Frauenquote in der CDU?

Überflüssige Debatte zur Unzeit

In einer gemeinsamen Erklärung sprechen sich der Vorsitzende der CDU-Lahn-Dill, Hans-Jürgen Irmer, MdB, die Kreisvorsitzende der Frauenunion Lahn-Dill, Anna-Lena Bender, und der Kreisvorsitzende der Jungen Union, Gabriel Schneider, gemeinsam gegen Überlegungen der Bundesspitze der CDU aus, zeitnah eine verbindliche Frauenquote für die verschiedenen Gremien verbindlich zu machen. Quoten, so die drei Vorsitzenden, seien per se leistungsfeindlich, bezogen auf die Realität der CDU lebensfremd und im Übrigen auch Frauen diskriminierend. Keine Frau habe es nötig, sich über die Quote definieren zu lassen.

Jeder CDU-Kreisverband, dies gelte insbesondere für den Lahn-Dill-Kreis, sei höchst interessiert daran, Frauen ebenso wie junge Menschen für die Kreistagsliste oder Kandidaturen auf den Listen der Stadt- und Gemeindeverbände zu finden. Dies sei schließlich eine Frage des Überlebens, und daher gebe es ein originäres Interesse aller Verantwortlichen, junge Menschen ebenso zu finden wie zusätzlich Frauen. Man benötige, so Irmer, Bender und Schneider, eine gesunde Mischung von Jung und Alt, Frauen und Männern aus unterschiedlichen Berufen und unterschiedlichen Regionen auf einen Kreis bezogen.

Wer heute für die Frauenquote eintrete, der müsse sich fragen lassen, warum es nicht schon längst eine Jugendquote gibt, eine Migrantenquote, eine Lesben- und Schwulenquote, eine Religionsquote… „Für uns“, so die drei Vorsitzenden, „ist die Qualifikation eines Menschen entscheidend, das Geschlecht ist dabei prinzipiell völlig sekundär“. Wenn die amtierende Bundesvorsitzende der CDU, Annegret Kramp-Karrenbauer, öffentlich erkläre, sie sei wegen der Quote da, wo sie sei, spreche das nicht für sie. Das habe sie eigentlich überhaupt nicht nötig. Die geplante Regelung, die auf dem Bundesparteitag der CDU im Dezember noch beschlossen werden muss, sieht vor, dass bei Kreisvorstandswahlen zum 1.1.2021 ein Drittel Frauen sein müssen. zum 1.1.2023 40 Prozent und zum 1.1.2025 50 Prozent. Dies habe mit der Lebenswirklichkeit nichts zu tun, denn die CDU habe auf Bundesebene im Schnitt etwa 26 Prozent Frauenanteil, der ohne jeden Zweifel zu niedrig sei. Jeder Verband sei jedoch bemüht, diesen Anteil im eigenen Interesse zu steigern. Wenn sie aber nicht vorhanden seien, seien sie nicht vorhanden, und deshalb mache es keinen Sinn, per Satzung sicherzustellen, dass ein Viertel der Mitglieder die Hälfte der Ämter erhalte, was im Übrigen auch nicht der innerparteilichen Harmonie diene.

Es bedeute auch einen massiven Eingriff in die Entscheidungsfreiheit abstimmender Parteimitglieder auf Parteitagen. Frauen gelten dann automatisch als gewählt, wenn die Quote nicht erreicht wird. Dies könne dazu führen, dass wegen der Quote Vorstandsplätze freibleiben müssen, weil ansonsten die Quote nicht erfüllt wird. Solche Vorschläge, und dies müsse man kritisch formulieren, kämen offensichtlich nur von Funktionären in der obersten Etage, die mit der Lebenswirklichkeit an der Basis relativ wenig zu tun hätten. Mehr Frauen und junge Leute in der CDU seien ohne jeden Zweifel wünschenswert. Das per Befehl, was Vorstandämter und Mandate angehe, von oben per Satzung dekretieren zu wollen, verstoße gegen demokratische Willensbildungsentscheidungen, so Irmer, Bender und Schneider. Im Übrigen sei gerade die CDU-Lahn-Dill seit Jahren ein Beispiel dafür, dass sowohl junge Leute als auch Frauen gefördert würden. Auf der Kandidatenliste zur Kommunalwahl am 14.März 2021 stünden unter den ersten 30 vorgeschlagenen Kandidaten zehn Frauen und ebenso viele die im JU-Alter seien. Das Ganze ohne Quote!

Die CDU habe im Lahn-Dill-Kreis mit Sibylle Pfeiffer 15 Jahre eine sehr erfolgreiche weibliche Bundestagsabgeordnete gehabt, sie stelle seit fast 15 Jahren mit Elisabeth Müller höchst erfolgreich die Vorsitzende des Kreistages, sie habe mit der Kreisgeschäftsführerin Ulla Landau eine sehr erfolgreiche Kreisgeschäftsführerin zusammen mit ihrem ausschließlich weiblichen Team. Alle seien in der CDU Lahn-Dill damit gut gefahren.

Unabhängig davon stelle sich die Frage, wozu die Debatte jetzt geführt wird. Wir haben in Deutschland im Moment völlig andere Probleme, die es prioritär zu bewältigen gilt. Und es ist den Menschen egal, ob sie von einer Frau oder einem Mann regiert werden. Entscheidend ist die Qualität des Regierungshandelns, und da sind wir in Deutschland mit Angela Merkel an der Spitze und den Ministerpräsidenten durch die Corona-Krise bisher im weltweiten Vergleich sehr gut durchgekommen. Diese Probleme, die noch nicht beendet sind, müssen gelöst werden. Das allein ist entscheidend.

Dass ein höherer Frauenanteil nicht automatisch zu einem besseren Wahlergebnis führt, kann man im Übrigen auch an den konkurrierenden Parteien sehen. Die SPD hat die Quote seit ca. 25 Jahren. Sie dümpelt auf Bundesebene nach wie vor bei 15 Prozent. Im Übrigen erfüllt sie auch im Lahn-Dill-Kreis die Quote nicht - weder an der Spitze des Magistrates der Stadt Wetzlar noch des Kreisausschusses des Lahn-Dill-Kreises: reine Männerdomänen. Hier hätten gerade Sozialdemokraten oder auch Grüne durch die Auswahl ihrer Dezernenten beweisen können, dass ihnen Frauenförderung am Herzen liegt. Sie haben es nicht gemacht. Es gibt ausschließlich männliche grüne Hauptamtliche. Spätestens hieran merkt man, dass diese Debatte an der Lebenswirklichkeit völlig vorbeigeht.

„Wir drei“, so Bender, Schneider und Irmer abschließend, „werden uns auf allen Ebenen dafür einsetzen, dass diese Quote keine Realität wird“.

Über den Autor

Anna-Lena Bender
Anna-Lena Bender
Stellvertretende Kreisvorsitzende CDU Lahn-Dill

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Aktuelle Ausgabe05.12.