Europol-Schleuserexpertin bei Pro Polizei

„Schleusungen sind ein Milliardengeschäft“

Im Rahmen ihrer Vortragsveranstaltungen konnte die Wetzlarer Bürgerinitiative „Pro Polizei“ jetzt Nicola Stufler begrüßen.

Eine absolute Spezialistin im Bereich der Bekämpfung der Schleuserkriminalität, die seit 30 Jahren entsprechend unterwegs ist. Viele Jahre davon arbeitete sie diesbezüglich bei der Bundespolizei in München, jetzt ist sie in herausgehobener Funktion bei Europol tätig, um aufgrund ihrer Expertise die weitere europäische Verzahnung zu erreichen. Wenn man die Ausstattung der Sicherheitsbehörden zu Beginn ihrer Tätigkeit und die Vernetzungsmöglichkeiten bis heute vergleiche, so Stufler, so könne man feststellen, dass sich Gewaltiges getan habe. Man habe endlich erkannt, wie unglaublich wichtig es ist, dass alle miteinander vernetzt sind, ob Europol, Interpol, Frontex, Eurojust oder OLAF, eine Art europäischem Zoll.

Dass sich auf der internationalen Ebene die unterschiedlichen Institutionen miteinander vernetzen, Daten abgleichen und so das organisierte Verbrechen, dazu zähle die Schleusungskriminalität, besser bekämpft werden könne, sei mittlerweile auch Standard in Deutschland. Schleusung sei ein weltweites Phänomen, das mit der Seeroute starte, über die Landroute oder aber auch über Flugrouten gehe. Letztere seien für die zu Schleusenden extrem teuer, da immer mit gefälschten Papieren operiert werden müsse, wobei 90 Prozent der Fälscher in der Türkei und in Griechenland sitzen würden.

Aufgrund der Internationalität des Verbrechens sei es gleichwohl schwierig, im Einzelfall immer die Beweisführung vorzunehmen, aber die Fülle der unterschiedlichen Maßnahmen führe dazu, dass man den Verbrechern das Leben schwerer machen könne. Dazu zählten beispielsweise auch Grenzkontrollen. So habe man von September 2024 bis März 2025 an den bundesdeutschen Grenzen 29.000 Illegale registriert und davon rund 19.000 an der Grenze zurückgewiesen. Sozusagen als „Beifang“ habe man sage und schreibe 4915 offene Haftbefehle vollstrecken können sowie 716 Schleuser festgenommen.

Während die Zahl der illegal Eingereisten von 2021 57.600 bis 2023 mit 127.000 vorläufigem Höchststand angestiegen sei, könne man aktuell einen Rückgang feststellen. Man habe die Hoffnung, dass sich am Ende des Jahres diese Zahl deutlich mehr als halbiert haben werde. Bei allen Erfolgen, die man ohne Zweifel habe erzielen können, das Thema Schleusung werde die Sicherheitsbehörden auch in den nächsten Jahren beschäftigen, da es immer Menschen geben werde, die vor allem aus wirtschaftlichen Gründen versuchen würden, in die Staaten der EU einzureisen, wobei man generell festhalten müsse, dass in Europa die sogenannte Willkommenskultur drastisch zurückgefahren werde. Das habe natürlich auch Auswirkungen, denn das spreche sich selbstverständlich herum. Und wenn Anreize reduziert würden, dann habe auch dies Einfluss auf die Entwicklung.

Langanhaltender Beifall der rund 100 Besucher machte deutlich, dass es Pro Polizei gelungen war, eine absolute Spezialistin gewinnen zu können, die in sehr offener Form Probleme benannte, aber auch auf die Schwierigkeiten hinwies. Zuvor hatte Pro-Polizei-Vorsitzender Hans-Jürgen Irmer unter den Gästen den Regierungspräsidenten von Mittelhessen, Dr. Christoph Ullrich, willkommen heißen können ebenso wie Udo John, den Leiter der Regionalen Kriminalinspektion.

Irmer dankte dem Regierungspräsidenten dafür, dass er mit dem Vorstand vor wenigen Wochen die Hessische Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen habe besuchen können und auch für die Klarheit, mit der Dr. Ullrich die Probleme benannt habe, wonach rund 75 Prozent der Menschen in der Erstaufnahmeeinrichtung keine Papiere dabei haben, zumindest offiziell. In seinem Grußwort machte Dr. Ullrich deutlich, dass ein Teil der „Kundschaft“ der Schleuser anschließend in Gießen ankomme. Er dankte in diesem Kontext nicht nur den nationalen, sondern auch internationalen Behörden, ebenso wie Pro Polizei für die engagierte Arbeit im Sinne der Sicherheitskräfte.

 

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Hans-Jürgen Irmer
Hans-Jürgen Irmer
Herausgeber Wetzlar Kurier

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