CDU fordert Umsetzung des ursprünglichen Spilburg-Konzeptes

Bieterabsage für Schulzentrum Wetzlar für Schulen ein Desaster

Vor wenigen Tagen musste die Kreisregierung einräumen, dass ihr Konzept, die Theodor-Heuss- und Käthe-Kollwitz-Schule sowie die Goetheschule am Standort im Bestand zu sanieren, zu renovieren und teilweise umzubauen, gescheitert ist. Es hat keinen Bieter für das auf 75 Millionen Euro gedeckelte Projekt gegeben. Ein solches Großprojekt mit gedeckelten 75 Millionen Euro im Bestand zu sanieren, birgt sehr große Risiken, die offenbar kein Unternehmen eingehen wollte.

Seit 15 Jahren soll die Sanierung in Angriff genommen werden
Nachdem der damalige Schuldezernent Roland Wegricht/SPD seit 2003 den immer wieder eindringlich vorgetragenen Bitten und Anregungen der Schulleitungen der Käthe-Kollwitz- und Theodor-Heuss-Schule nicht nachgekommen war, ergriff die CDU 2009 die Initiative und erreichte an einem „runden Tisch“ mit allen im Kreistag vertretenen Fraktionen unter Einbeziehung von Stadt und TV Wetzlar einen gemeinsamen Antrag für den Neubau des Schulzentrums auf dem Gelände der Spilburg. Dieser interfraktionelle Antrag wurde damals im Kreistag einstimmig (!) angenommen.

Architektenwettbewerb, Fachplaner und Fachausschuss-Sitzungen entschieden sich für zwei Modelle in einer Größenordnung von 100 Millionen bzw. rund 125 Millionen Euro.

Schulzentrum beim Antrag zum „Schutzschirm“ nur vergessen?
2011 entschied sich die Kreisregierung, den „Schutzschirm“, des Landes Hessen in Anspruch zu nehmen, wodurch das Land Hessen für den Lahn-Dill-Kreis 65 Euro Altschulden übernahm. Im Gegenzug musste sich der LDK verpflichten, bis zum Jahr 2020 einen ausgeglichenen Kreis-Haushalt vorzulegen. Das geplante Schulzentrum wurde bei diesem Vertrag offenbar vergessen mit anzumelden.

Ein nachträglich eingereichter Genehmigungsantrag für die Ausgaben des Schulzentrums wurde vom Hessischen Finanzminister abgelehnt, da entsprechende Fristen abgelaufen waren und Ausnahmen in Bezug auf die Voraussetzungen des „Schutzschirms“ grundsätzlich nicht genehmigt wurden.

Im März 2014 beantragten SPD, FWG und Grüne daher eine Abkehr des ursprünglichen Kreistagsbeschlusses mit einer Ausgaben-Deckelung auf 75 Millionen Euro für eine „Sanierung im Bestand“.  CDU und FDP lehnten diesen Antrag ab.

Besser als Nichts
Arbeitsgruppen, unter Einbeziehung der Schulleitungen, stimmten einer abgespeckten Varianten – einer Sanierung im Bestand am jetzigen Standort – für 75 Millionen Euro zu. Eine Variante, die der Kreistag am 1. Dezember 2014 mehrheitlich beschloss.

Die Bitte der CDU-Kreistagsfraktion, die Ursprungsüberlegungen noch einmal aufzugreifen, um mit abgespeckten Bauvarianten dennoch einen Neubau auf dem Spilburggelände zu ermöglichen, wurde abgelehnt.
Das ursprünglich dafür erworbene Gelände auf der Spilburg wurde kurzerhand wieder verkauft.

SPD-Fraktionsvorsitzender David Rauber, Grünen-Fraktionsvorsitzende Thea Garotti, deren Stellvertreterinnen Martina Clement und Carmen Zülsdorf-Gerhard sowie FWG-Vertreterin Christa Lefèvre sahen in dem CDU-Vorschlag Wahlkampfambitionen, zusätzliche Kosten und zeitliche Verzögerungen, die den Schulen nicht mehr zuzumuten seien!

Handlungsbedarf dringend gefordert – nicht gehandelt
Schon 2008 hatte der damalige Schuldezernent Wegricht (SPD) erklärt, dass die Standsicherheit der Goetheschule nur noch bis 2013 gegeben sei und Handlungsbedarf sei unabdingbar. Gehandelt hat er nicht.

Der jetzige Schuldezernent H. Schreiber (Grüne) hatte der Landesregierung schriftlich mitgeteilt, dass die Theodor-Heuss- und Käthe-Kollwitz-Schule „unter gravierendem Raummangel“ leiden würden. Die prekäre Raumsituation, so der Schuldezernent, stelle eine erhebliche Belastung für Schüler und Lehrkräfte dar. Dies sei unzumutbar (!), dauere schon zu lange an und habe negative Folgen. Ständiger Raumwechsel, unterschiedlichste, weit entfernte Lernorte, Springstunden, Ausdehnung des Nachmittagsunterrichts seien üblich.

20 Container für die Theodor-Heuss-Schule sowie sechs für die Käthe-Kollwitz-Schule bedeuteten für Schüler und Lehrkräfte permanente Unruhe und Belastungen. 

Die pädagogischen Möglichkeiten seien durch die räumliche Enge ebenfalls erheblich eingeschränkt.

SPD-Fraktionsvorsitzender Rauber sprach im Kreistag am 31.3.2014 von der „großen Sanierungsnotwendigkeit“, und die Vertreterin der FWG, Lefèvre, wies in der Kreistagssitzung am 1.12.2014 darauf hin, dass die Schulen in einem Zustand seien, der jungen Menschen nicht mehr zugemutet werden könne!

Versäumnisse der Vergangenheit
Versäumnisse – zu wenig in die Bauunterhaltung investiert zu haben – konstatierte nicht nur ein Sachstandsbericht über die Bausubstanz aller Schulgebäude, sondern bereits vor Jahren auch der Landesrechnungshof der SPD/FWG/Grünen-Kreisregierung, die seit Jahren die Verantwortung trägt.

Der Lahn-Dill-Kreis ist außerstande, die Baumaßnahme in Eigenregie durchzuführen
Nachdem der Kreis einräumen musste, keine Bieter gefunden zu haben, weil das Risiko zu groß ist, erklärte Landrat Schuster, dies sei alles kein Problem. Dann würde man dies eben selbst machen. So einfach werden eigene Bedenken und eigene Aussagen vom Tisch gewischt. Schuster ist daran zu erinnern, dass er selbst im Kreisausschuss im August letzten Jahres erklärte, dass bei einer Sanierung im Bestand mehr Unwägbarkeiten vorhanden seien. Die muss er jetzt bei dieser Konzeption selbst tragen. Darüber hinaus erklärte Schuster im Haupt- und Finanzausschuss am 13.5.2015, dass der Lahn-Dill-Kreis für das Projekt, wenn er das alleine umsetzen würde, Personal verstärken müsse, das in der derzeitigen Form durch die Verwaltung nicht gestemmt werden könne. Und er fügte im Bauausschuss am 7.12.2015 hinzu, dass die Baumaßnahme als solche nicht alleine zu stemmen sei, sondern mit externen Bauherren durchgeführt werden müsse. Im Kreistag am 4.7.2016 erklärte er, dass dieses Projekt mit einem Volumen von 75 Millionen Euro noch nicht einmal mit einem eigenen Projektsteurer umgesetzt werden könne.

Auch Schuldezernent Schreiber erklärte im Kreistag am 18.5.2015, dass die Bauabteilung dieses große Projekt nicht zusätzlich stemmen könne. In das gleiche Horn stoßen im Übrigen die Fachleute der Bauabteilung selber, die ausgeführt haben, dass dieses Bauprojekt eine Größenordnung habe, die man mit der eigenen Abteilung nicht stemmen könne (!). Im Übrigen seien Bauarbeiten, wie jetzt am Beispiel der Albert-Schweitzer-Schule, die während der Bauarbeiten in die Kestnerschule umgezogen war, hervorragend, weil man dann ein freies Baufeld habe, ohne auf schulische Belange Rücksicht nehmen zu müssen. Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen.

Schulen: Sanierung im Bestand inakzeptabel
In einem gemeinsamen Schreiben im Jahr 2014 haben die Schulen dem Kreis mitgeteilt, dass eine Sanierung im Bestand völlig inakzeptabel und unrealistisch sei. Eine ehrliche Aussage, die zeitlos richtig ist, denn sechs Jahre Bauen im Bestand ist unter allen denkbaren Aspekten die Höchststrafe. Höchststrafe für die Schulen, für die Schüler, für die Kollegen, aber auch Höchststrafe für bauausführende Firmen, weil die Rücksichtnahmen und Koordinationen unglaublich groß sind.

Zeitverzögerung
Wenn der Kreis jetzt erklärt, dass man davon ausgehe, dass trotzdem im Sommer dieses Jahres der erste Spatenstich erfolgen könne, so ist das als leichtfertig zu bezeichnen, denn der Kreis muss nach eigener Aussage ja jetzt zusätzliches Personal einstellen. Es stellt sich die spannende Frage in Zeiten der guten Baukonjunktur: Woher bekomme ich die Architekten, die Fachleute für ein solches Projekt, die das steuern, denn die Bauabteilung hat ja ohne dieses Projekt ohnehin schon genügend zu tun. Sollen die Neueinzustellenden auf ein Jahr, auf zwei Jahre bestellt werden? Welche Qualifikationen haben sie…? Spannende Fragen, keine Antwort.

Wenn man allerdings den ersten Spatenstich mit dem Umbau der Toilettenanlage definiert, dann kann das möglicherweise sogar realistisch sein. Der Kreis hat auch in der Vergangenheit aus eigenem Verschulden Zeit verloren. Denn nach dem Grundsatzbeschluss im Dezember 2014 mit dem abgespeckten Modell wollte Schuldezernent Schreiber ein Erbbaurechtsmodell in Auftrag geben, um Kosten zu sparen, schneller vorangehen zu können, weniger Ausschreibungen vornehmen zu müssen usw. Dies begründete er damit, dass dies zwei andere Landkreise in Hessen auch schon so gehandhabt hätten. Nun hat man geplant, überlegt, und plötzlich musste man einräumen, dass dieses Modell rechtlich nicht mehr umsetzbar sei, so der Dezernent, weil „inzwischen“ Urteile ergangen seien, die das nicht mehr möglich machen würden.

Falschaussage
In den zuständigen Gremien war das Erstaunen groß. Die CDU hakte nach, um in Erfahrung zu bringen, von wann dieses dann offensichtlich aktuelle Urteil sei. Nachdem mehrmaligem Nachhaken musste der Dezernent dann einräumen, dass die Urteile bereits aus dem Jahr 2009 stammten. Wieder hatte man viele Monate unnütz verstreichen lassen mit Bindung von Arbeitskapazitäten.

Verstoß gegen Leitsätze?
Der Kreis hatte 2015 „Leitsätze zum Management von großen Baumaßnahmen“ verschickt, die von der Konferenz der Präsidenten der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder am 4. und 5.5.2015 in Berlin erstellt worden sind. Nach diesen Leitsätzen ist jeder öffentliche Bauherr verpflichtet, für alle Baumaßnahmen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchzuführen, wonach er vor der Bauplanung die Kosten, die Folgekosten und den Nutzen aller in Frage kommenden Lösungsmöglichkeiten für eine Bedarfsdeckung zu untersuchen hat. Dazu zählen im Übrigen auch die sogenannten Lebenszykluskosten.

Bis jetzt ist nicht bekannt, ob eine solche Untersuchung für dieses aktuelle Projekt im Vergleich zum ursprünglichen Spilburg-Neubauprojekt durchgeführt wurde.

Die CDU hat unter Verweis auf diese Leitzsätze deshalb beantragt, das Projekt Spilburg neu zu überdenken, da nach den Leitsätzen der Bauherr die Wirtschaftlichkeit einer Baumaßnahme erneut zu untersuchen hat, wenn sich wesentliche Rahmenbedingungen für die Fortführung der Baumaßnahme ändern.

Bezogen auf die angesetzten 75 Mio gab es lt. Aussage von Dezernent Schreiber im Haupt- und Finanzausschuss am 13.5.2015 nur eine „Grobskizze“ der Kostenplanung von 69 Millionen Euro – ohne die Kosten für Umzug und Container. Im Kreistag berichtete er am 2.2.2015, dass man jährliche Preissteigerungsraten nicht in Ansatz gebracht habe und für Unvorhergesehenes 10 Prozent der Gesamtkosten veranschlage.

Auf Seite 16 der Leitsätze ist zu lesen: „Pauschale Risikoaufschläge in Kostenermittlungen sind zu unterlassen.“ Und es heißt auf Seite 17 weiter: „Pauschal veranschlagte Mittel für eine ‘Risikovorsorge’ oder ‘für Unvorhergesehenes’ dient lediglich dazu, eine nicht abgeschlossene Bedarfsplanung, eine unzureichende Ermittlung weiterer Planungsgrundlagen oder – bei Umbauten – eine fehlende Bestandsaufnahme oder ähnliches zu kompensieren.“

Bauabschnitte in welchem Zeitplan?
Landrat Schuster hat aktuell angekündigt, dass man im Sommer 2017 mit „Bauabschnitten“ beginnen wird. In den Leitsätzen ist allerdings auch zu lesen, dass der öffentliche Bauherr Mittel für Baumaßnahmen erst dann veranschlagen darf, wenn ein Zeitplan vorliegt. Aus dem Zeitplan muss ersichtlich sein, welchen Zeitraum die gesamte Baumaßnahme von ihrer Planung über die Ausführung und Fertigstellung bis zur Rechnungslegung voraussichtlich beanspruchen wird. Baumaßnahmen, so ebenfalls in den Leitsätzen nachzulesen, „müssen zügig durchgeführt werden“.

Unabhängig von zusätzlich einzustellendem Fachpersonal könnten auch steigende Baupreise ein Problem werden, die im Übrigen nach Aussage des Schuldezernenten nicht bei der Planung berücksichtigt wurden.

CDU-Konzept ist zukunftsweisend
Erneut hat die CDU jetzt im Kreistag den Vorschlag unterbreitet, mit dem jetzigen Grundstückseigentümer in entsprechende Verhandlungen zu treten, um einen Teil des Schulzentrums auf dem Spilburg-Gelände in reduzierter Bauweise neu zu bauen und am bestehenden Standort die benötigten Schulgebäude effektiv zu sanieren. Aus Sicht der CDU ist dies die beste zukunftsfähige, pädagogisch und wirtschaftlich sinnvolle Lösung.

Vorteile liegen auf der Hand

Kosten
Der Kreis hat für die Umsetzung des CDU-Konzepts eine Größenordnung von 94 Millionen Euro ermittelt, die er mantraartig zu seinen gedeckelten 75 Millionen Euro in Relation setzt. Die 75 Millionen werden nicht reichen. Schreiber musste schon im Dezember 2014 einräumen, dass nach „heutigem Stand“ 75 Millionen benötigt werden. Die Unwägbarkeiten, die Preissteigerung hat er völlig ausgeklammert. Wenn man über den Zeitraum der geplanten Baumaßnahme in der Größenordnung von sechs Jahren nur 2,5 Prozent Preissteigerung pro Jahr annimmt, eine sehr realistische, eher unterdurchschnittliche Zahl, hat man schon 15 Prozent mehr. Hinzu kommen die verlorenen Jahre 2015/2016. Nicht eingeschlossen die geplanten 

Umzugs- und Herrichtungskosten der Kestnerschule, die während der Bauphase, da sie leer steht, als Ausweichquartier vermutlich für die Goetheschule dienen soll. Nicht eingeschlossen die Lösung des Parkplatzkonzeptes, der täglich notwendige Shuttle-Betrieb vom Parkplatz Finsterloh bis zur Kestnerschule, weil es dort keine Parkplätze für Schüler gibt. Nicht inbegriffen die notwendigen Aufstellungskosten für Container, ein wegweisendes Parkplatz-/Parkdeckkonzept. Lediglich 1,5 Millionen Euro sind dafür vorgesehen für 300 zusätzliche Stellplätze.

Schlecht gerechnet?
Spannend wird es auch, wenn man sich die Quadratmeterkosten anschaut, die der Kreis heute für die gewünschte Sanierung in der Größenordnung zwischen 1400 und 1900 Euro pro Quadratmeter ansetzt, während man bei der alten Version 2009 noch von 2300 Euro pro Quadratmeter ausging.

CDU-Konzept bietet Vorteile

  1. Die Kosten werden im Endeffekt nicht höher werden als beim jetzigen geplanten Projekt.
  2. Die Käthe-Kollwitz- und Theodor-Heuss-Schule könnten im Bereich der Spilburg in aller Ruhe durchgeplant, durchgebaut werden; Bauzeit ca. zwei Jahre.
  3. Danach könnten die beiden genannten Schulen vom jetzigen Standort dorthin umziehen, wären in neuen Räumen, die alle pädagogischen Möglichkeiten eröffnen, ökonomisch gerechnet sind und ökologisch das umsetzen, was heute sinnvoll ist.
  4. Die Goetheschule könnte in dem dann freien Gesamtkomplex die Räume ohne Stress nutzen, die weiter nutzbar sind, so dass die Baumaßnahmen deutlich weniger Belastungen für die Schule mitbringen.
  5. Die Schulen müssen nicht über sechs Jahre Schmutz, Lärm und Belastungen ertragen.
  6. Die Verkehrserschließung ist unproblematisch möglich und bedeutet eine Entzerrung der Verkehrsströme.
  7. Es wäre genügend Platz für Lehrer- und Schülerparkplätze für die Berufsschüler.
  8. Es gäbe genügend Parkplätze im Bereich der jetzigen Goetheschule, und die objektiv vorhandenen Probleme mit der Anwohnerschaft und dem Zielkonflikt Schwimmbad wären beseitigt.

Fazit:
Es wäre sehr zu wünschen, dass die Kreisregierung und die Kreistagsfraktionen von SPD, FWG und Grünen, wobei abzuwarten bleibt, ob die FDP als neuer Koalitionspartner bei ihrer ursprünglichen Linie bleibt oder sich dem alten Dreier-Bündnis unterordnet, sich überwinden können, einem sinnvollen, zielführenden und wegweisenden Vorschlag der CDU zu folgen, was die CDU ausdrücklich im Interesse der Schulen begrüßen würde, oder ob weiterhin die Devise gilt „Augen zu und durch“ und „Mehrheit ist Wahrheit“.

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Aktuelle Ausgabe07.03.