Wo bleibt der offensive Einsatz von Olaf Scholz zur Unterstützung der Ukraine?

Wenn Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Talkshow von Anne Will erklärt, er könne jeden verstehen, der sich alles Mögliche zur Unterstützung der Ukraine wünsche, müsste man eigentlich annehmen, dass er offensiv mit guten Ideen und Vorschlägen vorangeht. Fehlanzeige.

Nur Bedenken, keine Initiativen

Polen hat eine „Friedensmission“ angeregt, keine Unterstützung des deutschen Kanzlers. Man könnte über eine Flugverbotszone, wie vom demokratischen Präsidenten Selenskij gefordert, in der Tat ernsthaft diskutieren, rechtlich durchaus machbar in Form eines UN-Mandates, wie es Verfassungsrechtler sehr klar zum Ausdruck gebracht haben. Man könnte die Forderung aufstellen an die UN, Blauhelme in die Ukraine zu entsenden. Man könnte auch auf die Idee kommen, wie der polnische oder der tschechische Ministerpräsident, demonstrativ nach Kiew zu fliegen. Im Grunde genommen müssten sich ständig europäische Staatsoberhäupter in Kiew aufhalten, um damit zu dokumentieren, dass sie den mutigen ukrainischen Präsidenten in Kiew unterstützen. Man könnte sich ernsthaft mit der Frage befassen, was es bedeutet, russische Gasimporte in einem ersten Schritt drastisch zu drosseln, zumal Ökonomen vorgerechnet haben, dass das möglich ist. Dies hat Scholz in der Sendung von Anne Will mit der Begründung abgelehnt, Putin habe keinen Zugriff auf das Geld, das er mit dem Export des russischen Gases und Öls erhält. Milliarden Euro jeden Monat Einnahme und Putin soll angeblich keinen Zugriff darauf haben?

Das Märchen des Olaf Scholz

Märchenhaft auch die Erklärung von Scholz, wonach fortlaufend Waffen geliefert würden. Es gab in der Tat eine erste Lieferung am 3. März. Das war es. Erst am 17. März, nachdem die zwei schrecklichsten Wochen des Angriffskrieges vorbei waren, lieferte man. Allerdings nicht die Mengen der zugesagten Raketen, sondern nur einen Bruchteil. Wie die Zeitung „Die Welt“ berichtete, soll der Kanzler die Menge selbst reduziert haben, was das Kanzleramt bestreite. Erst hieß es, wie „Die Welt“ am 30.3. berichtete, dass die Bundeswehrbestände leer seien, so das Kanzleramt, bevor dann doch genau aus diesen angeblich leeren Arsenalen Waffen geliefert wurden. Im Übrigen habe es aus deutschen Fabriken durch Scholz keine einzige Waffenlieferung gegeben, obwohl Deutschland viertgrößter Waffenexporteur der Welt ist, und das, obwohl die Konzerne ihre Produkte, so „Die Welt“, seit Wochen anbieten würden.

Das Mantra von Scholz und Verteidigungsministerin Lambrecht in der Vergangenheit war, man habe darüber nicht gesprochen, weil dann Transporte gefährdet werden könnten. Niemand will wissen, auf welchen Wegen und wann genau Waffen wohin gebracht werden. Eine vorgeschobene Behauptung. Schließlich hat die Ukraine aktuell selbst 2650 Antipanzerraketen in Deutschland bei den Rüstungsfirmen gekauft. Auch hier wieder Märchenstunde von Scholz, wenn dieser erklärt, man habe dafür gesorgt, dass die EU der Ukraine eine Milliarde zur Verfügung stelle, und zwar für Waffenkäufe. Diese eine Milliarde ist ausschließlich für EU-Mitgliedsstaaten vorgesehen und kann nicht von anderen Nicht-EU-Staaten finanziell angezapft werden.

Das Zögern des SPD-Kanzlers ist nur wenig erklärbar. Da muss man dem grünen Teil in der Bundesregierung schon eher dankbar sein, der die Notwendigkeit schneller Entscheidungen und schneller Unterstützung erkannt hat.

Scholzomat

Olaf Scholz, ein Technokrat, als er Generalsekretär der SPD war, Scholzomat, der in stoischer Ruhe immer wieder die gleichen Sätze wiederholte. Ein Mann ohne erkennbare Regung, ohne erkennbare Empathie. Politische Führung heißt, nicht nur rational verständlicherweise zu entscheiden, sondern auch Herz zu zeigen, Empathie, Engagement, auch im Ton, in der Stimme, in der Bewegung.

Über den Autor

Hans-Jürgen Irmer
Hans-Jürgen Irmer
Herausgeber Wetzlar Kurier
Aktuelle Ausgabe3/2024