Wie lange gibt es noch Tageszeitungen in Deutschland?
Jeden 1. Donnerstag im Monat
Wetzlar-Kurier mit 110.000 Exemplaren flächendeckend im Lahn-Dill-Kreis
Schaut man sich die Entwicklung nur eines einzigen Jahres an, so ist die Frage prinzipiell mehr als berechtigt. Hatten die Zeitungen im Jahr 1991 noch 27,3 Millionen an Auflage zu verzeichnen, so waren es im Jahr 2021 noch 12,2 Millionen, im Jahr 2025 werden es vermutlich unter 10 Millionen bundesweit sein.
Verluste innerhalb eines Jahres
Schaut man sich auf der untenstehenden Tabelle die Verluste einiger hessischer Tageszeitungen an, es handelt sich jeweils um die gedruckte Auflage und gerundete Zahlen, dann ist ein sehr unangenehmer Trend festzustellen: Die Auflagenhöhe nimmt von Jahr zu Jahr teilweise dramatisch ab.
Gründe für den Abwärtstrend
Eine monokausale Erklärung gibt es nicht. Es gibt objektive Gründe und es gibt subjektive Gründe. Objektiv ist es so, dass sich in den letzten wenigen Jahren die Rahmenbedingungen verschlechtert haben. Der Papiermarkt war teilweise völlig im Keller, hat sich bis heute nicht wieder richtig erholt, explodierende Energiekosten, die Energiewende lässt grüßen (!), die drastische Erhöhung des Mindestlohns, die weitere geplante Erhöhung des Mindestlohns, deutlich erhöhte Transportkosten durch die CO2-Abgabe, die jetzt zum 1.1.2025 wieder von 45 Euro auf 55 Euro pro Tonne CO2 gestiegen ist mit dem Ergebnis, dass sich Benzin und Diesel pro Liter verteuern, erhöhte Mautgebühren, aber auch sinkende Anzeigenerlöse, weil viele Firmen nicht mehr in der Lage sind, Werbung zu schalten.
Teufelskreis
Das Ergebnis vielfach ist, dass der Service der Zeitungen, ganz allgemein formuliert, gegenüber dem Leser deutlich sinkt. Die Zahl der zur Verfügung stehenden Seiten nimmt ab, und die Abonnementpreise steigen.
Beispiel WNZ
Als die Wetzlarer Neue Zeitung, das Verlagshaus Wetzlar-Druck, noch selbstständig war, mittlerweile gehört es zur VRM Mainz, gab es ein schönes Verlagsgebäude, über dessen Zukunft heftig spekuliert wird, und die Wahrscheinlichkeit, dass es über kurz oder lang veräußert wird, ist nicht von der Hand zu weisen. Als Bürger konnte man in den Eingangsbereich gehen, zum Redakteur/zur Redakteurin. Es war ein Haus mit offenen Türen. Vereine konnten die WNZ als Vorverkaufsstelle für größere Veranstaltungen nutzen. Man konnte dort von der WNZ beworbene Bücher kaufen und vieles andere mehr. Kurzum, es war Service vorhanden. Eine Zeitung, die nahbar war.
Von all dem ist nichts mehr geblieben. Die Stammbelegschaft wurde reduziert, vieles auf ehrenamtliche Redakteure verlagert. Vorzeitiger Ruhestand erfahrener und bewährter Köpfe folgte. Die Druckerei, einst eine der modernsten in Hessen, wurde vor ca. drei Jahren aufgegeben und nach Rüsselsheim verlegt. Journalisten, die aus der Region kommen, Land und Leute kennen, sind deutlich weniger geworden. Vieles wird aus Mainz fremdbestimmt, und der persönliche Kontakt zwischen Bürger und Lokalzeitung hat massiv Schaden genommen.
Die Aktualität hat verloren. Früher galt das geflügelte Wort: Wenn heute eine Veranstaltung ist, muss sie morgen im Blatt stehen. Davon ist man weit entfernt. Berichte über Veranstaltungen finden teilweise Wochen später statt, wenn sie denn überhaupt stattfinden, wobei man manchmal den Eindruck hat, dass über politisch unliebsame Veranstaltungen gar nicht berichtet wird. Die Seitenzahlen wurden reduziert mit dem Ergebnis, dass Berichte über Vereine deutlich weniger erfolgen als in früheren Jahren und dass die Zahl der Redakteure, die zu Vereinsveranstaltungen wie früher üblich geschickt wurden, massiv abgenommen hat.
Steigende Abo-Preise
Gleichzeitig, und das bei knapper werdenden finanziellen Ressourcen vieler Bürger, sind die Abonnementpreise gestiegen. Ein Jahresabonnement kostete 2018 rund 440 Euro, 2020 515 Euro, 2022 570 Euro und bis September 2024 700 Euro. Im Oktober folgte die nächste Erhöhung, so dass die Jahresabonnementkosten auf rund 780 Euro steigen. Ein stolzer Betrag. Andere Zeitungen haben ebenfalls die Abonnementsgebühren erhöht, aber deutlich mo-derater. Über die Gründe kann man nur spekulieren, das soll aber an dieser Stelle nicht das Thema sein.
Auswirkung auf die Region
Bei aller Kritik an so mancher Berichterstattung in der WNZ über gefühlte politische Einseitigkeit muss man dennoch konstatieren, dass es schade ist, dass die Lokalzeitungen insgesamt gesehen sich so negativ entwickeln. Denn nur Lokalzeitungen sind in der Lage, über lokale Politik, über lokale Ereignisse und Vereine vor Ort zu berichten. Da nützen Facebook, Instagram herzlich wenig. Man wird keinen umfassenden Überblick bekommen, und die bundesweit erscheinenden Zeitungen, die in der Auflage ebenfalls drastisch verloren haben, werden über lokale Ereignisse ver-ständlicherweise nicht berichten.
Das Problem für die Bürger besteht darin, überhaupt mitzubekommen, was denn in ihrer Heimatstadt, in ihrem Heimatort überhaupt noch passiert, was im Kreis geschieht, denn hier haben die Lokalzeitungen das Monopol. Sie haben es in der Vergangenheit nicht entsprechend genutzt. Stattdessen griff man lieber auf preiswerte, sogenannte „Mäntel“, von überregionalen Verlagen zurück, die vermutlich weniger kosten. Allerdings kann man das, was dort ge-schrieben ist, in jeder Nachrichtensendung auch vernehmen, von überregionalen Zeitungen ganz zu schweigen.
Fehlende Glaubwürdigkeit
Ein großes Problem der Presse ist, dass die Glaubwürdigkeit in den letzten Jahren dramatisch gesunken ist. In einer Forsa-Umfrage wurde bereits vor gut zwei Jahren konstatiert, dass nur noch 45 Prozent der Menschen den Print-Medien vertrauen. Das fängt natürlich mit der Berichterstattung an. Wenn man bedenkt, dass ca. 80 Prozent der Journalisten politisch gesehen dem rot-grünen Mainstream sich zugehörig fühlen und viele leider nicht zwischen objektiver Berichterstattung und subjektivem Empfinden unterscheiden können, dann weiß man, dass viele Men-schen auch aus politischen Gründen Tageszeitungen abbestellen. Das gilt generell.
Früher galt das geflügelte Wort, „das steht doch in der Zeitung“, dann sah man dies als bare Münze an. Dies ist heute kaum noch der Fall. Es wird häufig nur noch das geschrieben, was dem sogenannten Mainstream entspricht. Alles andere wird häufig niedergemacht. Menschen, die anderer Auffassung sind als der Mainstream, fühlen sich von vielen Tageszeitungen auch nicht ansatzweise mehr repräsentiert, gehen in die innere Emigration und wählen poli-tisch gesehen häufig aus Protest die sogenannten Ränder. Wundern muss man sich darüber nicht wirklich. Und es wäre Aufgabe von Medien, kontroverse Themen, derer es reichlich gibt, in Pro- und Kontraform aufzuarbeiten. Auch denjenigen mediale Chancen einzuräumen, die man gemeinhin verteufelt, und zwar allein deshalb, um dann mit diesen Argumenten in der Sache sich auseinanderzusetzen, vielleicht auch dann zu entzaubern. Aber all dies ge-schieht nicht.
Diffamierung um jeden Preis
Wenn man sich als Bürger kritisch, und zwar berechtigt, zum Thema Corona äußert, zum Thema Islam, zum Thema Asyl, zum Thema Ausländerkriminalität, zum Thema Klima wird man schnell als ein phober, also kranker Mensch dargestellt, als Leugner, als Ewiggestriger oder gar Querdenker. Der Versuch der sachlichen Auseinandersetzung findet kaum noch statt. Auch dies führt dazu, dass sich viele Menschen nicht nur von den etablierten Parteien, sondern auch von den Medien in ihrer Gesamtheit abwenden, weil sie zunehmend das Gefühl haben, nicht mehr sagen zu können, was sie möchten (siehe auch den Artikel über die Anzeigenwelle von Außenministerin Baerbock und Wirtschaftsminister Habeck).
Wenn Allensbach in einer Studie Ende 2023 zum Ergebnis kommt, dass nur noch 40 Prozent der Bürger der Auffassung sind, sie könnten frei reden, während dieser Wert 1990 noch bei 78 Prozent lag, so ist dies dramatisch, denn damit wird die grundgesetzlich verbriefte Meinungsfreiheit gefährdet. Gefährdet, weil Medien, Politik und Justiz im vermeintlichen Kampf gegen Hass, Hetze und Rassismus so ziemlich alles unter Kuratel stellen, was nicht dem Zeit-geist entspricht. Das hat mit Demokratie, das hat mit Freiheit nichts mehr zu tun.
Wenn strafrechtlich relevante Aussagen getätigt werden, müssen sie verfolgt werden, unstreitig. Wenn jemand zu tätlichen Angriffen, auf wen auch immer, aufruft, ist das ein Straftatbestand. Das hat mit Meinungsfreiheit nichts zu tun. Aber alles andere muss eine Demokratie ertragen, sonst ist sie keine Demokratie mehr. Und hier hätten die Print-Medien, die Medien in ihrer Gesamtheit, eine herausragende Aufgabe zu meistern, Vertrauen zurückzugewinnen durch objektive Berichterstattung, um damit auch Werbung für unsere Demokratie zu machen, die nach wie vor unbestreitbar die beste aller Staatsformen ist.
Die Verluste innerhalb eines einzigen Jahres
gedruckte Auflage
2024 2025
Bergsträßer Anzeiger 9400 8600
Darmstädter Echo 27.400 25.600
Frankfurter Neue Presse 6400 5800
Frankfurter Rundschau 8350 7500
Gießener Allgemeine 21.900 19.000
Gießener Anzeiger 9100 8400
Hanauer Anzeiger 12.300 11.200
Hessisch Niedersächsische Allgemeine 20.800 19.200
Nassauische Neue Presse 10.400 8950
Oberhessische Presse 18.450 17.200
Odenwälder Echo 7400 6600
Offenbach Post 21.600 21.700
Rhein-Main-Zeitung 41.900 38.100
Taunus Zeitung 9800 8800
Wiesbadener Kurier 18.400 16.900
Die Talfahrt von WNZ,
Dillzeitung + Herborner Tageblatt (=Dillblock)
WNZ Altkreis Wetzlar / Dill-Block / Gesamtblock WNZ
mit Hinterländer Anzeiger, Weilburger Tageblatt…
1998 32.750 27.700 rund 85.000
2008 28.230 23.400 76.000
2018 21.500 18.000 57.000
2025 11.700 8.600 29.300