abgeordnetenwatch.de

Zensur oder nicht?

Nach eigenen Angaben ist die Internetplattform abgeordnetenwatch.de eine überparteiliche und institutionell unabhängige Plattform, die die Möglichkeit eröffnet, Abgeordnete verschiedener Parlamente öffentlich zu befragen. Träger ist laut Wikipedia der eingetragene Verein Parlamentwatch. Formal überparteilich, ist abgeordnetenwatch in den Augen vieler politisch Interessierter eine ziemlich linke Nummer, wenn man weiß, dass unter anderem der „Spiegel“, die „Süddeutsche Zeitung“, der „Stern“ oder auch die „Frankfurter Rundschau“ Medienpartner des Projektes sind.

Wie funktioniert das Ganze?

Bürger, und es machen extrem wenige davon Gebrauch, können abgeordnetenwatch Fragen stellen, die sie dann an Abgeordnete mit der Aufforderung zur Beantwortung weiterleiten. Es gibt viele Abgeordnete, die prinzipiell über abgeordnetenwatch eingereichte Frage nicht beantworten. Jeder Abgeordnete ist in seinem Wahlkreis jederzeit präsent und kann von den Bürgern unmittelbar und direkt angeschrieben, befragt oder auch telefoniert erreicht werden im Rahmen von Bürgersprechstunden und anderem mehr. Da braucht es keinen Umweg über abgeordnetenwatch.

Abgeordnetenwatch nimmt für sich in Anspruch, Beiträge, die man von Bürgern als abgeordnetenwatch erhalten hat, freizuschalten, das heißt, an den Abgeordneten weiterzuleiten oder eben nicht. Das ist eine schwierige Gratwanderung, denn einige wenige Redakteure entscheiden darüber - ob sie die entsprechende juristische Ausbildung haben, darf man zumindest in Frage stellen -, ob man gefühlt missliebige Inhalte weitergibt oder sperrt.

Was ist geschehen?

Im konkreten Fall ging es um Frau Heike R., der mitgeteilt wurde, dass man ihr an den Abgeordneten Irmer gerichtetes Schreiben nicht weiterleite, weil dieses Schreiben in die Kategorie „Beiträge, die pauschalisieren, Menschen aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit diskriminieren“ falle. Abgeordnetenwatch wies den Abgeordneten Irmer darauf hin, dass man der Dame mitgeteilt habe, dass ihr Beitrag nicht freigeschaltet werde. Man wolle diesen aber dem Abgeordneten zur Kenntnis geben, wobei sich nicht erschließt, wo die Dame wohnhaft ist.

Ihr Anschreiben lautete wie folgt: „Sehr geehrter Herr Irmer, der Wetzlar-Kurier bezeichnet Sie als Islamexperten (Quelle: https//wetzlar-kurier.de51-islam-experten-warnen-vor-schleichender-islamisierung). Das Weigern anderer EU-Länder zur Aufnahme kann ich angesichts der wachsenden Salafistenszene sehr gut nachvollziehen und nur unterstützen, auch auf die Gefahr hin, dass ich damit reflexartig von einer kleinen, aber lautstarken Minderheit als Rassist oder Nazi denunziert werde. So mein und meiner Bekannten und Freunde Standpunkt.

Auch der Verfassungsschutz bestätigt meine Meinung (Quelle: https//www.verfassungsschutz.de/de/arbeitsfelder/af-islamismus-und-islamistischer-terrorismus/was-ist-islamismus/salafismus-in-deutschland). Wir kritisieren Polen, Ungarn, Tschechien wegen deren Verweigerungshaltung zur Flüchtlingsaufnahme. Wo bleibt unsere ebenso laute und klare Kritik an die reichen Golfstaaten, die ihren Glaubensbrüdern Asyl verweigern. Stehen bei Kanzlerin/Maas geopolitische und wirtschaftliche Interessen über Einforderung von Menschenrechten, wie es bei Russland und Weißrussland ja Usus ist? Herr Irmer, warum tut sich nichts in der Regierung? Es kommen stattdessen immer weitere (auch muslimische) Flüchtlinge, die nicht an die nahe afrikanische Grenze gerettet werden, sondern an die weit entfernte italienische Grenze?? (Quelle: https//de.yahoo.com/nachrichten/sea-watch-rettet-dritten-tag-164330973.html.) Herr Irmer, macht sich die Regierung keine Sorge über eine Zunahme der Salafistenszene und schleichende Islamisierung, die Sie ja analysiert haben? Was konkret und bis wann wird die Bundesregierung da etwas Durchsetzbares verbindlich regeln, warum immer weitere Flüchtlingsaufnahme, wo die Integration doch gescheitert ist (Verweis auf einen Artikel in der „Welt“), gibt es in der Regierung ganz konkrete Pläne, in welchem Zeitraum und wie viel abgelehnte Asylbewerber zurückgeführt werden?“ Soweit der Originaltext des Anschreibens.

Dieses Schreiben habe er, so Irmer, einigen Kollegen in seiner Fraktion ohne vorherige Kommentierung vorgelegt mit der Bitte, ihre jeweilige Meinung dazu zu äußern. Die Aussage war, dass auch nicht ansatzweise etwas in dem Schreiben enthalten ist, was den Vorwurf der Stigmatisierung und Diskriminierung, wie von abgeordnetenwatch behauptet, rechtfertigen würde.

Spätestens hier stellt sich die Frage, was ist in diesem Staat Zensur und was nicht?

Eine gefährliche Entwicklung, wenn einige nicht juristisch und fachlich legitimierte Personen über Inhalte Dritter urteilen und eine Weiterleitung, aus welchen persönlichen Gründen auch immer, verweigern.

Man müsste selbstverständlich nicht darüber diskutieren, wenn zur Gewalt, Gewalttaten, Vernichtung oder anderem aufgerufen worden wäre. Dieser Brief setzt sich kritisch mit der Situation auseinander, und die Dame stellt zu Recht einige Fragen prinzipieller Art, nicht mehr und nicht weniger. Das ist ihr gutes Recht und ist eigentlich integraler Bestandteil der Meinungsfreiheit. Eine sehr ungute Entwicklung in Deutschland.

Über den Autor

Hans-Jürgen Irmer
Hans-Jürgen Irmer
Herausgeber Wetzlar Kurier

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