MdB Irmer im Deutschen Bundestag

„Europol wird als Datenschnittstelle immer wichtiger“

Seit rund 20 Jahren gibt es die europäische Polizeibehörde Europol, deren Bedeutung bei der Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität in den letzten Jahren immer größer geworden ist, da das Verbrechen keine Grenzen kennt. Zu den Organen von Europol gehören der Exekutivdirektor für die laufenden Geschäfte von Europol und der aufsichtführende Verwaltungsrat. Dieser wiederum wird begleitet von einem parlamentarischen Kontrollgremium der europäischen Mitgliedsstaaten. Für die Bundesrepublik Deutschland sitzen mit Susanne Mittag von der SPD und dem heimischen CDU-Bundestagsabgeordneten Hans-Jürgen Irmer zwei Vertreter in diesem Kontrollgremium. Soweit zur Voraberläuterung.

Vor kurzem diskutierte der Deutsche Bundestag auf Initiative der CDU/CSU-Fraktion in Form eines gemeinsamen Antrages mit der SPD das Thema Europol, seine Bedeutung für die Innere Sicherheit und die Weiterentwicklung. In der parlamentarischen Debatte lobte Irmer die Arbeit der Behörde, die ihren Sitz in Den Haag hat und dessen Vizechef Jürgen Ebner im Übrigen aus dem Herborner Ortsteil Uckersdorf kommt, der im nächsten Jahr bei Pro Polizei Wetzlar einen Vortrag halten wird.

Irmer machte in seiner Rede im Deutschen Bundestag deutlich, welche Bedeutung Europol hat und verwies auf einige spektakuläre Erfolge in der jüngsten Zeit. So wurde eine Schleuserroute über den Balkan entdeckt und durch die Zusammenarbeit mit Polen und Spanien ein Schleusernetzwerk bei Gibraltar zerschlagen, in Frankreich eine irakische Schleuserbande ausgehoben - und das alles, weil es eine grenzübergreifende Zusammenarbeit gibt.

Europol leistet dabei keine eigene operative Ermittlung, sondern vernetzt die Mitgliedsstaaten mit all den Daten, die von den einzelnen Staaten weitergeleitet werden, so dass sämtliche Daten abrufbar sind, aber eben auch die entsprechenden Querverbindungen. Die Hauptzielsetzung ist der Einsatz im Bereich der Organisierten Kriminalität (OK), illegale Migration, Cyber-Kriminalität, Bekämpfung des Terrorismus, Islamismus, Rauschgift und schwere Kriminalität. Das heißt, die Kernaufgabe von Europol ist die Funktion als Zentralstelle für den Informationsaustausch bei der Analyse und im Bereich innovative Technologien.

Weiterentwicklung

Die Union begrüße den Europol-Verordnungsentwurf der EU-Kommission, der eine Stärkung und den Ausbau der Informationsmöglichkeiten durch Zusammenarbeit mit Drittstaaten und privaten Anbietern vorsehe. Damit werde die Tiefe der Information verstärkt, und durch die Zusammenarbeit mit privaten Anbietern könne man endlich auch deutlich besser im Bereich der Kinderpornographie ermitteln und präventiv werden. Wichtig in diesem Kontext sei auch die rechtliche Sicherstellung und Ausweitung des Datenaustausches, denn sonst könnten erworbene Daten vor Gericht nicht als Beweismittel herangezogen werden.

Da die Datenschutzbestimmungen, so Irmer im Bundestag, europaweit sehr unterschiedlich seien, von dem Bereich Interpol und dem internationalen Bereich ganz abgesehen, müsse es eine entsprechende Harmonisierung geben. Dies sei allein schon eine Herausforderung, aber zwingend notwendig, damit der Datenschutz nicht zu einem Täterschutz mutiere.

Unterstützung für Seehofer

Im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands in der zweiten Jahreshälfte 2020 habe es, so Irmer, eine Grundsatzerklärung zur Zukunft von Europol durch den deutschen Innenminister Horst Seehofer gegeben, die er ausdrücklich begrüße, denn Seehofer habe deutlich gemacht, neben einem klaren Bekenntnis zu Europol, dass es wichtig sei, Europol personell aufzustocken und für die Arbeit deutlich mehr finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Europol habe derzeit etwa 1000 Mitarbeiter und 220 Verbindungsbeamte und ein Budget von 175 Millionen Euro.

Wenn man bedenke, dass die Einnahmen allein aus der Organisierten Kriminalität im Jahr 2019 bei geschätzten 130 Milliarden Euro europaweit gelegen hätten, dann werde deutlich, welche Bedeutung Europol bei der Bekämpfung nicht nur der OK habe. Die Exekutiv-Direktorin von Europol, Catherine De Bolle, habe bei der Vorstellung des aktuellen Berichts über die Bedrohungslage im Bereich der OK Folgendes ausgeführt: „Ich bin besorgt über die Auswirkungen der schweren und Organisierten Kriminalität auf das tägliche Leben der Europäer, das Wachstum unserer Wirtschaft und die Stärke und die Widerstandsfähigkeit unserer staatlichen Institution. Ich bin auch besorgt über das Potenzial dieser Phänomene, die Rechtsstaatlichkeit zu untergraben.“

Zur OK gehörten professionelle Schleusernetzwerke, so De Bolle. Eines habe man aktuell in Südspanien zerschlagen, bestehend aus spanischen und marokkanischen Staatsbürgern, die mit zum Teil gestohlenen Booten durch die Straße von Gibraltar junge Migranten, oft minderjährig, schmuggelten, die ca. 2500 Euro pro Person zu zahlen hatten. In Frankreich habe man aktuell eine Schleuserbande hochgenommen, die rund 10.000 illegale afghanische, iranische, irakische und syrische Asylanten von Frankreich aus via LKW nach Großbritannien geschleust habe, die dafür bis zu 7000 Euro pro Person zahlen mussten. Sorge bereite De Bolle auch die noch nie dagewesene Menge an Kokain, die aus Lateinamerika in die EU geschmuggelt werde. Die Summen, die dort verdient würden, seien so immens hoch, dass dies die Korruption in der gesamten EU anheize.

Aus seiner Sicht, so Irmer, ebenfalls unterstützungsnotwendig die geplante Absicht von Europol, ein Kooperationsabkommen mit Interpol auszuhandeln. Interpol werde im Übrigen geleitet von Generalsekretär Dr. Jürgen Stock, einem Wetzlarer, der an der Goetheschule in den 70er Jahren sein Abitur gemacht habe.

Kurzum, so Irmer abschließend, es müsse Aufgabe aller politisch Verantwortlichen und gerade derjenigen im innenpolitischen Bereich sein, alles zu tun, Kriminellen das Handwerk zu legen. Dazu müsse auch die Zusammenarbeit mit der Justiz intensiviert werden, denn häufig genug sei es zumindest gefühlt so, dass man Verbrechern habhaft werde, diese dann aber oft genug nicht die ganze Strenge des Gesetzes zu spüren bekämen. Unabhängig davon müsse der Staat, und das gelte für alle europäischen Staaten, alles daransetzen, den Ermittlungsbehörden und Sicherheitsorganen alles an die Hand zu geben, was technisch und rechtlich möglich sei. Der gesetzestreue Bürger habe Anspruch darauf. Verbrechen dürften sich nicht lohnen.

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Hans-Jürgen Irmer
Hans-Jürgen Irmer
Herausgeber Wetzlar Kurier

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