Unverständlich

Kreis argumentiert mit Kosten,
wenn es um die Gesundheit der Kinder geht

CDU nach wie vor für Luftfiltereinsatz an Schulen

Absolut verständnislos musste die CDU-Kreistagsfraktion in der letzten Sitzung des Kreistages zur Kenntnis nehmen, dass ihr Antrag zum Thema Luftreinigungssysteme keine Mehrheit fand. Dabei hatte die Union bewusst zurückhaltend den Antrag formuliert, um ihm eine größere Zustimmungsmöglichkeit bei der Koalition, bestehend aus SPD, FWG, Grüne und FDP, zu eröffnen.

Die CDU hatte lediglich um einen Sachstandsbericht zum Thema Luftreinigungsanlagen in den Räumen der Schulen des Lahn-Dill-Kreises gebeten, wobei sie sich prinzipiell für die Luftfilteranlagen als eine zusätzliche Möglichkeit, Viren zu entsorgen, ausgesprochen hatte. Kreistagsabgeordneter Leo Müller aus Eschenburg hatte in einer exzellenten Rede den Antrag begründet und darauf hingewiesen, dass es eine Fülle von Untersuchungen beispielsweise des Fraunhofer-Instituts, der Goethe-Universität Frankfurt, der Bundeswehr-Universität in München, dem Max-Planck-Institut in Mainz, um nur einige zu nennen, gebe, die allesamt zum Ergebnis gekommen seien, dass Luftreinigungsanlagen/Filteranlagen sinnvoll sind, auch wenn möglicherweise nicht 100 Prozent der Partikel der Aerosole gefiltert werden, sondern möglicherweise „nur“ 90 Prozent. Das sei aber immer noch besser als gar nichts, wobei prinzipiell natürlich niemand etwas dagegen habe, wenn die Räume gelüftet werden. Das sei ja eine Selbstverständlichkeit.

Esch uneinsichtig

Ohne jegliche Empathie für die ihm anvertrauten Kinder und Schüler erkennen zu lassen, wies Schuldezernent Esch (FWG) darauf hin, dass es eine Reihe von Experten gebe, die die Luftfilter für „nicht unbedenklich“ halten würden. So hätte auch das Bundesumweltamt erklärt, dass Luftreiniger Kinder und Pädagogen in falscher Sicherheit wiegen könnten. Ein merkwürdiges Argument, das nicht stichhaltig ist, denn alle Beteiligten sind sich heute mehr denn je bewusst, welche Bedeutung Hygiene im weitesten Sinne des Wortes, Frischluft und Abstand haben. Das Bundesumweltamt hat auch nicht erklärt, dass Filteranlagen ungeeignet sind. Die Aussage von Esch, dass der Kreis für die Ausstattung der mehr als 2000 Klassenzimmer mit Luftfiltern, und zwar je zwei pro Raum, rund 10 Millionen Euro aufbringen müsse, war die Krönung.

Geld wichtiger als Gesundheit

Abgesehen davon, dass nach dem Kenntnisstand der CDU-Kreistagsfraktion aus der Bauabteilung etwa 1750 Räume vorhanden sind und man sicher nicht in jeden Raum zwei Luftfilter stellen muss, würde das bedeuten, dass sich die Kosten etwa halbieren. Wenn man dann noch weiß, dass das Bundeswirtschaftsministerium in Verantwortung von Minister Peter Altmaier öffentlich erklärt hat, 80 Prozent der Kosten bezüglich Neueinbau übernehmen zu wollen, das Land Hessen zusätzliche Millionen zur Verfügung gestellt hat, dann gibt es kein einziges Argument, das für Vizelandrat Esch spricht.

Kanzleramtsminister Helge Braun, in der Vergangenheit immer besonnener Mahner und Warner, twitterte dazu, dass das Ganze gut gegen Corona sei und im Übrigen langfristig eine gute Raumluft gut fürs Lernklima sei. Dem ist nichts hinzuzufügen außer dem Aspekt, und das ist das eigentlich Unfassbare, dass der Kreis bei einem Überschuss aus dem Jahr 2020 wegen entsprechend hoher Bundes- und Landeszuschüsse in Höhe von rund 30 Millionen Euro sich außerstande sieht, aus eigenen Bordmitteln ein oder zwei Millionen Euro zu investieren, um die Kinder zu schützen. Dies sei für ihn, so Fraktionschef Hans-Jürgen Irmer, und die gesamte CDU-Kreistagsfraktion nicht verständlich. Es sei verantwortungslos. Die CDU wundere sich, dass die gesamte Koalition, obwohl dort Väter und Mütter in unterschiedlichen Fraktionen vertreten sind, Esch so einmütig stütze. Die Union werde zur nächsten Kreistagssitzung den Antrag stellen, Luftfilter anzuschaffen und einen entsprechenden Betrag außerplanmäßig zur Verfügung zu stellen.

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Hans-Jürgen Irmer
Hans-Jürgen Irmer
Herausgeber Wetzlar Kurier

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Aktuelle Ausgabe07.03.