Grüne

Transparenz von anderen fordern, aber selbst keine Auskünfte erteilen

Im aktuellen Wahlprogramm der Grünen wird an insgesamt 61 Stellen die Forderung nach Transparenz erhoben, um Lobbyismus transparenter zu machen. Dass wirtschaftliche Verflechtungen und Abhängigkeiten generell transparent zu handhaben sind, wird ernstlich niemand bestreiten. Wer denn aber mit so hohem moralischem Anspruch wie die Grünen diese Forderung erhebt, der müsste eigentlich um Umkehrschluss bereit sein, seine eigenen Zahlen zu veröffentlichen.

Grüner fordert volle Transparenz von Grünen

Laut den Statuten der Grünen werden Parteivorsitzende nur dann für dieses Amt bezahlt, wenn sie keine andere Einnahmequelle haben. Dies gilt aktuell für Robert Habeck. Durch die steuerlichen Nachmeldungen von Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock in Höhe von 25.220 Euro und von Cem Özdemir als Vorgänger als Parteivorsitzender von 20.580 Euro kam heraus, dass sie Sonderzahlungen erhielten, deklariert als „Weihnachtsgeld“, obwohl Weihnachtsgeld in der Regel von Arbeitgebern an ihre Angestellten gezahlt wird. Die Bundesgeschäftsstelle der Grünen erklärte seinerzeit, dass es sich um Jahressonderzahlungen eben zu Weihnachten handele. Von dieser Aussage zeigte sich der ehemalige Parteichef Hans-Christian Ströbele überrascht, der daraufhin „volle Transparenz“ einforderte, da er davon ausgegangen sei, dass Vorsitzende nur Geld von der Partei erhalten würden, wenn sie kein Mandat hätten.

Nachmelderin Claudia Roth

Betroffen auch die ehemalige Vorsitzende Claudia Roth, die heutige Bundestagsvizepräsidentin. Sie ließ mitteilen, dass sie zweimal Sonderzahlungen als Weihnachtsgeld in ihrer Vorsitzendenfunktion erhalten habe. Gemeldet hat sie dem Bundestagspräsidenten aber nur eine der zwei Zahlungen. Auf eine mehrfach eingegangene Nachfrage durch die Zeitung „Die Welt“ erklärte das Büro Roth, dass man die Einkünfte von 2011 und 2012 zusammengefasst habe, deshalb die einmalige Meldung. 2013 habe Roth entgegen früheren Angaben doch Weihnachtsgeld erhalten. Dies habe man zwischenzeitlich dem Bundestagspräsidenten nachgemeldet; Gesamtsumme 17.685 Euro.

Transparenz verweigert

Im Jahr 2009 ist nach Auskunft der Grünen der Beschluss gefasst worden, dass es möglich sei, dem Bundesvorstand eine Jahressonderzahlung zukommen zu lassen. Zum genauen Inhalt des Regelwerkes gibt es allerdings keine Auskunft. Den entsprechenden Passus aus der Finanzordnung lässt sich die Parteizentrale der Grünen ebenfalls nicht entlocken. Wie die Zahlungen an einzelne Bundesvorstandsmitglieder genau laufen, ist unbekannt. Es gibt nur eine Gesamtsumme an Entschädigungen, und wie die verteilt wird, bleibt im Verborgenen. Transparenz sieht anders aus.

Über den Autor

Hans-Jürgen Irmer
Hans-Jürgen Irmer
Herausgeber Wetzlar Kurier
Aktuelle Ausgabe4/2024