CDU-Landtagsabgeordneter Hans-Jürgen Irmer:

„Das Landgestüt hat den deutsch-französischen Krieg 1870/71 überstanden – es wird auch die Regierungszeit von Priska Hinz (Grüne) überstehen“

Mit deutlichen Worten kritisierte CDU-Landtagsabgeordneter Hans-Jürgen Irmer, zugleich Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion der CDU Lahn-Dill, die Absicht der hessischen Landwirtschafts- und Umweltministerin Priska Hinz, das Landgestüt in Dillenburg zu schließen. Den Charakter eines Volkes, so Irmer, erkenne man daran, wie es mit der eigenen Geschichte und Kultur umgehe. In Dillenburg gebe es eine rund 400-jährige Reitgeschichte und eine fast 150-jährige Landgestütgeschichte, die man nicht so einfach vom Tisch wischen könne.

Es sei niemandem zu vermitteln, wenn auf der einen Seite berechtigterweise Millionen in die Sanierung der denkmalgeschützten Gebäude investiert würden, wie in den letzten Jahren geschehen, und dann auf der anderen Seite dieses Gestüt geschlossen werden solle. Erfreulich sei, so Irmer, dass Finanzminister Dr. Thomas Schäfer (CDU) mehrfach klar und unmissverständlich signalisiert habe, dass es am Geld nicht (!) liege. Es gehe, so Hinz (Grüne), um das Tierwohl. In einem Schreiben der Ministerin an die Stadt Dillenburg, das er als Abgeordneter von der Ministerin nicht erhalten habe, verweise sie darauf, dass es ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf von 2006 gebe, wonach Pferde täglich einen mehrstündigen freien Auslauf benötigen würden. Und seit 2009 gebe es eine entsprechende Konkretisierung im Tierschutzgesetz.

Spätestens bei dieser Argumentation frage man sich allerdings, wenn man auf ein Tierschutzgesetz abstelle, das bereits acht Jahre alt sei, warum man dann in der Zwischenzeit nichts gemacht habe. Mit anderen Worten, den eiligen Handlungsbedarf gebe es definitiv nicht. Hinz verweise gerne auf die sogenannten Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Danach sollen Pferde täglich kontrolliert, bewegt, also geritten werden, und den Pferden, die in der Führmaschine oder auf dem Laufband gehen, zusätzlich freie Bewegung angeboten werden. Ministerin Hinz interpretiere dies so, dass entsprechende Weideflächen und Koppeln vorhanden sein müssen. Es stelle sich für ihn die Frage, so Irmer, wie das im Winter durchzuführen sei, wenn diese Flächen nicht zur Verfügung stehen. Deshalb habe der Pferdesportverband Hessen und die ihm angeschlossenen Verbände zu Recht darauf hingewiesen, dass das Freilaufen in der Reithalle eine gute Alternative sei, und genau dies geschehe ja auch, so dass der Vorwurf der mangelnden Bewegungsmöglichkeit unzutreffend sei.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) habe kürzlich den Begriff Tierwohl definiert. Dabei gehe es um Gesundheit, Verhalten und Emotionen. Angst, Schmerzen, Stress für die Tiere müssten vermieden werden, so wie es auch das Tierschutzgesetz vorsehe. Dies sei auch völlig korrekt, und niemand bestreite, dass die Pferde in Dillenburg gut gehalten werden, gesund sind und ein normales Verhalten an den Tag legen.

Keinerlei Beanstandungen

Wer immer auch für zwischenzeitliche unterjährige Überprüfungen zuständig sei, ob Ministerium oder in Delegation der Aufgabe das Veterinäramt des Kreises, es habe in den letzten Jahren nicht eine einzige Beanstandung in irgendeiner Form gegeben, so Irmer. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Landgestüt in Dillenburg seien ausgewiesene Profis. Ihnen sei es ein Anliegen, mit Tieren und hier insbesondere mit Pferden artgerecht und liebevoll umzugehen. Zu glauben, dass hier das Tierwohl gefährdet sei, sei ein Angriff auf die Integrität der Mitarbeiter.

Der SPD-Landrat des Kreises habe öffentlich erklärt, dass ihm keinerlei Beschwerden durch das Veterinäramt bekannt seien. Merkwürdig in dem Kontext die Stellungnahme des Kreisbeigeordneten Schreiber (Grüne), der erklärt hat, dass das Veterinäramt des Kreises gar nicht zuständig sei, woraufhin das Ministerium mitteilte, dass sehr wohl der Kreis die Aufsichtspflicht habe. Was denn nun stimme, sollte der grüne Kreisbeigeordnete mit der Ministerin demnächst final klären. Im Übrigen habe er, so Irmer, den Eindruck, dass in Deutschland wieder einmal der Versuch unternommen werde, sich an die Spitze der Bewegung zu setzen. Wenn man bedenke, dass auch die Wiener Hofreitschule in Österreich ohne Koppeln auskomme und Pferde dort gelegentlich auf einen sogenannten Koppelurlaub gehen, dann stelle sich die Frage, ob das aus deutscher Sicht Tierquälerei sei oder nicht. In Dillenburg müsse das möglich sein, was in Wien seit Jahrzehnten ohne Beanstandung möglich sei.

Wenn man möglicherweise konzeptionell und bautechnisch das eine oder andere in Dillenburg noch verändern könne, sei dies in Ordnung. Aber den Untergang der Nation könne er nicht erkennen, so Irmer, wenn man in Ruhe und ohne Ideologie in den nächsten Monaten nach einvernehmlichen Lösungen im Sinne des Landgestüts suche.

Denkmalschutz

Nach der Berichterstattung in der Presse, wonach Teile des Ensembles verkauft und anderweitig wirtschaftlich genutzt werden können, gibt es fachlichen Widerspruch, denn das gesamte (!) Areal ist als Gesamtanlage in die hessische Denkmaltopographie eingetragen. Die im Artikel als „denkmalgeschützt“ eingetragenen Gebäude sind zwar Einzeldenkmäler. Dennoch unterliegt das restliche Gelände als Teil der Gesamtanlage ebenfalls dem Denkmalschutz, so dass der Abriss der südlichen Gebäude, wie im Artikel als Möglichkeit dargestellt, die Reithalle, Stall 3, Stall 4 und Scheune, sowie die Bebauung des Reitplatzes nicht so einfach sind.

Pferdehaltung gefährdet

Nimmt man die Hinz’schen Maßstäbe zur Grundlage weiteren Handelns, werden Pferdesportler künftig erhebliche Probleme erhalten, denn die geforderten Flächen können platzmäßig nicht überall in gleichem Maße angeboten werden. Wobei jeder Fachkundige weiß, dass die vielen Reitvereine genauso wie die Vereine, die den unterschiedlichen Pferdesportverbänden angeschlossen sind, schon aus eigenem Interesse alles daransetzen, ihre Tiere in einem optimalen Zustand zu halten.

Bedeutung für die Region

Neben der Tradition des Pferdesports in Dillenburg und in der Region gibt es natürlich handfeste wirtschaftliche Argumente. Es geht um Arbeitsplätze, es geht um Ausbildungsplätze, um die Attraktivität des Standortes Dillenburg und der Region. Es geht um Fremdenverkehr und Tourismus, um wirtschaftliche Überlegungen und auch um die Kooperation des Gestüts mit Vereinen, mit Schulen. Es geht um tiergestützte Pädagogik und Medizin. Kurzum, viele Argumente sprechen für den Erhalt.

Eine Region wehrt sich

Es sei für ihn sehr beeindruckend, so Irmer, dass es eine Petition gebe, mittlerweile von rund 50.000 Menschen in der Kürze der Zeit unterzeichnet, die sich für den Erhalt einsetzen, und zwar nicht nur aus der unmittelbaren Region, sondern auch darüber hinaus, dass es aktuell geschätzte 7000 oder mehr Unterschriften gebe, die sich für den Erhalt einsetzen, dass die Nachbarschaftsstädte und CDU-Verbände, ob in Herborn, Haiger, Sinn, sich ebenfalls klar für Dillenburg aussprechen und alle anderen sonstigen Konkurrenzgedanken hintenanstellen. Sein Dank gelte auch der besonders aktiven CDU in Dillenburg, aber auch der SPD vor Ort, die sich, ebenso wie die Dillenburger Grünen gegen die Schließung ausgesprochen haben. Er sei, so wie es auch Herborns Stadtverordnetenvorsteher Jörg Michael Müller bei der Demo ausgeführt habe, gegen die Schließung. Dies sei nicht nur ein kulturhistorischer Frevel und geschichtslos. Es sei auch schädlich für Stadt und Region. Daher erteile er entsprechenden Schließungsabsichten aus dem Hause Hinz eine klare und unmissverständliche Absage.

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Aktuelle Ausgabe07.03.