Ukraine-Krise

Deutschland international isoliert

Europa schickt Verteidigungs(!)waffen –

Deutschland bietet Feldlazarette und Schutzhelme an

Niemand weiß, was Russlands Präsident Wladimir Putin mit seinen Truppen- und Panzeraufmärschen entlang der ukrainischen Grenze wirklich bezweckt. Sind es nur Manöver, sind es Drohgebärden oder hält er weiter an seinem Ziel fest, die ehemalige Sowjetunion zumindest partiell wieder mit neuem Leben zu versehen?

Kurzum, der Botschafter der Ukraine, Dr. Andrij Melnyk, der im Übrigen auf Einladung des seinerzeitigen CDU-Bundestagsabgeordneten Hans-Jürgen Irmer in der letzten Legislaturperiode in Wetzlar war und damals schon vor Russland warnte, hat recht, wenn er heute mehr denn je internationales Engagement für die Ukraine einfordert.

Engagement, das nicht nur in diplomatischer Unterstützung besteht, sondern auch in der Chance, sich notfalls verteidigen (!) zu können. Während die USA und Großbritannien Defensivwaffen liefern, Spanien und Dänemark Schiffe und Kampfflieger nach Osten verlegen, die Franzosen Truppen nach Rumänien entsenden wollen, die Niederländer Flugzeuge nach Bulgarien verlegen, hat Deutschland angeboten, Feldlazarette zu liefern. Zynischer geht es nicht. Israel - und hier die linksliberale Zeitung Haaretz sprach aktuell von einer sogenannten Appeasement-, also Anpassungs- oder Unterwürfigkeitspolitik gegenüber Russland und Putin, weil man im Prinzip von den Gaslieferungen Russlands abhängig sei bei gleichzeitigem Atomstromausstieg.

Ampel gespalten

Während Außenministerin Annalena Baerbock und Kanzler Olaf Scholz im Verhältnis zur Ukraine verbrannte Erde hinterlassen, sich international isolieren, streitet die Ampel um den richtigen Weg, wobei die FDP immerhin erklärt, sie hätte keine Probleme mit der Lieferung von Verteidigungswaffen. Aber genau hier wird das Problem der Ampel sichtbar. Hier ist etwas zusammengekommen, was politisch einfach nicht zueinander passt. Den Schaden hat Deutschland.

Historischer Fehler der SPD

Die SPD zitiert derzeit häufig Altkanzler Helmut Schmidt, der wörtlich einmal gesagt hat: „Lieber hundert Stunden umsonst verhandeln als eine Minute schießen.“ Dies ist ohne jeden Zweifel richtig. Doch man muss die SPD daran erinnern, dass es der gleiche Helmut Schmidt war, der Anfang der 80er Jahre den Nato-Doppelbeschluss durchgesetzt hat, um gemeinsam mit den USA aus einer Position der Stärke heraus mit der damaligen Sowjetunion verhandeln zu können. Es waren die Amerikaner unter Präsident Ronald Reagan, die erklärten, „wenn die Sowjetunion nicht bereit ist, gemeinsam mit uns abzurüsten, werden wir sie notfalls totrüsten“. Also stieg die Rüstungsspirale zunächst nach oben, bis die damalige Sowjetunion feststellen musste, dass sie aus wirtschaftlichen, aber auch aus technischen Gründen nicht in der Lage war, diesen Wettlauf zu gewinnen.

Das Ergebnis war positiv. Es gab beiderseits überprüfbare Atomwaffenabrüstungsverträge. Ohne Nato-Doppelbeschluss, ohne Kanzler Schmidt, ohne Nachfolger Kanzler Kohl, der diesen Kurs konsequent fortgesetzt hat, wäre es nicht zu jenen erfolgreichen Abrüstungen gekommen. Wenn man aber heutzutage politisch nichts anzubieten hat, nicht aus einer Position der Stärke heraus verhandeln kann, dann besteht bei der anderen Seite keine Notwendigkeit des Entgegenkommens. Das hat die SPD leider nicht verstanden.

Über den Autor

Hans-Jürgen Irmer
Hans-Jürgen Irmer
Herausgeber Wetzlar Kurier

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