"Wort zum Sonntag" II

Keine Kritik von Bedford-Strohm

Dass der Landesbischof und Vorsitzende der EKD, Dr. Bedford-Strohm, auf sein Schreiben geantwortet habe, sei positiv zu würdigen, so Hans-Jürgen Irmer. Gleichwohl könne der Inhalt der Antwort auch nicht ansatzweise zufriedenstellen. Wenn die EKD erkläre, dass die Pastorin den Satz „Die Parlamente stürmen“ nicht in diesem Sinne verstanden wissen wollte, sondern im Sinne von „die Parlamente zu bestürmen“, dann benötige man schon eine große Portion Kreativität, um dies erkennen zu können.

Wenn die Pastorin, so wie es Bedford-Strohm in seinem Schreiben ausführt, auf das millionenfache Leiden von Frauen, Männern und Kindern in Flüchtlingssituationen hinweisen wollte, dann, so Irmer, hätte man dies auch deutlich anders formulieren können, um Missverständnisse von vorneherein auszuschließen. Nach Ansicht von Bedford-Strohm habe Frau Behnken weder Waffen noch Gewalt genannt oder gemeint, sondern das empathische Eintreten für Menschen, die an der Grenze Europas alleine gelassen würden in Kälte, Not und Hunger, von Wasserwerfern zurückgedrängt um ihr Leben bangen, weil sich die Länder der europäischen Union schon nicht untereinander und schon gar nicht mit der Türkei einigen können.

Die Pastorin habe in ihrem „Wort zum Sonntag“ lediglich zugespitzt und zur Diskussion angeregt. Dies sei für ihn, so Bedford-Strohm, nicht kritikwürdig. Auf den Hinweis, dass nach Aussage der Pastorin in den Parlamenten Neofaschisten sitzen, antwortete er lapidar, dass nicht alle diejenigen, die demokratisch gewählt worden seien, automatisch alle Demokraten seien. Letzteres ist sicherlich richtig. Ob er neben der NPD auch die SED/Linkspartei meint, entzieht sich unserer Kenntnis. Unabhängig davon ist die Formulierung der Pastorin eine völlig andere. Eine Dame mit diesem Intellekt sollte in der Lage sein, unmissverständlich zu formulieren.

Gesinnungsethische, aber nicht verantwortungsethische Position der EKD

In diesem Kontext kritisiert Irmer die grundsätzliche Position der EKD zur sogenannten Flüchtlingsfrage. Die EKD fordere völlig undifferenziert dazu auf, de facto alle Flüchtlinge an allen möglichen Grenzen unter humanitären Aspekten aufzunehmen. Gesinnungsethisch kann man da schwer widersprechen. Wer wollte nicht Menschen in Not helfen? Verantwortungsethisch sieht das allerdings anders aus, denn diejenigen, die politische Verantwortung tragen, müssen auch die Folgen einer solch ungezügelten Aufnahme auf das eigene Staatsvolk, auf die Finanzsituation, auf die Integrationsfähigkeit… berücksichtigen und können es sich nicht so leicht machen wie die EKD.

Es wäre zu wünschen, wenn die EKD zu einer etwas differenzierteren Grundposition zurückfinden würde, um auch einmal kritisch zu hinterfragen, wieso denn Menschen an Grenzen anklopfen, denn die allermeisten davon kommen nicht aus Asylgründen heraus, sondern aus reinen wirtschaftlichen Erwägungen. Das ist menschlich zu verstehen, aber kein Asylgrund. Im Übrigen hat diese sehr einseitige Betrachtungsweise in der Vergangenheit dazu geführt, dass viele Menschen aus der evangelischen genauso wie aus der katholischen Kirche ausgetreten sind, weil sie die einseitige Parteinahme und Politisierung bestimmter Kirchenfürsten nicht mehr gutheißen können.

Über den Autor

Hans-Jürgen Irmer
Hans-Jürgen Irmer
Herausgeber Wetzlar Kurier
Aktuelle Ausgabe4/2024