politik sei es, langfristig zu denken, daher müsse die CDU Politik auf Sicht der nächsten zehn bis 15 Jahre machen. Dabei müsse in der Außen- und Sicherheitspolitik, aber auch der Wirtschafts- und Handelspolitik „europäisch“ gedacht werden. Nicht nur Macron dürfe europäische Visionen haben. Im nationalen Fokus müsse Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit - auch als Wirtschafts- und Standortfaktoren - durchgesetzt werden. Derzeit funktioniere die rechtsstaatliche Ordnung nicht so, wie es sein müsste. „In Hessen sieht das allerdings besser aus“, lobte Linnemann.

Die Politik müsse die Vernachlässigung der „Mitte“ und der „Breite“ beenden, mehr für Manschen, Familien, kleine Firmen tun, die über Jahrzehnte ihre Steuern zahlten, die Gesetze respektierten und langfristige Stabilität wollten. „An deren Stelle haben wir Minderheiten gefördert, als wären diese die Mehrheit“, räumte Linnemann ein. Und schließlich sei die Bekämpfung des politischen Islam ein dringliches Thema der nächsten zehn Jahre. Und dieser politische Islam beginnt laut Linnemann mit Flüchtlingen, die die Scharia über die deutschen Gesetze stellten.

„Alle diese und noch mehr Themen und Wahrheiten müssen angesprochen und Probleme ausgesprochen werden, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland zu stärken oder gar erst wiederherzustellen“, fordert Linnemann. Dabei müsse die Union mit eigenen Punkten und Vorschlägen und Lösungsansätzen in die Offensive gehen. „Die CDU muss agieren und nicht nur reagieren.“

Problem „Direktversicherung“ lösen

Für eine spezielle, allerdings zahlenmäßig große Gruppe von Bürgern, jenen sechs Millionen, die vor vielen Jahren guten Glaubens und mit Mitteln, die sie bereits versteuert hatten, eine Direktversicherung abgeschlossen haben, um ihre Altersvorsorge zu sichern, machte Linnemann Hoffnung. Es könne nicht sein, dass unter der einstigen rot-grünen Bundesregierung ein Gesetz verabschiedet wurde, das die Direktversicherten nun zur Zahlung von Krankenversicherungsbeiträgen verpflichtet, wobei nicht nur der eigene Anteil, sondern gleich auch der Arbeitgeberanteil von den Versicherten gezahlt werden muss. „Das ist ein unzulässiger Eingriff in das Eigentum, und mich wundert, dass die Gerichte das in dieser Form durchgehen lassen“, stellt Linnemann fest und will mit dazu beitragen, das Problem Direktversicherung, aber auch das ähnlich gelagerte der Betriebsrenten, noch in dieser Legislaturperiode politisch zu lösen.

Und zum Abschluss kam Linnemann angesichts der Turbulenzen in der Bundesregierung und in den sie tragenden Parteien zur „großen“ Politik zurück. Für den Fall, dass die SPD aus der Großen Koalition ausscheide, weil sie merke, dass sie sich als Partei in der Regierung nicht „erholen“ könne, spricht sich Carsten Linnemann gegen Neuwahlen, sondern dafür aus, dass eine von der Union gebildete Minderheitsregierung für eine „gewisse Zeit“ alleine weiterregieren sollte.

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Franz Ewert

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