DITIB erteilt keinen islamischen Religionsunterricht mehr
… und Irmer hatte doch recht!

Vor wenigen Tagen hat Hessens Kultusminister Professor Dr. Alexander Lorz mitgeteilt, dass die Zusammenarbeit mit dem islamischen Moscheeverband DITIB zum Schuljahresbeginn 2020/21 beendet wird. Zur Begründung führte Lorz an, dass die DITIB der türkischen Religionsbehörde Diyanet de facto unterstehe und dass der Hessische Landesverband nicht über ein „Minimum an institutioneller Unabhängigkeit“ verfüge. Diese sei notwendig, um die Aufgabe als Religionsgemeinschaft erfüllen zu können.

Dieses Ergebnis war bereits vor neun Jahren zu prognostizieren gewesen, denn nur wer die Augen vor der Lebenswirklichkeit verschließt, kann glauben, dass die DITIB unabhängig von Ankara ist. Sie war es nie und sie wird es auch so lange nicht sein, so lange sie der türkischen Religionsbehörde Diyanet und damit dem türkischen Staat unterstellt ist. Der türkische Staat zahlt ca. 1100 Imame, die an den rund 900 DITIB-Moscheen in Deutschland ihren Dienst versehen, die im Übrigen von Ankara in der Regel auch das Freitagsgebet thematisch vorgegeben bekommen und die Richtung. Die Diyanetvertreter sind automatisch im DITIB-Bundesvorstand vertreten und diese gesamte Vereinsstruktur ist hierarchisch aufgebaut. Individuelle Sonderwege sind schlicht nicht möglich. Das war 2012 und die Jahre davor so. Dies ist aktuell der Fall, und es wird auch in Zukunft so sein.

Zur Vorgeschichte:

In den Koalitionsvereinbarungen von CDU und FDP für die Landtagsperiode 2009 bis 2013 hatte man vereinbart, die Einführung bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterrichtes zu prüfen, wenn es geeignete Ansprechpartner gebe. Dieser Passus war auf Verlangen der FDP seinerzeit eingefügt worden, nicht zur Freude der CDU. Es waren denn auch die FDP-Minister Hahn (Justiz) und Henzler (Kultus) – später Beer (FDP), die meinten, diesen Religionsunterricht puschen zu müssen. Es wurden Gutachten in Auftrag gegeben, von denen Insider davon ausgingen, dass es keine Überraschung wäre, wenn diese sich für die DITIB und die Ahmadiyya-Gemeinde, die im Übrigen genauso problematisch ist, aussprechen würden. So kam es, wie es kommen musste. Die Gutachten empfahlen die Einführung.

Warum Irmer recht hatte

Einer der wenigen, der in der CDU-Landtagsfraktion öffentlich dagegen Stellung bezog, war der seinerzeitige bildungspolitische Sprecher Hans-Jürgen Irmer, zugleich auch stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Landtagsfraktion von Hessen. Er erklärte in Kurzform, dass die DITIB der verlängerte Arm der türkischen Religionsbehörde Diyanet ist, die vom türkischen Staat, Präsident Erdogan, auf Linie getrimmt ist, keine eigene Entscheidungsmöglichkeit hat, finanziell abhängig ist und einen reaktionären Kurs verfolgt mit strenger Auslegung des Koran. Ein Koran, der keine Unabhängigkeit von Staat und Religion kennt, im Gegenteil: Alles andere hat sich der Religion, dem Koran, unterzuordnen, also auch staatliche Entscheidungen. Ein Koran, in dem der Abfall vom Islam mit dem Tode bestraft wird. Ein Koran, in dem es keine Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen gibt. Ein Koran, der zur Vernichtung und Unterdrückung der Ungläubigen auffordert. Ein muslimischer Verband, der diese Inhalte predige, sei deshalb völlig ungeeignet, so die damalige Argumentation.

Die Ausländerbeiräte bezeichneten Irmers Kritik als islamophob. Die Linken erklärten, das sei eine Hasstirade gegen Muslime. Die FDP erklärte, das sei eine Einzelmeinung, wobei sinnigerweise der Arbeitskreis Religion der hessischen FDP im Vorfeld zu exakt der gleichen Bewertung gekommen war wie Irmer. Die SPD verlangte damals eine Entschuldigung Irmers bei der DITIB und forderte die CDU auf, ihn für die nächste Landtagswahl nicht mehr aufzustellen. Auch die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau kritisierte Irmer.

Entschuldigung bei Irmer wäre angebracht

Gerade SPD und Grüne, die seinerzeit Irmer besonders heftig attackiert hatten, wären heute aufgefordert, sich bei ihm zu entschuldigen. Er trat damals im Übrigen von sich aus als bildungspolitischer Sprecher mit der Begründung zurück, dass er nicht bereit sei, im Hessischen Landtag für die Einführung des bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterrichts einzutreten, weil er diesen für grundfalsch halte. Dieser trage nicht zur Integration, sondern zur Segregation bei. Wenn man heute den Lehrplan anschaut, so wird deutlich, dass dieser eine einzige Lobpreisung auf den Propheten Mohammed, seine guten Werke und Taten ist, und dass nicht ansatzweise eine Reflektion erfolgt, denn es hat zwei Seiten Mohammeds gegeben: eine friedfertige und eine kriegerische. Und es hat keinerlei Reflektion darüber gegeben, wie eigentlich die rund 200 Suren und Verse heute zu interpretieren sind, die zum Kampf gegen die Ungläubigen aufrufen.

Als jemand, der seit 40 Jahren gemeinsam mit Hans-Jürgen Irmer den politischen Weg beschreitet, freut es mich persönlich, dass er spät, aber nicht zu spät, eine solche nachträgliche Rechtfertigung seines damaligen Rückzuges erhalten hat.

Islamkunde

Wenn heute der Kultusminister Islamkundeunterricht in eigener Verantwortung ausbauen will, so macht er genau das, was damals bereits Irmer als bildungspolitischer Sprecher öffentlich gefordert hat: eine neutrale Vermittlung von Zahlen, Daten und Fakten über den Islam als Weltreligion ohne Missionierung. Wermutstropfen ist allerdings der Hinweis des Landes, dass man die in Kooperation mit der DITIB eingesetzten Lehrer fortbilden wolle. Das zeigt einmal mehr ein gewisses Maß an Naivität, denn Lehrer, die von der DITIB eingesetzt werden, verfolgen logischerweise die Position der DITIB. Sonst wären sie nie eingesetzt worden. Darüber sollte die Regierung noch einmal nachdenken.

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Dieter Steinruck
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