Einzig richtige Entscheidung

Thüringisches Paritätsgesetz ist verfassungswidrig

Im letzten Jahr beschloss der Thüringer Landtag mit den Stimmen von SPD, Grünen und SED/Linkspartei das sogenannte „Paritätsgesetz“, das den Parteien zwingend vorschreibt, ihre Kandidatenlisten abwechselnd mit Männern und Frauen zu besetzen. Dagegen stimmten CDU und AfD, letztere hatte dagegen eine Verfassungsklage eingereicht. Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat vor wenigen Tagen entschieden, dass das rot-rot-grüne Gesetz nicht der Verfassung entspricht. „Ein Urteil“, so der heimische CDU-Bundestagsabgeordnete Hans-Jürgen Irmer, „das aus meiner Sicht, auch als Kreisvorsitzender der CDU Lahn-Dill richtig ist, weil es das Recht der Parteien einschränkt, selbst über die Bewerber zu bestimmen.“

Nach Auffassung des Gerichtes beeinträchtigt das Gesetz die Freiheit und Gleichheit der Wahl sowie die Rechte der Parteien auf Betätigungsfreiheit, Programmfreiheit und Chancengleichheit. Parteimitgliedern sei es danach nicht mehr möglich, einen Bewerber für einen bestimmten Listenplatz unabhängig von seinem Geschlecht zu wählen. Dem Parteimitglied wird damit die Freiheit genommen, sich selbst zu entscheiden. Darüber hinaus zwinge das Paritätsgesetz die Parteien, im Reißverschlusssystem abwechselnd Mann und Frau vorzuschlagen, so dass nicht mehr die Freiheit gegeben ist, sich auf einen bestimmten Listenplatz zu bewerben. Darüber hinaus erklärte der Gerichtshof, dass die Gleichheit der Wahl dadurch verletzt werde, dass jede Stimme den gleichen Wert haben müsse, so wie es derzeit der Fall sei.

Das Paritätsgesetz à la Rot-Rot-Grün habe jedoch bestimmt, dass Wahllisten zurückzuweisen sind, wenn sie nicht paritätisch besetzt sind, oder dass Listenplätze frei bleiben müssen, wenn sich nicht genügend dem Paritätsprinzip entsprechende Bewerber finden. Das Ergebnis sei, dass beispielsweise bei einem Wahlerfolg Abgeordnetenplätze im Landtag frei bleiben müssen, so dass der Wählerwille nicht abgebildet werden kann. Darüber hinaus erklärte das Gericht, dass Parteien frei sein müssen, das Personal zu bestimmen, mit dem sie zu einer Wahl antreten wollen.

„Die gleiche Argumentation“, so Irmer, „gilt im Übrigen auch für die von der Bundesvorsitzenden der CDU vorgeschlagene Frauenquote, die ich deshalb genauso ablehne, weil sie einen Eingriff darstellt in die Personalhoheit eines Kreisverbandes.“ Die Absicht von Rot-Rot-Grün, dass die gesellschaftlich-sozialen Verhältnisse im Parlament widergespiegelt werden müssten durch das Paritätsgesetz, sei, so der Verfassungsgerichtshof, dem Verfassungsrecht „fremd“. Jeder Abgeordnete, egal welchen Geschlechtes, vertritt grundsätzlich das ganze Volk und nicht irgendeine spezifische Gruppe. Im Parlament, so die Verfassungsrichter abschließend, schlage sich zudem der politische Wille des Volkes nieder und nicht dessen soziologische Zusammensetzung.

„Wenn man“, so Irmer, „das thüringische Paritätsgesetz konsequent durchdekliniert, müsste man irgendwann zu dem Ergebnis kommen, wir bräuchten künftig im Parlament 25 Prozent Ausländer, 5 Prozent Muslime, 0,1 Prozent Diverse… Man merkt spätestens an dieser Aufzählung, wie problematisch es ist, wenn man meint, ein Paritätsgesetz damit begründen zu müssen, dass sich im Parlament die gesellschaftlich-sozialen Verhältnisse des Landes widerspiegeln sollen.“

Nein, darum geht es nicht. Es geht um die politische Ausrichtung des Parlamentes und die unterschiedlichen Inhalte, die Parteien vertreten. Wichtig ist vielmehr auch, dass wir uns mit der Frage beschäftigen, warum beispielsweise so viel weniger Frauen sich in Parteien engagieren und hier etwaige Hürden abbauen. Es geht um Inhalte und um politische Grundsätze und Grundüberzeugungen. Wer diese innerhalb einer Partei vertritt oder vertreten soll, muss jede Partei für sich individuell entscheiden.

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Hans-Jürgen Irmer
Hans-Jürgen Irmer
Herausgeber Wetzlar Kurier

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Aktuelle Ausgabe07.03.