SPD wirbt mit leeren Wahlversprechen
Straßensanierung wird zum Politikum
Im Moment setzen sich einige Bürgerinitiativen dafür ein, dass die Straßenbeiträge, die in den kommunalen Satzungen in der Regel verankert sind, komplett abgeschafft und vom Land übernommen werden. Hintergrund sind - auch in Wetzlar- aktuelle Forderungen an Bürger, die für die Sanierung von Straßen wie in Münchholzhausen im Extremfall bis zu 88.000 Euro zahlen sollen. Dass sich hier Widerstand formiert, ist logisch, denn hier geht es in vielen Fällen um die Existenz. Junge Familien, die ein Haus gekauft, einen Finanzierungsplan aufgestellt haben, sind nicht in der Lage, mal so nebenbei 20.000, 30.000 oder 50.000 Euro Straßensanierungsbeiträge zu zahlen. Ältere Menschen, für die das Haus die Lebensversicherung darstellt, erhalten keinen Kredit mehr. Was also tun?
Die Stadt Wetzlar hat in Person des Stadtbaurats Harald Semler von den Freien Wählern alles andere als sensibel reagiert. Unmut ist gegen die Stadt und das Abtauchen auch des SPD-Oberbürgermeisters aufgekommen. Es fehlt die Transparenz und der Versuch, gemeinschaftlich Lösungen zu finden. Das allerdings ist nicht nur für Wetzlar, sondern hessenweit ein Thema. Von daher kann man die Proteste dagegen verstehen und man muss sie ernst nehmen.
Wiederkehrende Straßenbeiträge könnten die Lösung sein
Vorreiter für diese Überlegungen im heimischen Raum ist die Stadt Solms. Hier hat das Stadtparlament vor geraumer Zeit einstimmig beschlossen, dass diese Form der Erhebung von Straßenbeiträgen künftig erfolgen soll. Es gab ein aufwendiges Berechnungsverfahren, das vereinfacht dargestellt die Bürger in den einzelnen Stadtteilen von Solms je nach Größe des Grundstückes mit einem Jahres(!)beitrag von ca. 30 bis rund 100 Euro belastet. Vorbei die Zeiten, in denen Bürger Angst davor haben mussten, von der Stadt einen Bescheid zu bekommen, dass sie zu Straßensanierungen in der Größenordnung von 20.000 oder 30.000 Euro herangezogen werden.
Der Vorteil der wiederkehrenden Straßenbeiträge ist auf der einen Seite die absolute Überschaubarkeit der Höhe des Jahresbeitrages. Zweitens werden auch die Gewerbeflächen mit einbezogen, was wiederum zur Entlastung des Bürgers führt, und drittens sind immer die Städte und Gemeinden bei der Gesamtberechnung mit im Boot, denn es handelt sich um kommunale Straßen, und der Flächenanteil der Gemeinden beläuft sich in der Regel auf ca. 30 Prozent.
Mit diesem Modell können kontinuierlich zuverlässig Investitionen in den Erhalt der Straßen fließen. Der Straßenzustand kann auf Dauer optimal erhalten werden, und jeder einzelne Bürger kann sich dies bei dieser Größenordnung übers Jahr gerechnet auch leisten. Wir diskutieren über einen Monatsbeitrag je nach Fall von 2,50 Euro bis 8 Euro.
Mit dem SPD-Modell können 150 Kilometer pro Jahr saniert werden
In wenigen Wochen findet die Landtagswahl in Hessen statt. Gelegenheit für alle Parteien, für ihre Sicht der Dinge zu werben. An der Spitze Hessens SPD, die jedem alles verspricht. Es waren die Grünen, die im Hessischen Landtag der SPD vorgerechnet haben, dass die Erfüllung ihrer Wahlversprechen rund 3 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich kosten würde, ohne dass sie jemals den Versuch unternommen haben, zu erklären, wo das Geld herkommt. So auch im Bereich der Straßenausbaubeiträge.
Hessens SPD-Spitzenkandidat Schäfer-Gümbel erklärt, dass die SPD 60 Millionen Euro zur Verfügung stellen wolle, damit die Städte und Gemeinden und damit auch die Bürger nicht mehr zur Kasse gebeten werden müssen. 60 Millionen, das klingt im ersten Moment richtig gut. Aber: Wir haben in Hessen 426 Städte und Gemeinden, die zusammen über ein Straßennetz von rund 35.000 Kilometern verfügen. Das heißt, mit den 60 Millionen der SPD stehen rund 1700 Euro für einen Kilometer Straße zur Verfügung. Ein Kilometer Straße entspricht in etwa 6000 Quadratmetern Fläche. Die Kosten pro Quadratmeter bei einfacher Sanierung liegen bei ca. 40 Euro, die Kosten pro Quadratmeter bei intensiver Sanierung, also mit Trag- und Deckschicht, bei ca. 150 Euro. Oder anders formuliert: Ein Kilometer Sanierung in einfacher Form kostet 240.000 Euro, ein Kilometer intensiver Sanierung rund 600.000 Euro.
Wenn man nur einmal rechnerisch den Mittelwert von etwa 400.000 Euro pro Kilometer ansetzt, kann man mit den 60 Millionen der SPD rund 150 Kilometer pro Jahr sanieren - bei 35.000 Kilometer Straßennetz. Das heißt, in rund 230 Jahren wären dann alle Straßen einmal durchsaniert. Soweit zur Seriosität der SPD. Es bleibt zu hoffen, dass der Bürger dieses durchsichtige Wahlkampfmanöver durchschaut. Seriosität sieht anders aus.
Auch wenn es unpopulär erscheinen mag im Vergleich zur kompletten Abschaffung: Die wiederkehrenden Straßenbeiträge sind eine sinnvolle Lösung. Die Beiträge können von jedem bezahlt werden. Die Straßen sind dauerhaft in einem sehr ordentlichen Zustand und kein Bürger wird mehr überfordert.