Fahrt nach Den Haag - Pro Polizei besuchte Europol

3500 Polizeidienststellen angeschlossen
Unterstützung von nationalen Polizeien in Echtzeit

Zu einem interessanten Besuch waren jetzt 50 Mitglieder der Bürgerinitiative Pro Polizei Wetzlar im Rahmen einer Dreitagesfahrt in Den Haag, um sich u.a. im Hauptquartier von Europol, der europäischen Polizeiorganisation, von Europol-Vizedirektor Jürgen Ebner, einem gebürtigen Herborner, über die aktuelle Arbeit informieren zu lassen.

Die Teilnehmer waren von Europol und seiner Arbeit ebenso begeistert wie von Vizedirektor Ebner, der es verstand, in sehr spannender Form die Zusammenhänge und Schwerpunkte der Europolarbeit darzustellen. Derzeit habe man rund 1100 Personen am Standort Den Haag bei einem Budget von 230 Millionen Euro. Hinzu kämen 300 Verbindungsbeamte in insgesamt 52 Verbindungsbüros, die ebenfalls vor Ort tätig sind und unmittelbare, auch physische gegenseitige Informationen in schnellstmöglicher Form erlauben. Wenn ein deutscher BKA-Beamter seine litauischen Kollegen im Verbindungsbüro etwas frage, dann bekomme er sofort eine entsprechende Antwort, ohne umständlich über irgendwelche Landes- oder Bundeskriminalämter gehen zu müssen. Eine Politik der kurzen Wege, die Erfolge letzten Endes im Kampf gegen die Verbrechensbekämpfung garantieren würden.

Und damit, so Ebner, sei man beim Kern der Aufgabe, die nicht darin bestehe, selbst zu ermitteln, sondern darin, Informationen einzuholen, zu koordinieren und zu analysieren, um diese bei Bedarf den angeschlossenen Polizeidienststellen bis hin zur kleinsten Ebene zur Verfügung zu stellen. So sei man europaweit mit 3500 Polizeidienststellen verbunden, die im Jahr etwa 1,5 bis 1,8 Millionen konkrete Anfragen stellen würden. Damit werde die Dimension besonders deutlich.

Schwerpunkt der Arbeit inhaltlicher Natur sei die Bekämpfung der Drogenkriminalität, des Schleusertums, der Produktpiraterie, der illegalen Handlungen mit Organen, Schutzgelderpressung, Geldfälschung, Waffenhandel, sexuelle Ausbeutung, Kindesmissbrauch, aber auch Beweissammlung von Kriegsverbrechen. Seit zwei Jahren bestehe, und das sei gut, die Möglichkeit, mit sogenannten „Privaten“ zusammenzuarbeiten, also mit Telekommunikationsanbietern, Reiseunternehmen und Banken, denn in der Lebenswirklichkeit gehe es immer darum, möglichst zeitnah Routen von Verbrechern zurückverfolgen zu können. Dass der Datenschutz häufig zum Täterschutz mutiere, kritisierten Pro-Polizei-Vorsitzender Hans-Jürgen Irmer, seine Stellvertreterin Heike Ahrens-Dietz und der langjährige Schatzmeister Gerhard Homrighausen, denn dies gehe zu Lasten der Sicherheit der Bürger.

Derzeit, so Ebner, seien im System von Europol 821 kriminelle Netzwerke registriert mit ungefähr 25.000 Mitgliedern aus rund 110 Nationalitäten. 71 Prozent davon seien im Bereich Korruption und Unterwanderung von Wirtschaft und demokratischen Strukturen unterwegs, um damit in Form von Geldwäsche ungeheure Vermögen anzuhäufen. Man spreche hier von einem dreistelligen Milliardenbereich. Von diesen kriminellen Netzwerken benutzen an die 70 Prozent Gewalt zur Durchsetzung ihrer Ziele. Und sie alle sind ausschließlich grenzüberschreitend tätig.

Ergänzt wurde das exzellente Referat von einem Vortrag von Dr. Gorden Schröder, dem Leiter des deutschen Verbindungsbüros bei Europol, der die Rolle dieser Verbindungsbüros noch einmal unterstrich und darauf hinwies, dass man als BKA-Beamter der verlängerte Arm der Strafverfolgungsbehörden vor Ort sei. 13 BKA-Mitarbeiter seien derzeit bei Europol im Verbindungsbüro angedockt. Sie seien in der Lage, nationenübergreifend bei aktuellen Situationen sofort Sonderkommissionen zu bilden, um schnell reagieren zu können.

Jürgen Ebner erhielt ein kleines Präsent mit einem besonderen Dankeschön, denn es sei nicht selbstverständlich, dass Pro Polizei als Gruppe Europol besuchen dürfe. Dies sei heutzutage nur noch in Ausnahmefällen möglich. Ein Dankeschön ging auch an Dr. Gordon Schröder und Daniela Kietz, die im Vorfeld das Programm von Europol organisiert hatte. Dies rundete eine gelungene dreistündige Veranstaltung ab.

Im Rahmen des Programms stand u.a. eine eineinhalbstündige Grachtenfahrt an, bei der die Teilnehmer relativ häufig die Köpfe ob der niedrigen Brücken einziehen mussten. Der Eindruck zu Wasser war aber ein ganz besonderer. Eine eineinhalbstündige Stadtrundfahrt, eigentlich so geplant, wurde unfreiwillig dadurch verlängert, dass der Stadtführer die geplante Route verändern musste und man in einem Vorort mit einer Fülle von Pollern fast festsaß. Es war eine Meisterleistung von Busfahrer Frank Schönherr, aus diesem Wirrwarr an feststehenden Pollern, an Systemen von Einbahnstraßen und engstehenden Autos den Bus souverän wieder herauszuleiten. Ein Abendessen in einem griechischen Lokal rundete das Programm ab.

Den Haag, eine helle, freundliche und blumenreiche Stadt

Im Gegensatz zu vielen Großstädten Deutschlands fiel Den Haag positiv durch eine unglaubliche Sauberkeit auf. Es gab so gut wie keine Graffitis und Dreckecken. Auffällig waren vor allen Dingen unglaublich viele Grünanlagen sowie viele kunstvoll gestaltete Blumenarrangements im gesamten Stadtgebiet. Ein gepflegter Eindruck, der sich wohltuend von dem ungepflegten Eindruck von Wetzlar abhob. Vorbei die Zeiten eines Kay Velte in der Stadtverwaltung, der für ein schönes Stadtbild sorgte.

Fazit aller Teilnehmer: Es war eine mehr als gelungene Fahrt von Pro Polizei Wetzlar.

Über den Autor

Hans-Jürgen Irmer
Hans-Jürgen Irmer
Herausgeber Wetzlar Kurier

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