Brandschutz im Lahn-Dill-Kreis
Wird mit zweierlei Maß gemessen?
Brandmeldeanlage abgenommen, die es nie gab
Zum Thema eines überbordenden und restriktiven Brandschutzes im Lahn-Dill-Kreis ist in den letzten Jahren mehrfach berichtet worden. Dass ein Brandschutz mit Augenmaß richtig, wichtig und notwendig ist, wird ernstlich niemand bestreiten. Aber es hat eine Fülle von Brandschutzanforderungen, beispielsweise an Firmen oder Vereine, gegeben, die man auch bei gutem Willen nicht nachvollziehen kann.
Heim der AWO in Aßlar im Fokus
Vor vielen Jahren errichtete die Arbeiterwohlfahrt, der man eine gewisse inhaltliche und auch personelle Nähe zur SPD unterstellen darf, das Dr.-Werner-Best-Haus in Aßlar in der Oberstraße am Backhausplatz. Diese Immobilie wurde vor wenigen Jahren von einer Wetzlarer Wohnungsbaugesellschaft übernommen, die nach der Übernahme umgehend eine Gefahrenverhütungsschau durch den Lahn-Dill-Kreis über sich ergehen lassen musste. Wohlgemerkt: Es handelt sich hier um eine Seniorenwohnanlage, bei der seit Jahren zu Recht höchste Brandschutzansprüche zu gelten haben. Dieser Kontrollgang führte dazu, dass die Wohnungsbaugesellschaft Brandschutzmaßnahmen für über 700.000 Euro durchführen musste. Das Spannende daran:
Solange die AWO das Haus betrieben hat, machte der Brandschutz des Lahn-Dill-Kreises aus gutem Grund einen großen Bogen um das Objekt. Seitens des Kreises wurde nach Fertigstellung des Hauses ein Bauabnahmeschein ausgestellt, wonach das Gebäude ordnungsgemäß erstellt wurde. Vorgegebene Brandschutzmaßnahmen allerdings wurden nie (!) eingebaut. Darüber hinaus liegt der Wohnungsbaugesellschaft eine Abnahmebestätigung des Lahn-Dill-Kreises über eine Brandmeldeanlage vor, die es nach Aussage der Gesellschaft aber nie (!) gegeben hat. Spätestens hier stellen sich eine Fülle von Fragen:
Welche Personen waren damals verantwortlich? Wer hat die entsprechenden Bescheinigungen ausgestellt? Wer war Dezernent? Gab es in den späteren Jahren keine Gefahrenverhütungsschauen mehr in dem Gebäude? Gab es keine rechtliche Neubewertung des Brandschutzes mit der Maßgabe einer Neubewertung einer Seniorenwohnanlage? Welche Aktennotizen, Besprechungsprotokolle existieren? Wie oft wurde die Brandmeldeanlage durch die Bauaufsichtsbehörde des Landkreises abgenommen oder eine Inaugenscheinnahme im Rahmen wiederkehrender Prüfungen durchgeführt? Wann gab es eine erstmalige Begehung, wann eine letztmalige…?
CDU fordert Aufklärung im Kreistag
Wenn diese in schriftlicher Form erhobenen massiven Vorwürfe richtig sind – und die Lebenswirklichkeit spricht sehr dafür – sind Konsequenzen auf Kreisseite zu ziehen. Deshalb fordere die CDU-Kreistagsfraktion, so Fraktionsvorsitzender Hans-Jürgen Irmer, in einem aktuellen Antrag die Kreisregierung auf, im Haupt-, Finanz- und Organisationsausschuss darüber zu berichten, ob bei der Fertigstellung des Dr.-Werner-Best-Hauses in Aßlar, seinerzeit im Besitz der AWO, alle Brandschutzauflagen umgesetzt und ordnungsgemäß vom Kreis gegen- und abgezeichnet bzw. von Zeit zu Zeit überprüft wurden.
Kein Einzelfall?
Vor wenigen Tagen erfuhr die CDU, dass der Kreis für ein Rathaus im Jahr 2011, geführt von einem Sozialdemokraten, ein Brandschutzgutachten erstellt hat. Der seinerzeit zuständige Bürgermeister, heute immer noch in den Reihen der SPD aktiv, hat bis zu seinem Ausscheiden aus dem Bürgermeisteramt Ende 2013 nach Aussage seines Nachfolgers nichts unternommen, wobei dem Nachfolger die entsprechenden Unterlagen erst einige Jahre später zugänglich gemacht wurden. Auch hier stellt sich die Frage, was passiert, wenn der Kreis in einem Brandschutzgutachten zu diesem oder jenem Ergebnis kommt und der zuständige Bürgermeister nichts unternimmt? Misst der SPD-geführte Kreisausschuss, seit 1985 sind die Sozialdemokraten in der Regierungsverantwortung im Lahn-Dill-Kreis, hier mit zweierlei Maß, wenn man gleichzeitig weiß, wie teilweise kleinteiligst der Kreis mitunter gegen Firmen, Vereine und andere vorgeht.