Berliner Kreis

Hochkarätige Expertenrunde diskutierte über
Energiesicherheit in Zeiten europäischer Konflikte

Fazit: Fracking macht Deutschland unabhängiger / Kernkraft nötig

Der Festsaal der Kaiserin-Friedrich-Stiftung in Berlin-Mitte bot ein ideales Ambiente für eine hochklassige Veranstaltung. Der Berliner Kreis, ein Zusammenschluss konservativ-liberaler Politiker, hatte eingeladen zum Thema „Energiesicherheit in Zeiten europäischer Konflikte und ideologischer Umwälzungen“. Die Vorsitzende des Berliner Kreises, die langjährige Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel, konnte neben den Referenten Professor Fritz Vahrenholt, Frank Hennig und Dr. Björn Peters auch den polnischen Konsul Marcin Król begrüßen. Aber auch ehemalige MdB‘s wie Hans-Jürgen Irmer, Dietlind Tiemann, Michael von Abercron, Johannes Selle u. a. sowie Minister a.D. Dr. Christean Wagner wohnten der Veranstaltung als prominente Gäste bei. BDS und BVMU waren durch DS-Redakteurin Anita Schäfer und Hauptgeschäftsführer Joachim Schäfer vertreten. Die Moderation der Expertenrunde lag in den Händen von Dietmar Grosser, der als Redakteur der Thüringer Allgemeine im Jahr 2013 mit dem Deutschen Lokaljournalistenpreis ausgezeichnet wurde.

Sylvia Pantel betonte in ihrer Eröffnungsrede, dass die Veranstaltung an der Nahtstelle zwischen historischen Krisen stehe. Einerseits die Frage nach der Energiesicherheit und andererseits der Krieg in der Ukraine mit seinen dramatischen Konsequenzen, die noch nicht abzusehen seien.

Polens Konsul Marcin Król:

Kampf zwischen Gut und Böse

So stand dann auch der russische Überfall auf die Ukraine im Mittelpunkt der Ausführung des polnischen Konsuls Marcin Król, mit dessen Einladung Sylvia Pantel ein gutes Gespür für die akute außenpolitische Gemengelage bewies. Król fand deutliche Worte. So handele es sich im Ukraine-Krieg nicht nur um einen Kampf zwischen Demokratie und Diktatur, sondern um einen Kampf zwischen Gut und Böse.

Auch in Deutschland werde vielfach vergessen, dass 1939 nicht nur Nazi-Deutschland, sondern auch die Sowjetunion Polen überfallen habe. Damals hätten Angehörige des sowjetischen Volkskommissariats für innere Angelegenheiten vom 03. April bis 11. Mai 1940 bei einem Massaker etwa 4.400 gefangene Polen, größtenteils Offiziere und Intellektuelle, in einem Wald bei Katyn getötet, was später dann von den Sowjets als Massaker der deutschen Wehrmacht dargestellt worden sei. Russland habe, so Król weiter, über Jahrhunderte versucht, die polnische Identität auszulöschen. Jetzt, wo Polen frei und ein demokratischer Staat sei, habe seine Regierung alles versucht, die aus Sowjetzeiten stammende große Abhängigkeit von russischen Gasimporten abzubauen. In Swinemünde habe man deswegen ein LNG-Terminal gebaut und es werde über ein zweites in Danzig beraten. Bis Ende 2022 strebe man an, komplett von russischen Gaslieferungen frei zu sein, unterstrich Król.

An die deutsche Adresse gerichtet, betonte der polnische Konsul, dass die Ressourcen-Geschäfte Russlands mit Gas und Öl nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Motive beinhalteten. Deshalb müsse man die Tragweite des Konflikts verstehen, weil dieser mit dem „Wettrüsten“ unter Ronald Reagan vergleichbar sei. Nur wenn man sich von russischen Gas- und Öllieferungen freimache, könne man diesen Wirtschaftskrieg gewinnen, konkretisierte Król seine Haltung. „Wenn wir jetzt nicht handeln, wird Butscha nur ein Prolog sein“, zeigte sich Król überzeugt, indem er den polnischen Ministerpräsidenten Morawiecki zitierte.

Ampel Energiewende mit Gaskraftwerken krachend gescheitert

Als erster Referent ergriff Professor Fritz Vahrenholt das Wort. Er machte deutlich, dass die jetzige kritische Energieversorgung nicht mit dem Ukraine-Krieg zusammenhinge, weil nach seinen Untersuchungen die Energiekrise bereits im September letzten Jahres begonnen habe, indem die globale Weltwirtschaft wieder ihre Industrie und Kraftwerke hochgefahren habe.

Da das „Rückgrat der Energiewende“ höhere Gasimporte gewesen seien und Nordstream 2 laut Koalitionspapier der Ampel künftig 30 bis 50 Gaskraftwerke versorgen sollte, sei – so Vahrenholt weiter – „diese Strategie donnernd gescheitert“, zumal man keine echte Ausweichstrategie habe, sondern sich darauf konzentriere, das Gas aus anderen Ländern zu exportieren. Deshalb sei – so Vahrenholts Einschätzung – ein Gasimportstopp nicht zu verkraften. Da man selbst kein Fracking betreiben wolle, müsse man Fracking-Gas nun sogar aus Übersee importieren. Windkraftanlagen seien mit Sicherheit erst recht keine ­Lösung, den Energiebedarf zu decken. Vahrenholts Prognose: Die Energiewende ist am Ende.

Energiewende besteht aus Glauben und Hoffnung

Als nächster Referent betrat der Diplom-Ingenieur für Kraftwerksanlagen und Energieumwandlung Frank Hennig das Podium. Hennig hat sich auch als Autor der Bestseller „Dunkelflaute“ und „Klimadämmerung“ einen Namen gemacht, in denen er nach eigenen Worten pointiert darlegt, „warum die sogenannte Energiewende ein dysfunktionales Subventionsgrab ist und wie die Politik versucht, über komplexe Begrifflichkeiten ihr eigenes Versagen zu kaschieren“. Genau wie Professor Vahrenholt betonte Hennig, die Energiewende sei mit dem Ukraine-Krieg beendet worden, auch wenn diese ohne Krieg in geraumer Zeit beendet worden wäre. Deutschlands Energiestrategie zeichne weniger eine stabile denn eine volatile Leistung aus, hob Hennig hervor. Die Idee, volatilen Windstrom über Wasserstoff zu speichern, sei nichts anderes als eine gigantische Energieverschwendung. Überdies sei eine Erschließung des windarmen Süddeutschlands durch Windräder weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll. Hennigs vernichtendes Urteil: Die Energiewende basiert nicht auf Sonne und Wind, sondern auf Glauben und Hoffnung. Seine Prognose: „Am Ende steht Deutschland vor einer ähnlichen Situation, wie in der DDR bevor“. Frei nach dem Motto: „Mangel managen“. Daher setze er sich für ein Weiterbetrieb der Kern- und Kohlekraft ein. Weiterhin plädiere er für heimische Gas-Förderung, inklusive Fracking, für die Abschaffung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes und für den Import moderner Kernkrafttechnik, fand Hennig deutliche Worte.

Für längere Laufzeiten der Kernkraftwerke

Dritter im Bunde der Referenten war Dr. Björn Peters, Bundesvorstandsmitglied und ehrenamtlicher Ressource-Leiter Energiepolitik beim Deutschen Arbeitgeberverband, der sich als FDP-Mitglied mit dem Eingeständnis outete, dass auch CDU und FDP Schuld an der fatalen grünen Energiewende trügen. Nach seinen Worten könnten die Klimavorgaben durch CO2-Verpressung unter der Erde gelöst werden. Dazu müsse man nur das Gesetz zur Aussetzung des CCS-Verfahrens ernsthaft diskutieren. Weiterhin sagte Peters, entgegen der offiziellen Lesart sehe er im einheimischen Fracking ein Zukunftsmodell. Nach seiner Einschätzung seien die Vorurteile gegen diese Technologie aus wenigen fehlerhaften Bohrverfahren entstanden, die aber auf schlechte Gesetze zurückzuführen seien, die in Deutschland so gar nicht angewendet worden wären. Fracking könnte daher nach seiner Einschätzung hierzulande verantwortungsbewusst erlaubt werden, insbesondere durch eine Koppelung an Rückbau-Verpflichtungen. Befürchtungen, das Grundwasser könnte durch diese Methode verschmutzt werden, seien unbegründet, weil es mittlerweile dafür passende Technologien gäbe, konkretisierte Peters seine Einschätzung.

Leidenschaftlich plädierte Peters für längere Laufzeiten der Kernkraftwerke – und zwar nicht nur für die im Betrieb befindlichen Anlagen. Auch die drei Kraftwerke, die Ende 2021 vom Netz gingen, könnten weiterlaufen, weil die hohe Qualität der Anlagen einen Weiterbetrieb von bis zu 20 Jahren ermögliche. Die Laufzeitverlängerung sei daher ein rechtliches beziehungsweise ein politisches Problem – aber kein technisches, so Peters Überzeugung.

Über den Autor

Hans-Jürgen Irmer
Hans-Jürgen Irmer
Herausgeber Wetzlar Kurier

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