Die kommunalpolitische Lage in Siegbach hat sich verbessert: von "chaotisch" zu nur noch "problematisch" –

Selbstheilungskräfte in Form einer Bürgerinitiative wirken.

Auf dem Weg zur weiteren Gesundung
richten sinnlose Querschüsse nur unnötigen Schaden an

Mit dem Wort "Chaos" ist wohl treffend beschrieben, was die politisch-parlamentarische Situation in Siegbach, der mit 2500 Einwohnern kleinsten der 23 Kommunen des Lahn-Dill-Kreises, über den Zeitraum einiger Jahre hinweg betrifft. Besser gesagt betraf, denn seit einigen Monaten versucht mit Eckehard Förster ein "staatsbeauftragter" Bürgermeister, den gordischen Siegbacher Knoten wenn nicht zu durchschlagen, so doch zumindest zu entwirren.

"Knackpunkte" in Siegbach sind die Langzeiterkrankung von Bürgermeister Berndt Happel, ein durch Rücktritte praktisch nicht handlungsfähiger Gemeindevorstand, ein noch immer nicht vorliegender Haushalt für das laufende Jahr, fehlende Haushaltsabschlüsse für die Jahre 2018 und 2019, ein lange Zeit völlig inakzeptablen Umgangs gewählter kommunaler Funktionsträger mit den sich angesichts der dramatischen Lage zunehmend engagierenden und "von außen einmischenden" Bürgern (der BI), dringliche Aufgaben in der Gemeinde, die nicht angegangen wurden, bis hin zu der grundsätzlichen Frage, ob die mit Abstand kleinste Kreisgemeinde unter den gegeben Umständen und angesichts ungewisser Zukunftsperspektiven überhaupt als selbständige Einheit weiterexistieren kann.

Seit dem erneuten und den besonderen Umständen geschuldeten Amtsantritt des ehemaligen Siegbacher Bürgermeisters Eckehard Förster (1998-2010) hat sich die chaotische, mit Lähmungserscheinungen verbundene Lage binnen vier Monaten wieder in eine allerdings noch immer problematische, insoweit jedoch positivere Richtung entwickelt, als unter Führung von Förster zielgerichtet an einer für alle Beteiligten akzeptablen Problemlösung gearbeitet wird. Sacharbeit bestimmt wieder das Agieren der Gremien. Land scheint in Sicht. Das erkennt, anerkennt und unterstützt die Gemeindevertretung ebenso wie die Bürgerinitiative, in der sich viele Siegbacher zusammengeschlossen haben, um als "Basisdemokraten" ihren Teil beizutragen.

In dieser "BI Siegbach" haben sich Bürger zusammengetan, "die aus Sorge um ihre Gemeinde ihre Freizeit opfern und sich ehrenamtlich engagieren". Allerdings wurde die BI in ihrem Bemühen, sich für Siegbach einzusetzen, von behördlicher Seite nicht unterstützt. Im Gegenteil. Sowohl der Landrat des Lahn-Dill-Kreises als auch die Siegbacher SPD-Fraktion verweigerten jegliches Gespräch. Letztere, so die BI. "wegen ihrer Allmacht im Parlament" und der Landrat unter Hinweis auf "schwebende Verfahren".

Schon wieder Strack-Schmalor (SPD)

Der BI stellt sich die Frage, ob Kritiker, die sich angesichts einer mehr als verfahrenen Situation öffentlich engagieren und agieren, lediglich als "ungern gesehene Zeitgenossen" eingestuft werden, die eine angebliche bestehende Harmonie stören? Da die Bürgerinitiative von der Kommunalaufsicht des Lahn-Dill-Kreises - Leitung Reinhard Strack-Schmalor - nicht nur keine Unterstützung, sondern dazu noch heftigen Gegenwind zu spüren bekam, wandten sich die Bürger angesichts eines von ihr empfundenen "enormen Handlungsdrucks" auch an die Aufsicht beim Regierungspräsidium und an das Innenministerium.

In einer schriftlichen (Presse-)Mitteilung der Lahn-Dill-Kommunalaufsicht vom 20. Februar musste sich die BI-Mitglieder sozusagen von Amts wegen als "unsachlich agierende Bürger" verunglimpfen lassen. Zitat aus der vom Leiter Strack-Schmalor zu verantwortenden Pressemitteilung: "Parallel sahen sich die Gremien der Gemeinde (Siegbach) und die Aufsicht beim Landrat des Lahn-Dill-Kreises mit vielfältigen, nur teilweise sachlichen Beschwerden, Angriffen und teilweise unzutreffenden Vorwürfen einer neu gegründeten Bürgerinitiative in Siegbach konfrontiert."

"Bürgerverunglimpfung von staatlicher Seite", nennen dies zahlreiche Mitglieder der BI, die sich verwundert die Augen reiben. "Wie kann es möglich sein, dass durch ein staatliches Organ die Bedenken von mündigen Bürgern mit Füßen getreten werden. Bürger, die Verantwortung übernommen, ihre Freizeit geopfert haben und die nur das Beste für die Gemeinde herbeiführen wollen", heißt es aus dem aktiven Teil der BI Siegbach dazu. Um zugleich zu kritisieren, dass Reinhard Strack-Schmalohr für seine in der Presseerklärung genannten "Ungeheuerlichkeiten" keinerlei Begründungen und Belegstellen mitgeliefert hat. "Das ist bezeichnend."

Die Bürgerinitiative Siegbach nimmt dagegen für sich in Anspruch, mit ihrer Arbeit maßgeblich dazu beigetragen zu haben, "dass offensichtliche Missstände in Siegbach aufgedeckt und unsinnige Beschlüsse revidiert" wurden. Damit sei Schaden von der Gemeinde und den Bürgen abgewendet worden. Personelle Veränderungen wie die Rücktritte verschiedener SPD-Mandatsträger und die Abwahl des Bürgermeisters Happel durch einstimmigen Beschluss des Gemeindeparlaments seien äußere Zeichen der eingetretenen positiven Veränderungen. Diese Veränderungen seien auf der Basis von Fakten, die von der BI klar benannt und angeprangert wurden, in die Wege geleitet worden. Die BI spricht im Blick auf ihre Aktivitäten von "gelebter Demokratie", auch wenn diese Arbeit innerhalb der kleinen Kommune, jedoch außerhalb der Institutionen und Fraktionen, ein "steiniger Weg" seien, wenn auch, und das sei das Positive, letztlich erfolgreich.

Auch ein Schreiben des CDU-Landtagsabgeordneten Michael Müller (Herborn) an den Landrat, indem sich "aus seiner Sicht der Dinge" die Kommunalaufsicht auf die innerdienstlichen Aufgabenwahrnehmung zu beschränken habe, blieb unbeantwortet. Es stehe der Kommunalaufsicht nicht zu, politische Prozesse oder Äußerungen über eine Bürgerinitiative öffentlichkeitswirksam zu beurteilen, so Müller.

Und dann kam der Artikel in der heimischen Tageszeitung vom 25. Mai, in dem "LDK-Bürgermeister" den Umgang mit ihrem Siegbacher Amtskollegen (Berndt Happel) kritisieren. Diese Veröffentlichung erfolgte zu einem Zeitpunkt, als der staatsbeauftragte Bürgermeister Förster im Amt und die - nicht zuletzt von der BI geforderten - grundlegenden in Politik und Verwaltung der Gemeinde Siegbach bereits auf den Weg gebracht oder schon umgesetzt waren - und erfreulicherweise Sacharbeit die Sitzungen bestimmte.

Für ein derartiges Statement gab es nach Überzeugung der BI keinen ungünstigeren Zeitpunkt - und auch keinen wirklichen Grund. Zugleich kam die Frage und keimte der Verdacht auf, wer wohl ein Interesse daran haben könnte, in eine sich beruhigenden Situation hinein erneut Unruhe zu stiften? Und wiederum wurde die Bürgerinitiative unter Verwendung angeblicher Fakten kritisiert, die jedoch, wie zum Beispiel in einem Leserbrief geschehen, leicht und begründet widerlegt werden konnten.

Eigentlich, so die BI, sollte man erwarten können, dass Bürgermeister in der Lage sind, Fakten zu überprüfen. Und zwar bevor man mit Behauptungen an die Öffentlichkeit geht. Auf An- und Rückfrage der BI bestätigten denn auch einige der unterzeichnenden Bürgermeister, dass eine solche Faktenprüfung nicht erfolgt sei. Man habe sich auf Richtigkeit dessen verlassen, was ihnen zur Unterschrift vorgelegt worden sei. Eine Überprüfung wäre auch mit gewissen Schwierigkeiten verbunden gewesen, gibt es doch - wie eingangs erwähnt - weder einen Gemeindehaushalt für das Jahr 2020 noch Abschlüsse für die Jahre 2018 und 2019. Nebenbei sei bemerkt, dass der staatsbeauftragte Siegbacher Bürgermeister Eckehard Förster nicht zu den Unterzeichnern eines öffentlichen Aufrufs gegen den angeblich kritikwürdigen Umgang mit dem langzeiterkrankten Bürgermeister Happel gehörte.

Bürgermeister, so die BI, fordern zu Recht Respekt für das Amt und für ihre Person. Das sei aber keine Einbahnstraße. Einwohner einer Gemeinde hätten das Recht, vielleicht sogar die Pflicht, sich kritisch mit den Entscheidungen der gewählten Mandatsträger, aber speziell auch mit der Arbeit des Bürgermeisters auseinanderzusetzen. "Noch haben wir eine Demokratie, die kritische Stimmen aushalten muss", so die BI. Deren Wunsch, dass der Chef der Kommunalaufsicht beim Lahn-Dill-Kreis, Reinhard Strack-Schmalor, die nach ihrer Überzeugung ungerechtfertigten, öffentlich und schriftlich geäußerten Vorwürfe zurücknehmen werde wohl, da sind die in der BI zum Wohle ihrer Heimatgemeinde Engagierten eigentlich recht sicher, Wunschdenken bleiben.

Über den Autor

Franz Ewert

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