Nach russischer Teilmobilmachung – jetzt erst recht nötig

Scholz- und SPD-Weigerung,
schwere Waffen in die Ukraine zu liefern,
führt zu mehr Zerstörung ziviler Infrastruktur und ziviler Todesopfer

Je eher der Krieg zu Ende ist,
desto eher können Ukrainer in ihre Heimat zurück

Deutschland ist auf vielen Feldern international isoliert. Das gilt einerseits für die Energiewende und andererseits für die Unterstützung der Ukraine durch schwere Waffen, Kampfpanzer, die gerade jetzt benötigt werden. Es ist ein heldenhafter Kampf, so muss man es formulieren, den die ukrainische Armee von Anfang an gegen eine entsprechende russische Übermacht führt. Eine Armee mit hoher Motivation, die ihr Land verteidigt, ihre Freiheit, ihre Familien, ihre Kultur und die hochmotiviert in diesen ihr aufgezwungenen Krieg zieht.

Alle Voraussagen von sogenannten Experten, wonach Russland nur wenige Wochen benötigen würde, um die Ukraine zu überrollen, sind nicht eingetreten. Die russische Armee ist überschätzt worden, ihre Motivation und ihre Ausrüstung, und auf der anderen Seite ist westliche Technologie, dankenswerterweise gerade von den USA im Umfang von rund 25 Milliarden Euro geliefert, ein Erfolgsgarant zusammen mit der massiven Unterstützung der osteuropäischen Länder, die ihre Panzerbestände, ihre Luftabwehrraketenbestände und vieles andere mehr zugunsten der Ukraine geräumt und sie damit in die Lage versetzt haben, überhaupt Gegenwehr leisten zu können.

Hinzu kommt eine kluge Kriegsführung, hinzu kommt eine gute Geheimdienstaufklärung über potenzielle Schritte des Gegners. All dies fehlt einer unmotivierten russischen Armee. Erfreulich, dass die Ukraine gerade in den letzten Wochen erhebliche Geländegewinne erzielen und einen Teil der besetzten Gebiete zurückerobern konnte. Sie ist auf dem Vormarsch.

Hilfe jetzt

Um diesen Vormarsch abzusichern, braucht die ukrainische Armee gerade jetzt entsprechende schwere Waffen, Panzer, den Leopard 2 zusammen mit entsprechenden Haubitzen, die sofort zur Verfügung gestellt werden müssen und nicht erst in 2024. Es ist ein Treppenwitz, eine solche Unterstützung von der deutschen Seite aus zu signalisieren. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass zum Beispiel die Firme Rheinmetall Defence aus dem 100-Milliarden-Rüstungsprogramm bisher keinen einzigen Auftrag erhalten hat, dass eine bedeutende Munitionsfirma im bayerischen Raum bisher noch keinen einzigen Schuss Munition liefern konnte und dass die bei Rheinmetall seinerzeit eingemotteten Panzer unterschiedlichster Art immer noch stehen.

Worauf wartet Scholz?

In einem bemerkenswerten Kommentar schrieb Harald Martenstein in der „Welt am Sonntag“ vor knapp drei Monaten: „Deutschland tut nur das Notwendigste. Bei den Waffenlieferungen trickst, laviert und verzögert Deutschland. Es hat nicht einmal den Mut, offen „Nein“ zu sagen… Die Koalition der Verhinderer sitzt in der SPD, in der Linken und in der AfD… Wieso liefern dann die Briten an die Ukraine Raketen? Sind alle unsere Partner verrückt, nur wir nicht? Und was würde eigentlich passieren, nachdem Putin die Ukraine besiegt hat, für ihn ein weiterer Sieg in einer Kette von Kriegen? Es gibt selten Eroberer, die freiwillig aufhören, bevor eine Niederlage sie stoppt.“

Friedrich Merz erinnerte vor wenigen Tagen in diesem Kontext an die ängstliche britische Appeasement-Politik unter Chamberlain, der zusammen mit dem Franzosen Daladier Hitler territoriale Zugeständnisse machte, um sich dann im Westen Europas als Friedensbewahrer feiern zu lassen und damit den Appetit Hitlers auf weitere Eroberungen nur bestärkte. Das traurige Ende ist bekannt.

Handbuch zur Ermordung von Ukrainern

Der Historiker Timothy Snyder berichtete über ein Handbuch zur Ukraine, das von der russischen Nachrichtenagentur Nowosti herausgegeben wurde, in dem sehr deutlich zur Ermordung all der Ukrainer aufgerufen wurde, die sich nicht zu Russland bekennen.

Roth (SPD) hat recht

SPD-Außenexperte Michael Roth hat in einem Interview mit der „taz“ darauf hingewiesen, je schneller man die Ukraine in eine Position der anhaltenden Stärke und Wehrhaftigkeit bringe, desto schneller werde dieser furchtbare Krieg auch enden. Und er wies darauf hin, dass Putin an seinem Ziel festhalten werde, die Ukraine als souveränen Staat von der Bildfläche verschwinden zu lassen und die ukrainische Nation zu vernichten. Deshalb bedürfe es entsprechender militärischer Unterstützung, und die deutschen 1,3 Milliarden Euro im Vergleich zu den 25 Milliarden aus den USA seien ja überschaubar. Großer Respekt für Polen und andere Ostblockstaaten, die in kürzester Zeit Panzer und Material geliefert hätten, denn diese Staaten würden, und da hat er recht, mehr als jeder andere verstehen und begreifen, was es bedeuten würde, wenn Putin in der Ukraine gewinnt, denn Putin habe eine Obsession, eine Besessenheit, er wolle den Zerfall der ehemaligen Sowjetunion rückgängig machen, und dies bedeute natürlich die Einverleibung von Georgien, Moldau oder auch den baltischen Staaten.

Hofreiter (Grüne) hat recht

Man muss kein Fan des Vorsitzenden des Europaausschusses, Anton Hofreiter (Grüne), sein, aber in seiner Analyse „Das Problem ist im Kanzleramt“ hat er völlig recht. Erstaunlich auch die Wandlung von Bundesaußenministerin Baerbock (Grüne), die sich für die Lieferung schwerer Waffen einsetzt, im Gegensatz zu ihrem Parteivorsitzenden Nouripour, der sich davon ebenso distanzierte wie Bundeswirtschaftsminister Habeck (Grüne).

Strack-Zimmermann (FDP) hat ebenfalls recht

Auch sie kritisierte aktuell Scholz für dessen beharrliche Weigerung, der Ukraine Leopard-2-Kampfpanzer zu liefern.

Friedrich Merz (CDU): „Spiel mit gezinkten Karten“

Friedrich Merz warf in der Bundestagsdebatte der Ampelkoalition ein Spiel „mit gezinkten Karten“ vor. Deutschland sei mit seiner Blockadehaltung „auf einem Alleingang“, denn die USA widersprechen dem Kanzler ausdrücklich, dass jedes Land für sich entscheiden kann und darf, was geliefert wird. Im Übrigen hinterfragen die Amerikaner die grundsätzliche Loyalität des deutschen Kanzlers mit Kiew, denn während in den USA die klare Parole ausgegeben wird, dass die Ukraine gewinnen muss, erklärt der Kanzler mit nicht nachvollziehbarer Zurückhaltung, dass die Ukraine „nicht verlieren darf“. Dieses Wording, wie es neudeutsch heißt, sagt schon eine ganze Menge über den inneren Zustand des Kanzlers und seiner Partei. Das gilt auch für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich, der erklärte, dass es bei der Lieferung von schwerem Kriegsgerät keine einfachen Antworten gebe. Wer das behaupte, handele verantwortungslos.

Ursula von der Leyen (CDU): „Ukraine kämpft diesen Kampf für uns alle“

Bei einem Besuch in Kiew hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wörtlich ausgeführt: „Wenn sie sagen, sie brauchen Kampfpanzer, dann sollten wir das ernst nehmen und ihnen das liefern.“ Die Ukraine, so von der Leyen, wisse sehr genau, was sie benötige, um Leben zu schützen und sich zu verteidigen. Schließlich verteidige die Ukraine die Demokratie und die Freiheit. Wer die Ukraine in dieser Zeit im Stich lasse, wer Waffen verweigere, mache sich indirekt mitschuldig an der Zerstörung der zivilen Infrastruktur, mache sich mitschuldig an zivilen Todesopfern.

Es bleibt zu hoffen, dass sich die Vernünftigen in der Ampelkoalition gemeinsam mit der Union verständigen, um Scholz zu zwingen, einer Lieferung schwerer Kampfpanzer zuzustimmen. Über eines muss man sich im Klaren sein: Je eher dieser terroristische russische Überfall auf die Ukraine zu Ende ist, desto eher und schneller besteht die Chance, dass die vielen Ukrainer, die nicht nur in Deutschland Unterschlupf gefunden haben, sondern auch gerade im osteuropäischen Ausland, wieder in ihre Heimat zurückkehren können, um sie aufzubauen. Dabei sollten wir sie dann auch unterstützen. Aber dies ist der zweite Schritt. Es bleibt zu hoffen, dass die Bundesregierung endlich den ersten Schritt geht.

Über den Autor

Hans-Jürgen Irmer
Hans-Jürgen Irmer
Herausgeber Wetzlar Kurier

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