Innenminister Prof. Dr. Roman Poseck lässt es auf Einladung von Pro Polizei Wetzlar nicht an offenen Worten in Sachen "objektiver und subjektiver Sicherheit" fehlen

Die Polizei ist das Herz der Sicherheitsarchitektur -
An den richtigen Stellschrauben drehen

"Wie können wir unser Land sicherer machen? Diese Frage stand als Motto über einer gut besuchten Veranstaltung der Bürgerinitiative Pro Polizei Wetzlar e. V. in der Stadthalle Wetzlar, und sie war zugleich das Thema des Referats von Prof. Dr. Roman Poseck, seines Zeichens und Amtes Innenminister des Landes Hessen. Wenn es um die objektive Sicherheit und das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger gehe, sei die Polizei "das Herz der Sicherheitsarchitektur", so Poseck in seiner Funktion als "oberster hessischer Polizist".

Die Polizei, die 365 Tage im Jahr für Sicherheit und Freiheit im Einsatz ist, sei fraglos die "mitentscheidende Institution" zum Erreichen dieser Ziele. Gleichzeitig bleibe die permanente Frage und zugleich wichtige Aufgabe, wie dies alles noch verbessert werden könne. Und dies gerade in Zeiten gesellschaftlicher Verwerfungen. Umso wichtiger sei es, dass sich die Bürger auf die Polizei und zugleich und idealerweise auch die Polizei auf die Bürger verlassen könne. Zu diesem Geben und Nehmen leiste die Bürgerinitiative Pro Polizei Wetzlar einen vorbildlichen Beitrag. Deren besonderes bürgerschaftliches Engagement werde landesweit geachtet und beobachtet. Er persönlich schätze die Arbeit dieses Vereins sehr hoch ein, so der Innenminister.

Die bedauerliche und nicht hinnehmbare Tatsache, dass es alleine Hessen im letzten Jahr zu 5000 Übergriffen auf Polizeibeamte, Rettungskräfte und Feuerwehrleute gekommen sei, zeige, "dass in dieser Gesellschaft etwas ins Rutschen geraten ist", ein Trend, der unbedingt umgekehrt werden müsse. Hans-Jürgen Irmer, seit Gründung von Pro Polizei Wetzlar deren Vorsitzender, hatte in seinen Eingangsworten diese negative Entwicklung mit aktuellen Zahlen unterlegt.

Zahlen steigen

So ist die Zahl der Straftaten in Deutschland im Jahr 2023 laut polizeilicher Kriminalstatistik um 5,5 Prozent auf nahezu sechs Millionen gestiegen. Wobei 41 Prozent aller Tatverdächtigen (das waren 2,25 Millionen - 7,3 Prozent mehr als 2022) keinen deutschen Pass haben. Über 923.000 Tatverdächtige ohne deutschen Pass, das ist ein Anstieg um 17,8 Prozent. Die Gewaltkriminalität hat mit 214.000 Fällen (ein Plus von 8,6 Prozent) einen 15-Jahres-Höchststand erreicht. Aktenkundig ist die Zunahme der gefährlichen und scheren Körperverletzungen (125.500 Fälle, ein Plus von 6,8 Prozent). Die vorsätzliche einfache Körperverletzung erscheint mit 429.000 Fällen in der Kriminalstatistik (plus 7,4 Prozent). Raubdelikte haben zugenommen um 17,4 Prozent. Und als gefährliche Trend stiegen Messerangriffe 2023 um 9,7 Prozent auf fast 9000 Fälle bundesweit.

Angriffe auf Polizei und Rettungskräfte härter bestrafen

Und mittendrin die Polizei, die bei ihrer Arbeit stark herausgefordert sei und sich zugleich vermehrt Angriffen ausgesetzt sieht. Laut Innenminister Poseck ist "jeder Angriff auf einen Polizisten ein Angriff auf alle Bürger und ein Angriff auf unsere Rechts- und Gesellschaftsordnung". Derartige Übergriffe müssten strenger bestraft werden und auch das Unrecht solchen Geschehens in den Urteilen der Justiz deutlicher werden. Poseck plädiert für die Anhebung der Mindeststrafen für Übergriffe auf Polizei, Rettungskräfte und Feuerwehrleute zum Zwecke der Abschreckung und verweist auf eine diesbezügliche Initiative Hessens im Bundesrat. Es müsse sich Grundlegendes in der Gesellschaft und in der Gesinnung jedes Einzelnen verändern, um die "Einstellung der Respektlosigkeit", die sich angesichts solcher Attacken bei einem zunehmenden Teil der Menschen zeige, nachhaltig zu verändern: "Es besteht Handlungsbedarf weg von immer mehr Unsicherheit hin zu mehr Sicherheit."

Der für die Sicherheit im Land zuständige Minister nannte Hessen ein "relativ sicheres Land" im Bundesvergleich. Die Zahlen auf Platz vier nach Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz lägen deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Die Aufklärungsquote in Hessen liege bei über 60 Prozent, jene im Lahn-Dillkreis mit 67,7 Prozent oder speziell im Zuständigkeitsbereich der Polizeistation Wetzlar mit 69,3 Prozent noch deutlich darüber. Die Entwicklung geht laut Poseck in die richtige Richtung.

Migration trägt zur Kriminalität bei

Auch wenn von einer Diskrepanz zwischen objektiver Sicherheitslage und dem subjektiven Empfinden vieler Menschen auszugehen sei, so ist laut Poseck der starke Anstieg der Zahl der Straftaten insgesamt sowie der Gewalt-, Rohheits- und Sexualdelikte doch evident. Ebenso der überdeutliche Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger an der Gesamtzahl der Straftaten: "Ausländerkriminalität trägt deutlich zum Anstieg bei." Die hohe Zuwanderungsrate befördere leider diese Entwicklung. Abzulesen an der Tatsache, dass der Anteil der ausländischen Mitbürger in Deutschland bei 16 Prozent liege, die Kriminalstatistik aber 50 Prozent ausweise.

Was also ist zu tun zur Verbesserung der objektiven und subjektiven Sicherheitslage? Mehr Polizeipräsenz und "Kontrolldruck" in den Innenstädten, mehr "Taser (= eine Elektroschockpistole) als Ergänzung des polizeilichen Werkzeugkastens", vermehrter Einsatz von Überwachungsdrohnen, Ausbau der Digitalisierung, mehr Personal und moderne Arbeitsmittel. Als dringend notwendig bezeichnete Poseck die Speicherung von IT-Adressen als häufig einzigem Schlüssel für Ermittlungen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) habe diese Speicherung für zulässig erklärt.

Datenschutz darf nicht zum Täterschutz werden

"Daten sind die neue DNA", erklärte der Innenminister. Die Polizei benötige zusätzliche elektronische Mittel, zum Beispiel in Sachen Gesichtserkennung. Dabei dürfe Datenschutz nicht Täterschutz sein. Poseck sprach sich für die Stärkung des Verfassungsschutzes aus, auch um dadurch unabhängiger von ausländischen Diensten und Informanten zu werden. Dazu spezielle Programme im Bereich der Jugendkriminalität wie zum Beispiel "Häuser des Jugendrechts", Videoschutzanlagen, die als Abschreckung und als Hilfe bei der Aufklärungsarbeit einen Sicherheitsgewinn erzielten, Waffenverbotszonen bis hin zu Fußfesseln in Sachen häuslicher Gewalt.

Da "ungezügelte Migration" ganz offensichtlich ein "Kriminalitätstreiber" sei, führt laut Innenminister kein Weg an einer deutlichen Begrenzung von Migration und Einwanderung vorbei. Mit Abschiebungen und Rückführungen alleine sei das Problem jedoch nicht zu lösen. Nötig seien umfassende Zurückweisungen an den Grenzen, "das Stoppschild muss vor und nicht hinter der Grenze stehen". Wenn das "Dublin-Verfahren" nicht funktioniere - was auch ein Problem bei dem Attentäter von Solingen war -, dann müsse es zu anderen nationalen Lösungen kommen, weil Migration auch ein Sicherheitsproblem darstelle. "Wir können nicht an ein nicht funktionierendes System gebunden sein."

"Die Lage ist ernst, aber lösbar, wenn wir an den richtigen Stellschrauben drehen", schloss Innenminister Poseck sein Referat, dem sich eine Fragerunde anschloss. Pro Polizei-Vorsitzender Hans-Jürgen Irmer dankte "für die offenen Worte des Ministers" und ergänzte: "Wenn ich Probleme habe und diese Probleme lösen will, dann muss offen und klar benannt werden, was problematisch ist."

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Franz Ewert

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