Respekt - Eine Insiderin erzählt aus dem Clan-Leben
So wird der deutsche Staat ausgenommen
Im März ist im Heyne-Verlag ein Buch einer mutigen jungen Frau unter dem Titel „Ein Leben zählt nichts – als Frau im arabischen Clan: Eine Insiderin erzählt“ erschienen. Es handelt sich um die heute 44-Jährige Latife (Name geändert), die nach einem langen Leidensweg auspackt über die Wirklichkeit in den Clans. 1985 ist sie mit fünf Jahren mit ihrer Familie aus dem Süden der Türkei nach Deutschland eingewandert. Man versprach sich ein besseres Leben als in den Bergen Anatoliens. Da man natürlich nicht abgeschoben werden will, reist die Familie mit gefälschten Pässen ein, die zur Sicherheit noch am Flughafen in Deutschland in die Toilette geworfen und entsorgt werden.
Schon damals galt, je mehr Kinder, desto mehr Kindergeld und desto unwahrscheinlicher eine wie auch immer geartete Form von Abschiebung oder Rücktransfer. Die Mutter von Latife beherzigt das perfekt. Sie bekommt insgesamt neun Kinder mit entsprechender finanzieller Unterstützung des Sozialstaates Deutschland. Die Eltern stellten immer dreistere Forderungen. Wenn das alles nicht half, wirkte spätestens die berühmt-berüchtigte „Nazi-Karte“ im Sozialamt, und keiner traute sich zu widersprechen.
Der Clan hat relativ schnell die Ohnmacht des deutschen Staates oder auch die Unfähigkeit erkannt und neben sozialstaatlichen Leistungen sich vermehrt um das Thema Schutzgelderpressung, Drogengeschäfte und Menschenhandel gekümmert – erfolgreich. Die illegal erwirtschafteten Gelder fließen wahlweise in die Türkei, um weitere Familienmitglieder nach Deutschland zu locken oder sie dienen der Finanzierung von Wohnungen und damit praktisch der Geldwäsche.
Sie frage sich, so Latife in einem Interview mit der „Neuen Zürcher Zeitung“, wie jemand 40 Jahre Sozialhilfe beziehen kann, ohne dass das ernstlich jemand hinterfragt. Sie selbst wurde mit 16 Jahren aus der Schule genommen, ohne Abschluss, zwangsverheiratet. Sie musste möglichst schnell schwanger werden, gebar drei Kinder, wurde geschlagen und erniedrigt. Der Versuch des Ehrenmordes an ihr scheiterte, und heute hat sie Angst, von der Großfamilie aufgespürt zu werden. Sie lebt unter anderem Namen an einem unbekannten Ort, aber das Restgefühl der Unsicherheit wird sie ihr Leben lang begleiten.
Man kann vor dem Mut der mittlerweile 44-Jährigen nur den Hut ziehen. Eine Sonderkommission wäre sicherlich angebracht, um die Machenschaften dieses Clans auseinanderzusetzen und sie in die Berge Anatoliens zurückzuschicken. Dorthin, von wo sie gekommen sind.