Das Versagen des Lahn-Dill-Kreises bei der Beschaffung
von Luftreinigungsanlagen für Schulen

In einem Beschluss des Kreistages vom Dezember letzten Jahres hatte der Kreistag, ursprünglich auf die Initiative der CDU-Fraktion, die für alle Schulen Luftreinigungssysteme anschaffen wollte, in abgespeckter Form beschlossen, für die Räume Geräte anzuschaffen, die nicht oder nur unzureichend belüftet sind. Wie sich zwischenzeitlich herausgestellt hat, betrifft dies nach Aussage des Kreises 15 Räume von ungefähr 1500 Räumen. Das ist weniger als der Tropfen auf den heißen Stein. Andere Schulträger in Hessen sind in diesen Dingen deutlich weiter. Sie haben vor allen Dingen die Hinweise aus der Wissenschaft ernst genommen, denn es gibt genügend Untersuchungen über die positive Wirkweise unterschiedlicher Modelle.

So hat eine Studie der Goethe-Universität Frankfurt über mobile Luftfilteranlagen mit HEPA-Filtern ergeben, dass es dort einen annähernd kompletten Schutz gibt und dass in 30 Minuten 90 Prozent der Aerosole, die für die Übertragung des Virus verantwortlich sind, beseitigt werden. Das Fraunhofer-Institut hat zu der Wirkweise von UV-C-Licht-Geräten festgestellt, dass eine Virenreduktion von 99 Prozent erfolgt. Unterschiedliche Firmen, die unterschiedliche Modelle anbieten, sind zu ähnlichen Ergebnissen gekommen. Die Bundeswehr-Universität in München ist ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen, dass die sogenannten H13 oder H14-Filter oder aber die sogenannte Plasma-Ionisierung, also das UV-C-Licht, zu den oben beschriebenen Wirkungen kommen und ausgerechnet, dass eine flächendeckende Ausstattung deutschlandweit Kosten von etwa 1,5 Milliarden Euro verursachen würde. Gemessen an den 400 Milliarden Euro Kollateralschäden praktisch nichts. Man hat darauf verwiesen, dass der Einsatz von Luftfiltern besonders auch im Winter dazu beitragen werde, dass weniger Viren übertragen würden und somit weniger Erkältungen auftreten. Die Hochschule Rhein-Main hat die Aerosol-Ausbreitung berechnet. Sie kommt auch zu dem Ergebnis, dass Luftreinigungsanlagen oder Luftabsauganlagen, die an der Decke hängen, sinnvoll seien. Das Max-Planck-Institut in Mainz kommt bezüglich der Luftfilteranlagen zu einem gleichen Ergebnis...

Esch weiß alles besser

Der zuständige Schuldezernent Roland Esch (FWG) meint, es besser zu wissen. Er erklärte im Bauausschuss des Kreistages bereits im Oktober 2020, es gebe keine 100%ige Sicherheit bei Luftfiltern. Dies hat auch niemand behauptet. Die Filterung von 90 Prozent ist jedoch deutlich mehr als nichts. Natürlich ist Stoßlüften immer eine zusätzliche Variante, die aber nur dann taugt, wenn ein Luftaustausch zwischen gegenüberliegenden Fenstern stattfindet - häufig gibt es nur eine Reihe von Fenstern in Schulräumen -, oder bei unterschiedlichen Temperaturen zwischen innen und außen. In der Praxis funktioniert es also nur bedingt.

Der Kreis meinte darauf hinweisen zu müssen, dass die Kosten von 5000 Euro pro Anlage zu hoch seien. Abgesehen davon, dass die Zahl gegriffen ist, stellt sich die Grundsatzfrage, was uns die Gesundheit der Kinder im Lahn-Dill-Kreis wert ist. Es gab entsprechende Förderprogramme, sowohl des Bundes als auch des Landes. Dem Kreis standen Fördergelder in Höhe von zwei Millionen Euro für Schulen zu. Was er damit gemacht hat, möchte die CDU jetzt in einem Sachstandsbericht abfragen. Man könnte theoretisch auch auf die Idee kommen, dass dem Kreis die eigenen Kinder so wichtig sind, dass man zusätzlich auch eigenes Geld in die Hand nimmt, um zu einer entsprechenden Ausstattung zu kommen.

Das alles hätte man aufgrund des Antrages der CDU-Kreistagsfraktion vom November 2020 längst in die Tat umsetzen können. Geschehen ist nichts. Man darf gespannt sein, ob wenigstens die 15 besagten wenig durchlüfteten Räume entsprechend aufgerüstet wurden – 1 Prozent von 1500. SPD, FDP, Grüne und FWG sei Dank.

 

Über den Autor

Hans-Jürgen Irmer
Hans-Jürgen Irmer
Herausgeber Wetzlar Kurier
Aktuelle Ausgabe4/2024