„Das Leben ist digital geworden - die Kriminalität auch“

Kriminaloberrat Marcus Brambach, Hauptsachgebietsleiter „Cybercrime“ beim Hessischen Landeskriminalamt in Wiesbaden, gewährte beim Jahresempfang 2017 der Bürgerinitiative Pro Polizei Wetzlar in der „Blattform“ den 200 Gästen aus heimischer Kommunalpolitik, Hilfsorganisationen und Verbänden, der Polizei und natürlich Pro-Polizei-Mitgliedern Einblick in Risiken und Gefahren, die von der Cyber-Kriminalität ausgehen.

Mehr Polizisten - bessere Ausrüstung
Zuvor hatte Hans-Jürgen Irmer, Vorsitzender von Pro Polizei Wetzlar, auf eine aktuelle Umfrage der Zeitung „Die Welt“ hingewiesen, der zufolge 88 Prozent der Deutschen großes oder gar sehr großes Vertrauen in die Polizei hierzulande haben. Und das angesichts von sechs Millionen in Deutschland verübter Straftaten, wovon rund 400.000 auf Hessen entfallen. Nicht nur, aber auch begründet mit der Entwicklung der letzten Monate und Jahre in Deutschland, erneuerte der CDU-Landtagsabgeordnete Irmer seine Forderungen nach mehr Polizisten in Deutschland, einer besseren Bezahlung der Ordnungskräfte, einer optimale Ausrüstung - nicht zuletzt jene zum Eigenschutz - der Beamten, endlich eine stärkere Unterstützung der Polizei durch die Politik, was für Irmer ein klares Bekenntnis zur Vorratsspeicherung und eine verstärkte Videoüberwachung beinhaltet, einen funktionierenden Datenaustausch und somit ein Ende des „Datenschutzes, der zum Täterschutz wird“ und einen „Schutzparagrafen für unsere Polizisten im Strafgesetzbuch“.

Bürgernahe Polizei - polizeinahe Bürger
Es könne nicht sein, dass Polizistinnen und Polizisten in Ausübung ihres Dienstes in erschreckend zunehmendem Maße beschimpft, beleidigt, bespuckt und angegriffen werden. „Die Polizei hält den Kopf für die Bürger hin - und hat folglich das Recht auf den Schutz der eigenen Person.“ Die Bürgerinitiative Pro Polizei Wetzlar, die mittlerweile auf die Zahl von 800 Mitgliedern zugeht, lebt und verkörpert laut Irmer die Unterstützung der Polizei durch die Bürger. „Wir haben eine bürgernahe Polizei - und brauchen deshalb auch eine polizeinahe Bürgerschaft“, so Irmer, der für diese Philosophie ausdrücklich die Unterstützung des Referenten des Jahresempfangs, Marcus Brambach, und auch des neuen mittelhessischen Polizeipräsidenten Bernd Paul quittieren dürfte.

Paul nannte es zudem in seinem Grußwort „empörend“, wie anlässlich der Einsätze in der Silvesternacht mit der Polizei, „die nur getan hat, was sie tun musste“, umgegangen werde. Er sprach von „teils deformierten Weltbildern“ der Kritiker als einem „Ärgernis, das ausgesprochen werden muss“. Die zunehmende Respektlosigkeit und Gewalt gegen die Polizei sei nicht hinnehmbar. „Die Polizei braucht die Unterstützung durch die Bürger“, so Paul, der der BI Pro Polizei Wetzlar - und mittlerweile auch anderenorts - Dank für ihre ideelle und materielle Hilfe aussprach.

Willkommen im Chaos
„Das Leben ist digital geworden - die Kriminalität auch“ begann Kriminaloberrat Brambach seinen „Einblick“ in die Welt der Cyber-Kriminalität, die im Jahr 2013 weltweit einen Schaden von 445 Milliarden Dollar verursacht habe. Und sich „wachsender Beliebtheit erfreut“, da im Netz weitgehend ein unerkanntes Agieren möglich sei. In den gut zwei Jahrzehnten bis 2003 wurde laut Brambach eine Datenmenge von fünf Milliarden Gigabyte (= fünf Millionen Terrabyte) rund um den Erdball geschickt - in der Summe von mehr als 20 Jahren. Alleine in 2011 waren für die gleiche Menge noch 48 Stunden notwendig und 2013 nur noch zehn Minuten. 2016 lag die weltweite Datenmenge bei etwa 1,3 Zettabyte, einer Zahl mit 20 Nullen hinter der 1,3, was wiederum 1,3 Milliarden Terrabyte (oder dem Volumen von 328 Milliarden DVDs) entspricht.

Dieses „Chaos“ verglich Brambach mit dem heutigen Straßenverkehr, wenn in diesem „Fahrer ohne Führerschein mit teilweise unsichtbaren Fahrzeugen ohne Kennzeichen“ machen könnten, was sie wollen. „Das wäre wahrlich ein schönes Chaos - oder: Willkommen im Internet.“ Hier herrsche nämlich genau dieses Chaos. Der Experte vom Landeskriminalamt schilderte an Beispielen die breite Palette von Straftaten und Betrugsmaschen im Netz, bei denen die Täter/Hacker immer raffinierter, perfider und frecher zu Werke gingen. Und Deutschland als Hightech-Zentrum in Europa sei Hauptangriffsziel der Hacker. Mit einem Schaden (in 2013) von 44 Milliarden Euro, was 1,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entspreche.

Erst denken - dann klicken
Unter dem Motto „Vorsicht ist der beste Schutz - Aufpassen! Erst denken und schauen, dann klicken!“ gab Brambach Tipps zum Schutz vor Trojanern und anderen kriminellen Machenschaften im Internet: Immer aktuelle Antivirus-Software auf dem Computer verwenden. Keine Software unbekannter Herkunft installieren. Den PC niemals ohne Firewall mit dem Internet verbinden. „Stärkere“ Passwörter mit mindestens acht Zeichen und Sonderzeichen verwenden. Regelmäßige Sicherungen (durch Spiegeln auf externer Festplatte) erstellen. Passwörter ändern, aber nicht speichern oder weitergeben. Abschließend ließ der Kriminaloberrat wissen, dass sich Hessen in der Bekämpfung der Cyber-Kriminalität, so schwierig dies auch sei, „gut aufgestellt“ sehe. 150 Spezialisten beschäftigten sich schwerpunktmäßig mit der Problematik Netz-Kriminalität, in der jedermann Opfer werden könne.

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