Modernisierung des Strafverfahrens

Warum sperrt sich die SPD gegen die
biogeographische Herkunftsanalyse?

Immer noch verzeichnen die Kriminalstatistiken sowohl in Deutschland als auch europaweit so genannte „Cold Cases“. Als Cold-Case-Ermittlungen werden Verfahren der Schwerkriminalität bezeichnet, bei denen die Ermittlungen nach einer Dauer von einem Jahr kein Ergebnis erbracht haben. Die Ermittlungsverfahren werden in der Regel von Spezialeinheiten übernommen. Hierbei werden in der Regel sämtliche Mittel der forensischen Beweisführung genutzt.

Dabei verraten insbesondere DNA-Spuren einiges über eine Person: Welche Farbe Augen, Haare oder Haut haben und wie alt sie ist beispielsweise. Wenn Ermittler Spurenmaterial am Tatort finden, dann war es ihnen bislang jedoch nicht erlaubt, diese Daten auszuwerten. Die so genannte phänotypische DNA-Analyse war bisher verboten, lediglich der Abgleich der Daten mit bekannten Personen, die freiwillig eine DNA-Probe abgegeben haben oder wegen anderer Straftaten in der DNA-Datenbank erfasst waren, war erlaubt. Seit Mitte Dezember jedoch dürfen Ermittler auch unbekanntes Spurenmaterial auf bestimmte Eigenschaften hin untersuchen.

Was allerdings noch fehlt, ist die technische Möglichkeit, die es bereits gibt, auch die biogeographische Herkunft zu bestimmen und damit die Erkenntnisse zu verwenden. Das heißt, man kann mit hoher Treffsicherheit sagen, ob jemand beispielsweise aus Nordafrika kommt, aus der südlichen Sahara, aus Osteuropa, Lateinamerika… Nach Aussage der Fachleute ist für die Ermittler der Informationsgehalt am größten, wenn die Bestimmung der äußerlichen Merkmale des Alters sowie der biogeographischen Herkunft miteinander kombiniert werden können. Nachzulesen in einer Ausgabe des Deutschen Ärzteblattes.

Die allgemeine erweiterte DNA-Phänotypisierung kann die Polizei jetzt bald nutzen, denn der Bundesrat hat vor wenigen Wochen das entsprechende Gesetz zur „Modernisierung des Strafverfahrens“ gebilligt. Leider bleibt die Analyse der biogeographischen Herkunft verboten. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) war nicht bereit, dieser Nutzung zuzustimmen, da sie der Auffassung ist, dass damit eine mögliche Diskriminierung von Minderheiten einhergeht.

Irmer: „Täterüberführung wichtiger als Täterschutz“

Für den heimischen Bundestagsabgeordneten Hans-Jürgen Irmer eine Auffassung, die er in der Sache auch nicht ansatzweise nachvollziehen könne. „Es geht nicht um Diskriminierung. Es geht darum, Täter möglichst zeitnah zu erfassen, egal welcher Hautfarbe sie sind. Dies allein dient dem Schutz künftiger weiterer potenzieller Opfer, dient der erhöhten Aufklärungsquote und hat mit Diskriminierung und Rassismus nichts zu tun. Wenn Menschen sich an geltendes Gesetz nicht halten, ob Europäer, Asiaten, Afrikaner, dann können sie und dürfen sie nicht auf den Schutz dieses Gesetzes indirekt hoffen, sondern sie müssen davon ausgehen, dass der Staat seinen Ermittlern, den Sicherheitsbehörden, all die technischen Möglichkeiten an die Hand gibt, die notwendig sind, um optimal aufklären zu können“, so Irmer.

Wenn man im Übrigen Angst vor Diskriminierung habe, dann dürfe man eigentlich auch nicht die Hautfarbe eines Täters benennen. Deshalb sei diese Auffassung unlogisch.

Es sei im Übrigen auch nicht einzusehen, warum die erweiterte DNA-Analyse in Großbritannien, Polen, Tschechien, Schweden, Ungarn, Spanien oder Österreich legal genutzt werden darf, aber in Deutschland, wo der Ausländeranteil an Straftaten überproportional hoch ist, nicht. Vor diesem Hintergrund sei die Ministerin und vor allen Dingen die SPD gefordert, ihre ablehnende Haltung im Sinne der Sicherheit und des Schutzes der Bevölkerung noch einmal zu überdenken.

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Hans-Jürgen Irmer
Hans-Jürgen Irmer
Herausgeber Wetzlar Kurier

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