GdP-Hessen-Vorsitzender Andreas Grün zu Gast bei Pro Polizei Wetzlar
Heringsessen und Polizei-Geschichtsstunde für 100 Gäste
Knapp 100 Gäste des Heringsessens der Bürgerinitiative Pro Polizei Wetzlar erlebten in Tasch‘s Wirtshaus eine Geschichtsstunde mit aktuellen Bezügen zum Thema Polizei in Hessen. Und das aus berufenem Munde. Der vom Pro Polizei-Vorsitzenden Hans-Jürgen Irmer begrüßte Gastreferent war Andreas Grün, Landesvorsitzender Hessen der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Bundesweit gehörten der Gewerkschaft 185.000 Mitglieder an.
Grün nahm seine Zuhörer mit auf eine Reise durch die Geschichte der Polizei im Laufe der letzten 100 Jahre, ihre Entwicklung einschließlich der „Altlasten“. „Säule der Demokratie“ war die Polizei nicht immer. In der - allerdings letztlich wenig wehrhaften - Weimarer Republik von ihrem Selbstverständnis her schon. In der anschließenden Zeit des Nationalsozialismus änderte sich das leider. Die Polizei verlor nach 1933 das Vertrauen der Menschen, entwickelte sich zum „Staat im Staate“ und spätestens nach Gründung der SS wurde auch die Polizeigewalt unter Himmler zentralisiert. Nach dem Krieg zog die neue Demokratie die Lehren aus diesen Erfahrungen. Die Polizei wurde dezentralisiert und im föderalen System der Bundesrepublik Ländersache - bis heute. Bundeskriminalamt und Bundesgrenzschutz (heute Bundespolizei), beide Anfang der 1950er Jahre gegründet, sind die einzigen bundesweit zuständigen Polizeibehörden.
Die „68er“-Zeit sorgte für einen Imageverlust der Polizei, ein Umbruch wurde notwendig. Die bis dahin vorhandene paramilitärische Attitüde der Polizei wurde abgelegt und unter dem Motto „Die Polizei, dein Freund und Helfer“ die „Bürgerpolizei“ geboren. Als Antwort auf den Terroranschlag bei der Olympiade 1972 kam es zur Gründung der „GSG 9“. Dann hat sich laut Grün in personeller Hinsicht aber vier Jahrzehnte lang - trotz der RAF-Zeit und nachfolgender Herausforderungen wie die Anti-Atom-Proteste, Startbahn West und anderes - wenig bis nichts getan, abgesehen von der Tatsache, dass 1981 die ersten Frauen Vollzugspolizeibeamtinnen wurden. Erst ab 2015 sehen die hessischen Landeshaushalte wieder Personalaufstockungen bei der Polizei vor. Denn die Herausforderungen werden nicht weniger: die Gewalt beim Fußball, Einweihung EZB in Frankfurt, Stuttgart 21, G-20-Gipfel in Hamburg.
Der „Umbau“ der Polizei geht weiter, von der Schreibmaschine zum PC, von grünen über beige zu blauen Uniformen. Neue Herausforderungen setzen die Polizei unter Druck: Terrorismus, Islamismus, Migrationswelle, eine wachsende Banden- und Cyber-Kriminalität. Die Polizei stößt an ihre Grenzen. Der Personalmangel wird in den letzten Jahren unübersehbar, die Unzufriedenheit „in der Truppe“ wächst, die Krankenstände erreichen Höchstwerte, gleichzeitig nehmen die Gewaltstraftaten gegen Polizisten rasant zu. Es muss sich etwas ändern!
Die Welle von fast einer Million Flüchtlinge, die 2015 nach Deutschland kamen - davon 90.000 nach Hessen - ist bis heute eine Herausforderung für Gesellschaft, Hilfskräfte und Polizei. Der Anstieg der Kriminalitätszahlen, die mit Migranten in Zusammenhang stehen, ist nicht zu leugnen. Laut Grün ist die Lage inzwischen dennoch etwas besser geworden, von Entwarnung könne aber keine Rede sein. „Wir müssen begreifen“, stellte Grün zusammenfassend fest, „dass Straftäter heute international vernetzt sind, modernste Technologien nutzen und häufig phänomenübergreifend agieren.“ Die Polizei benötige wirksame Instrumente und rechtliche Rahmenbedingungen, um für die Kriminalität des 21. Jahrhunderts gerüstet zu sein: ein einheitliches Polizeirecht über alle Bundesländer hinweg, einheitliche Standards, klare Zuständigkeiten und eine Harmonisierung der polizeilichen Datenflüsse, gerade im Blick auf den Umgang mit sogenannten „islamistischen Gefährdern“.