Die Idylle trügt - und der CDU-Gemeindeverband bezieht Stellung:

Wie geht es weiter in der l(i)ebenswerten Gemeinde Siegbach?

In der Gemeinde Siegbach geht es kommunalpolitisch augenscheinlich drunter und drüber. Einhergehend - was zumindest, aber nicht nur, die kommunalpolitisch Handelnden betrifft - mit vielfach zerrütteten zwischenmenschlichen Verhältnissen und Beziehungen. Das alles hat natürlich seine Geschichte. Nichts geschieht "aus heiterem Himmel". Es gibt Langzeitkranke, darunter der Bürgermeister Berndt Happel, der als "Unabhängiger" ins Amt gewählt wurde, aber bekanntlich ein SPD-Parteibuch besitzt. Mittlerweile sind Mitglieder des Gemeindevorstandes sowie der Gemeindevertretung, allesamt der SPD angehörend, von ihren Ämtern und Aufgaben zurückgetreten. Der Gemeindevorstand ist praktisch nicht mehr handlungsfähig, tritt auch nicht mehr regelmäßig, wie eigentlich vorgeschrieben und erforderlich, zusammen, die Gemeindevertretung ist geschrumpft, Nachrücker aus der SPD gibt es - noch - nicht.

Unter anderem mit der Folge, dass die in Siegbach traditionell starke SPD ihre absolute Mehrheit verloren hat. Arbeiten und Aufgaben, die eigentlich zu erledigen wären, dringlich sogar, zum Beispiel in Bezug auf das DGH Eisemroth, darüber hinaus aber noch vieles andere mehr, bleiben liegen. Einen kommunalen Haushalt für das Jahr 2020 gibt es nicht. Die Verwaltung, in der nur noch 2500 Einwohner zählenden kleinsten Lahn-Dill-Gemeinde ohnehin überschaubar und zudem personell ebenfalls geschwächt, steht vor kaum zu bewältigenden Herausforderungen.

Mittlerweile hat sich eine Bürgerinitiative Siegbach gegründet, die dem ganzen "Treiben" nicht mehr tatenlos zuschauen und durch ihr Engagement mit dazu beitragen will, die Verhältnisse in der Gemeinde mit ihren fünf Ortsteilen Eisemroth, Oberndorf, Übernthal, Tringenstein und Wallenfels wieder zu normalisieren. Ihre Versuche, mit Gemeindevorstand und Fraktionen in Kontakt zu treten, um im Gespräch nach Lösungen zu suchen, wurden vom 1. Beigeordneten, der den erkrankten Bürgermeister vertrat, ebenso abgesagt wie von der SPD-Fraktion. Mehr noch, die Bürgerinitiative geriet "unter Beschuss" und wurde abwertend und geringschätzig behandelt. So bezeichnete ein Mitglied des Gemeindevorstandes ein von der BI veranstaltetes und von 300 Siegbachern besuchtes Bürgerforum verächtlich als "Dummkopfveranstaltung". Die Welt in Siegbach ist nicht mehr heil.

Kommunalaufsicht eingeschaltet

Letztlich - und endlich - rief die völlig verfahrene Situation in Siegbach, über die die Bürgerschaft aus dem Rathaus nicht informiert wurde und wird, die Kommunalaufsicht beim Lahn-Dill-Kreis und auch beim Regierungspräsidenten in Gießen auf den Plan. Auch die Bürgerinitiative hatte sich schriftlich an die Kommunalaufsicht beim Lahn-Dill-Kreis gewandt. Allerdings musste die BI in einer vom Lahn-Dill-Kreis herausgegebenen öffentlichen Information (Nr. 033/2020 vom 20. Februar 2020) lesen, dass ihre im Blick auf die Lage in Siegbach vorgebrachten Argumente dergestalt "kommentiert" wurden, dass sich die Aufsicht beim Lahn-Dill-Kreis und die Gremien der Gemeinde "mit vielfältigen, nur teilweise sachlichen Beschwerden, Angriffen und teilweise unzutreffenden Vorwürfen einer neu gegründeten Bürgerinitiative in Siegbach konfrontiert" sahen.

Diese Vorwürfe weist die BI nicht nur entschieden zurück, sondern beklagt auch eine unzulässige politische und wertende Beurteilung ihrer Anliegen durch die Kommunalaufsicht. Diesen Umstand nahm der CDU-Landtagsabgeordnete Jörg Michael Müller am 21. Februar zum Anlass, in einem Schreiben an den Landrat des Lahn-Dill-Kreises in dessen Eigenschaft als Chef der Kommunalaufsicht darauf hinzuweisen, dass der Kommunalaufsicht als staatlicher Aufsichtsbehörde "eine Öffentlichkeitswahrnehmung gleich welcher Art, insbesondere eine Beurteilung eines politischen Prozessen, hier insbesondere von Äußerungen einer Bürgerinitiative, nicht zusteht". Müller führt gegen diesen Vorgang ausdrücklich Beschwerde und ersucht den Landrat und die Kommunalaufsicht (Leiter Reinhard Strack-Schmalor) um entsprechende Richtigstellungen "und darüber hinaus dafür Sorge zu tragen, dass die Kommunalaufsicht ausschließlich den ihr vorgegebenen Rahmen beachtet und Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Siegbach durch quasi-staatliche Ausführungen nicht diskreditiert". Widrigenfalls werde sich dann wohl die zuständige nächst höhere Behörde mit dem Sachverhalt beschäftigen müssen.

In der Sache selbst lautet der Ergebnis der eingeschalteten Kommunalaufsichten beim Kreis und beim Regierungspräsidenten: Der ehemalige Bürgermeister der Gemeinde Siegbach, Eckehard Förster, der von 1998 bis 2010 Chef im Rathaus in Eisemroth war, soll und wird als "staatsbeauftragter Bürgermeister" versuchen, die verfahrene Situation in Siegbach wieder zum Besseren zu wenden. Der mittlerweile 76-jährige Förster hat sich bereiterklärt, sich dieser Aufgabe zu stellen, hat am 2. März seine auf vorerst sechs Monate befristete Amtszeit als "Staatsbeauftragter" angetreten. Die nächste - und wie immer öffentliche - Sitzung der Gemeindevertretung ist für den 19. März vorgesehen.

Nachfolgend äußert sich die fünfköpfige Fraktion der CDU im Gemeindeparlament Siegbach zur Lage:

Viel ist geschrieben worden in den letzten Wochen - und noch mehr geredet. Und nun hat die Kommunalaufsicht beim Landrat des Landkreises Lahn-Dill in Verbindung mit dem Regierungspräsidenten letztendlich reagiert. Eine solche Maßnahme gab es übrigens zuletzt im Jahr 1977 anlässlich der damaligen Gebietsreform.

Es ist nun keineswegs so, dass dies erforderlich gewesen wäre, weil zum Beispiel in Siegbach ein recht streitlustiges Bergvolk lebt, das bei jeder Unpässlichkeit massiv reagiert. Vielmehr sind wir Siegbacher durch die Zwänge unserer Haushaltslage Wartezeiten gewöhnt und in Geduld geübt. Allerdings haben wir in der Kommune eine recht kleine Verwaltung, in der die Kompensation von Aufgaben nicht einfach ist. Erst recht dann nicht, wenn die gesamte "Führungsmannschaft" langzeitkrank ist.

Darunter auch der Bürgermeister, der - für den aufmerksamen Zuschauer eigentlich erkennbar - schon seit rund zwei Jahren Probleme hatte. Die Folge war unter anderem, dass von elf geplanten Parlamentssitzungen fünf, als nahezu die Hälfte, ausfielen. Seit Dezember 2019 hat es zudem lediglich zwei Sitzungen des Gemeindevorstandes mit nur wenigen, dazu noch recht belanglosen Tagesordnungspunkten gegeben. Selbst die schlichte, aber notwendige Zustimmung des Gremiums zu Grundstückskäufen ist aufgelaufen und blieb damit unerledigt.

Schwieriges Arbeiten in kleiner Verwaltung

In dieser schwierigen Zeit waren es die drei Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung, die zuverlässig, allerdings völlig selbständig und insgesamt selbstlos und unentwegt ihren Dienst für die Gemeinde und ihre Bürger versehen haben und sich durch die Gesamtsituation auch nicht entmutigen ließen. Vor allem aber haben diese drei den entstandenen "Leerraum" nicht genutzt, um eigenen Einfluss oder gar vermeintliche Machtpositionen auszubauen. Dafür gebührt den Bediensteten aus dem Bürgerbüro und dem Vorzimmer alle Anerkennung, Dank und Respekt.

Ansonsten ist gerade der ansonsten positiv besetzte Begriff "Respekt" in dieser ganzen "Siegbacher Angelegenheit" ein recht geschundenes Wort. Wurde es doch immer dann hervorgeholt, wenn es darum ging, Andersdenkende und Kritiker möglichst mundtot zu machen. Was glücklicherweise aber nicht gelungen ist. Respekt, so sagt es das Lexikon, ist "auf Anerkennung oder Bewunderung beruhende Achtung". Wo sollte diese Achtung aber herkommen. Im Vorgarten der Gemeindeverwaltung wächst sie nicht. Achtung und Respekt muss man sich verdienen!

Politische Fahrerflucht

Erst als der unrechtmäßig (staatsanwaltschaftlich bestätigt) gewählte SPD-Gemeindevertreter Tobias Schäfer nach mehr als drei Jahren (!) sein Mandat endlich niederlegte, begannen dann die Kartenhäuser reihenweise einzustürzen. Der Selbstzerfleischungsprozess der SPD-Fraktion nahm seinen Lauf. Was im Straßenverkehr verboten ist, das ist in der politischen Landschaft leider geübte Praxis: Wenn der Wagen gegen die Wand gefahren ist, begeht man nicht selten Fahrerflucht. Und die Trümmer mögen andere aufsammeln. So die kommunalpolitische Situation in Siegbach.

Es ist schon ein seltsames Verantwortungsbewusstsein, mit dem eigenen, weil unausweichlichen Rücktritt dann auch noch die gesamte Fraktion mit hineinziehen zu wollen. Das passt so gar nicht zu den demokratischen Gepflogenheiten des 21. Jahrhunderts. Es ist erfreulich, dass dieses Ansinnen nicht gelungen ist. Und so hält jetzt Dieter Rink als derzeit einzig verbliebener Beigeordneter der SPD im Gemeindevorstand in der Funktion des stellvertretenden Bürgermeisters die Stellung. In einer Rolle, die er nie angestrebt, aber angenommen hat, als es umständehalber darauf ankam. Auch Dieter Rink gebührt für dieses verantwortungsbewusste Verhalten Respekt.

CDU fordert Rückkehr zur Sachlichkeit

Als CDU-Fraktion sehen wir diese Entwicklung in Gesamtheit nicht ohne Bestürzung und Sorge. Wir empfinden keine Genugtuung und schon gar keine Neugierde auf die weitere Entwicklung. Die SPD hat von jeher in der Siegbacher Kommunalpolitik eine bedeutende Rolle gespielt. Sie gehört natürlich zu unserer politischen Farbenlandschaft. Aber es sollte, ja es muss eine SPD sein, mit der man partnerschaftlich und auf Augenhöhe reden kann. Eine absolute Mehrheit verführt halt auch leicht dazu, arrogant zu werden, weniger nachzudenken und abzuwägen, sondern einfach nur noch nach dem Prinzip "Wir haben die Mehrheit, anderes kümmert uns nicht" abzustimmen.

Entscheidend ist speziell in der Kommunalpolitik vor Ort die Suche nach Antworten auf Sachfragen - und nie die vorbehaltlose Gläubigkeit an Führungspersonen - oder sollte man sagen Verführungspersonen - oder Parteiwimpel. Loyalität ist eine schöne Sache, insbesondere für jene, die von ihr profitieren. Aber Loyalität ersetzt nicht die Verpflichtung, sich eigenständig zu informieren und eine fundierte Meinung zu bilden.

Wenn nun der ehemalige Bürgermeister Eckehard Förster (er war von 1998 bis 2010 Bürgermeister als Vorgänger von Berndt Otto Happel) die Dinge im Rathaus wieder ordnen und lenken soll, dann ist dies sicher keine leichte Aufgabe. Gilt es doch noch einige sehr seltsame Vorgänge und fragwürdige Handlungsweisen aufzuarbeiten und - rechtlich - zu würdigen. Daneben harren zahlreiche weitere Notwendigkeiten der Erledigung. Angefangen vom Haushalt, der noch nicht einmal im Entwurf vorliegt, über die Sicherung der Landesmittel aus dem hessischen Kommunalinvestitionsprogramm KIP bis hin zur anstehenden Öffnung des Dorfgemeinschaftshauses Eisemroth für die allgemeine Nutzung. Bis jetzt fehlt auch für diese letztgenannte Maßnahme des "davongelaufenen" 1. Beigeordneten jede nachvollziehbare Begründung.

An dieser Stelle soll eine neue Entwicklung eingefügt werden, die sich unmittelbar vor Redaktionsschluss bezüglich des Dorfgemeinschaftshauses Eisemroth ergeben hat: Im Rahmen einer Bauausschusssitzung vor wenigen Stunden wurde bekannt, dass das vom ausgeschiedenen 1. Beigeordneten geschlossene Bürgerhaus wieder geöffnet wird. Der Gemeindevorstand hat am 2. März - so der Kenntnisstand am 29. Februar - die Wiedereröffnung durch eine formelle Beschlussfassung ermöglicht. Die CDU-Fraktion Siegbach stellt hierzu fest, dass die DGH-Schließung völlig unberechtigt und eine reine Willkürmaßnahme war. Es existiert ein Begehungsbericht aus dem Jahr 2016(!), der als im Erdgeschoss umzusetzende Maßnahmen zwei harmlose und leicht zu erledigende Vorgänge auswies. Der Kostenaufwand hierfür bewegte sich im unteren vierstelligen Bereich. Dass die Umsetzung der kleinen Maßnahmen seit 2016 verschleppt wurde, sei hier am Rande angemerkt.

Das Vorgehen sollte wohl auch als Argument für einen geplanten Umbau des DGH mit Kosten von mehr als 700.000 Euro dienen. Und dieser Begehungsbericht von 2016 wurde kürzlich dazu genutzt, nach vier Jahren Duldung die sofortige Schließung des DGH durch den ehemaligen 1. Beigeordneten zu rechtfertigen.

Die CDU stellt fest, dass es für die gewählten Gemeindevertreter sehr mühsam war, diese genannten Fakten zusammenzutragen. Denn der Verwaltung Siegbach liegt eine schriftliche Anweisung des seit längerem erkrankten Bürgermeisters vor, nach der generell keine Informationen an die Parlamentarier weitergegeben werden dürfen. Aufgrund dieser Anweisung wurde den Gemeindevertretern bislang auch keine Einsicht in die Akten gewährt.)

Unterstützung für "Staatsbeauftragten"

Die CDU Siegbach sichert Eckehard Förster ihre volle Unterstützung zu, um wieder auf rechtlich einwandfreies und solides Fundament zurückzukehren. Denn Förster kann mit einer Rückkehr in die Verantwortung eigentlich nichts gewinnen - und hätte die Übernahme einer solchen Last auch gar nicht nötig. Aber Eckehard Förster folgt dem Ruf in die Verantwortung für Siegbach in schwierigen Zeiten. Dafür gehört auch ihm aller Respekt.

Er wird bei seiner Rückkehr auch keine "verhärteten politischen Fronten" vorfinden. Diese in der lokalen Tagespresse geäußerte Sichtweise zeugt nach Meinung der CDU Siegbach von einer völligen Fehleinschätzung der Situation. Gerade das Siegbacher Parlament ist von jeher für seinen Harmoniewillen bekannt. Harmoniebedürfnis ist aber keine Einbahnstraße. Es lässt sich leider aber auch nicht völlig leugnen, dass die parlamentarische Opposition aus diesem Harmoniebedürfnis heraus zu lange gewartet hat mit klaren Aussagen, Stellungsnahmen und Schritten, sondern sich stattdessen zu lange in ihrem Minderheitenschicksal hingegeben hat.

Bürgerinitiative Siegbach wichtig

Andererseits ist sie aber auch gefangen in einem parlamentarischen Regelwerk, das auf Abstimmungen und sich daraus ergebenden Mehrheiten fußt. Daneben gibt es kaum Handlungsspielräume. Eine außerparlamentarische Opposition unterliegt diesen Zwängen nicht. Daraus bezieht auch eine Bürgerinitiative, die sich in Siegbach angesichts der verfahrenen und verworrenen Situation gegründet hat, ihre Legitimation. Dass sich hier Bürger in großer Zahl aufgemacht haben und Missstände anprangern, ist ihr nicht vorzuwerfen, im Gegenteil, es ist ihr Verdienst, dass sie genau das tut.

Mit der Bürgerinitiative wird die CDU Siegbach auch weiter den gegenseitigen Gedankenaustausch pflegen.

Als Union sind wir der Meinung, dass eine funktionierende Demokratie auch eine außerparlamentarische Opposition "vertragen" kann, die in der Sache hartnäckig und in der Ansprache deutlich ist. Die CDU Siegbach hofft und ermuntert dazu, dass sich die Bürgerinitiative weiterentwickelt und auch als parlamentarische Kraft einbringt, um ihre Ziele zu erreichen. Das wäre so etwas wie die zwangsläufige Folge ihrer Bemühungen. Es sei an die vielen Versuche erinnert, die Mitbürger, die sich in der BI engagieren, "in die Ecke zu stellen". Ausgrenzung und Missachtung aber sind keine geeigneten Instrumente der (kommunal-)politischen Auseinandersetzung.

Wir, die CDU Siegbach, hoffen und arbeiten dafür, dass in Siegbach alle Beteiligten und Verantwortlichen wieder zur Sacharbeit zurückkehren (können) und das pflegen, was uns alle in Siegbach bisher stets auszeichnete: Offenheit, Zuverlässigkeit und Verantwortungsbewusstsein. Damit als Ergebnis unsere Heimatgemeinde gewinnt.

Über den Autor

Franz Ewert

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