Massive Kritik von CDU/CSU an Seehofer:

Pauschale Flüchtlingsaufnahmequote grundfalsch

Als Horst Seehofer noch CSU-Chef war, hat er in der Sache völlig zu Recht Kanzlerin Angela Merkel und ihre Flüchtlingspolitik kritisiert, eine Politik, von der Merkel heute sagt, dass sich ein 2015 nicht wiederholen darf. Jetzt hat Seehofer den Vorschlag unterbreitet, dass von allen aus Seenot geretteten Asylanten grundsätzlich 25 Prozent nach Deutschland kommen sollen. Die anderen sollen auf wenige andere Staaten verteilt werden, die sich ebenfalls bereit erklärt haben, bestimmte Quoten aufzunehmen.

Dass man Menschen, die Gefahr laufen, zu ertrinken, helfen muss, ist christliche Pflicht. Darüber muss niemand streiten. Es ist allerdings falsch, Anreize dafür zu schaffen, dass sich noch mehr Menschen mit Hilfe krimineller Schlepper und Schleuser auf gefährliche Meeresüberfahrten begeben, weil aus der Zusage von Seehofer ein Pool-Effekt entsteht, also ein Anreiz nach Deutschland zu kommen. Natürlich ist es kein Grundproblem, wenn von 120 Geretteten 25 Prozent nach Deutschland kommen. Aber wir diskutieren mittlerweile über einige Tausend pro Jahr – Grenze nach oben offen.

Es reicht schon, dass die sogenannten Nichtregierungsorganisationen (NGO’s) durch ihre wie auch immer finanzierten Helferschiffe – und jetzt kommen obendrein noch die EKD hinzu – das Geschäft der Schleuser betreiben. Diese setzen für extrem teures Geld Asylbewerber in seeuntaugliche Boote. Kurz hinter der libyschen 12-Seemeilen-Grenze werden sie ausgesetzt, ein Notruf wird abgesetzt und die sogenannten Hilfsorganisationen stehen schon bereit, um die Asylanten aufzunehmen. Viel einfacher kann man das Geschäft für die Schlepper nicht machen.

Die Vorsitzende des Innenausschusses, Andrea Lindholz (CSU), hat ihren Parteifreund Horst Seehofer kritisiert. Es könne nicht sein, dass man 25 Prozent einer unbekannten Zahl von Migranten zusichert, nach Deutschland zu kommen. Das sei keine vorausschauende Migrationspolitik. Auch die beiden CDU-Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor und Christoph Bernstiel warnten davor, dass neue Fluchtanreize geschaffen würden und verwiesen darauf, dass die Seenotrettung ausschließlich für humanitäre Notsituationen gedacht sei.

In die gleiche Kerbe schlug der heimische CDU-Bundestagsabgeordnete Hans-Jürgen Irmer, ebenfalls Mitglied im Innenausschuss, der Seehofers Plan als verantwortungslos bezeichnete und massiv kritisierte, dass man aus der Presse erfahre, was der Minister vorhabe. Es wäre schön, wenn Seehofer an den internen Sitzungen der CDU-Innenpolitiker teilnehmen würde, dann könnte man im Vorfeld darüber reden. Das sei kein Stil. Er habe dies auch in Berlin, so Irmer, so deutlich zum Ausdruck gebracht.

So richtig und gut es gewesen sei, dass die Zahl der Asylbewerber in den letzten zwei Jahren gegenüber 2016 und 2017deutlich nach unten gegangen sei. Es seien noch immer deutlich zu viele.

Deutschlands Rolle in Europa geschwächt

Damals wie heute versucht man, andere europäische Staaten zu überzeugen, bestimmte Quoten an Asylbewerbern aufzunehmen. Dies machen die meisten europäischen Staaten zu Recht nicht mit, denn es macht einen Unterschied, ob ich von 100.000, die pro Jahr nach Europa kommen, eine bestimmte Quote aufnehme oder von einer Million oder zwei Millionen. Deshalb ist eine Quotenpolitik grundsätzlich unverantwortlich. Darüber hinaus dürfe man nicht vergessen, selbst wenn man diese habe und Rumänien und Bulgarien beispielsweise je 2,5 Prozent aufnehmen würden, dass die, die dort aufgenommen werden, kein anderes Ziel kennen, als von dort möglichst schnell nach Deutschland zu kommen, weil hier die Sozialleistungen entsprechend hoch sind. Ergo muss die Zielsetzung sein, Asylbewerberzahlen zu erreichen, wie wir sie vor dem Asylantenansturm 2015 hatten, nämlich in der Größenordnung von 20.000, 30.000 oder 40.000 pro Jahr.

Die Forderung Deutschlands seinerzeit und auch heute an andere europäische Staaten, die Lasten zu teilen, kann man zwar verstehen, wirkt aber auf die Staaten, die das eben aus guten Gründen nicht machen wollen, befremdlich, weil sie auf die moralische Anklagebank gesetzt werden, was einem freundschaftlichen Miteinander abträglich ist.

Dass der Brexit gekommen ist, lag auch an dem Asylansturm 2016/2017 und der damaligen Forderung auch an die Briten, entsprechend viele Menschen aufzunehmen. Und genau das woltlen die Briten nicht. Deshalb ist der Brexit zu einem Teil auch auf die Asylpolitik seinerzeit zurückzuführen. Bedauerlicherweise, denn der Brexit ist nicht gut für Europa. Deshalb hat Reinhard Müller von der FAZ in einem Kommentar vom September dieses Jahres Recht, wenn er Seehofer kritisiert und die Quote als „zumindest fahrlässig“ bezeichnet und darauf verweist, dass man in Deutschland doch gerade die „Nachhaltigkeit“ neu entdeckt habe, so dass man dadurch bedingt keine unabsehbaren Lasten dem Land aufbürden dürfe.

Über den Autor

Hans-Jürgen Irmer
Hans-Jürgen Irmer
Herausgeber Wetzlar Kurier
Aktuelle Ausgabe11/2024