Neuer BAMF-Präsident Dr. Hans-Eckhard Sommer hat wichtige Bundesbehörde schnell auf Vordermann gebracht:

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge arbeitet
„erfolgreich und qualitätsorientiert“

Um die Schwere der Aufgabe, die er übernehmen sollte, machte sich Dr. Hans-Eckhard Sommer keine Illusionen. Und das Angebot des Bundesinnenministers Horst Seehofer, das Amt des Chefs des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) anzutreten, habe er dann auch erst nach Rücksprache und mit der Zustimmung seiner Ehefrau angenommen. Nun steht Hans-Eckhard Sommer seit gut einem Jahr an der Spitze einer Bundesbehörde, die bis dahin in ihrer Außenwirkung eher negativ wahrgenommen wurde, mit der im Frühjahr 2018 publik gewordenen und aus Verfahrensmängeln und Fehlentscheidungen bestehenden Bremer BAMF-Affäre als Höhepunkt.

Sommer, in Bayern seit Jahren mit Asyl-Fragen beschäftigt, übernahm die schwierige Mission. Nach nun gut einem Jahr hat sich vieles getan und zum Positiven verändert. Darüber berichtete der BAMF-Präsident vor über 100 am Thema interessierten und im Anschluss an das Referat mitdiskutierenden Zuhörern auf Einladung der Bürgerinitiative Pro Polizei Wetzlar in Tasch's Wirtshaus. Unter den Zuhörern auch Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich und Stefan Aurand, Sozialdezernent des Lahn-Dill-Kreises.

Mitarbeiterzahl vervierfacht

Mittlerweile ist es, vor allem dank der Weichenstellungen des 58 Jahre alten neuen Präsidenten, ruhiger um das BAMF und seine Arbeit geworden, was Sommer aber nicht abhielt, klar Position zu beziehen zu Fehlentwicklungen seiner Behörde, die er in anerkannt schwieriger Phase übernommen hat. „Heute steht das BAMF völlig anders da als 2015 oder auch als 2018“, so Sommer, der mit letzterem Datum auf seine Amtsübernahme anspielte. Das schlechte Bild der Behörde führt der neue Präsident ursächlich vor allem auf die Tatsache zurück, dass das Amt in 2015 angesichts des größten Flüchtlingszustroms mit 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern „völlig unterdimensioniert“ gewesen sei.

„Heute ist das BAMF stärker als je zuvor“, bilanziert Sommer die Entwicklung der letzten zwölf Monate: 8000 Planstellen, von denen allerdings noch 1000 – „Das Problem ist der Arbeitsmarkt“ - besetzt werden müssen, und 60 über das gesamte Land verteilte Außenstellen hätten den Menschen das Vertrauen in die Behörde wieder zurückgegeben. „Innen wie außen“, wie Sommer betont. „Das BAMF ist heute ein gut funktionierendes und gut aufgestelltes Amt, das quantitativ wie qualitativ eine gute Arbeit leistet“, ist sich der Behördenleiter sicher. Und das bei - Stand Juli 2019 - 86.000 Asyl-Erstanträgen in diesem Jahr, zehn Prozent weniger als zum gleichen Zeitpunkt des vergangenen Jahres, in dem insgesamt 160.000 Asylanträge gestellt wurden.

Verfahrensdauer erheblich gesunken

Insgesamt seien aktuell 250.000 Asylverfahren „anhängig“ mit einer Verfahrensdauer von durchschnittlich sechs Monaten. Bei den Erstanträgen 2019 liege die Verfahrensdauer bei nur noch drei Monaten. In vielen Ankerzentren, zu denen auch Gießen gehöre, sogar unter zwei Monaten. Und die unter dem Stichwort „Dublin-Verfahren“ bearbeiteten Anträge würden in „sensationell schnellen“ 1,4 Monaten abgeschlossen.

Allerdings sei es eine Tatsache, dass nahezu jeder abgelehnte Asylbewerber den Rechtsweg beschreite, so dass derzeit noch etwa 300.000 Verfahren bei den Verwaltungsgerichten liegen. Die Zusammenarbeit des BAMF mit den Gerichten ist laut Sommer mittlerweile gut und die Aufhebungsquote gesunken, von 22 Prozent in 2017 über 17 in 2018 auf 14 Prozent im laufenden Jahr. Dies zeige, „dass die Qualität der Asylbescheide des BAMF erheblich gestiegen und qualitätsgesichert ist“.

Sommer erläuterte zahlreiche weitere Aspekte, Zusammenhänge und Details aus der Arbeit des BAMF, das formal nicht zu den Sicherheitsbehörden in Deutschland zählt, laut Behördenchef „sich aber so fühlt“. So kämen zwei Drittel der Personen, die hier Asylanträge stellen, ohne Ausweispapiere nach Deutschland. „Das sind jene, die wissen, dass sie keine Chance auf Asyl haben“, so Sommer. Das BAMF tue alles, um die Identität dieser Menschen zu klären. Und das geschehe mit modernen Methoden mittlerweile so erfolgreich, „dass es nahezu keine Mehrfachidentitäten mehr gibt“.

Ausreisepflicht wirkungsvoller durchsetzen

„Wir müssen dazu kommen, die Ausreisepflicht wirkungsvoller durchzusetzen“, kam Sommer auf das Thema zu sprechen, das die Menschen im Land bewegt. Im Juli 2019 seien rund 15.000 Personen aus Deutschland abgeschoben worden, davon 1000 aus Hessen. „Die Zahl der Rückführungen steigt, auch in schwierige Länder, zum Beispiel nach Westafrika“, dies sei noch ausbaufähig, weiß Sommer. Mit jedem einzelnen Land müsse verhandelt werden, ein „nicht einfaches Geschäft“. Die Zahl der freiwilligen Ausreisen nach Ablehnung des Asylantrags sei jedoch zurückgegangen, im Juli 2019 auf 6200 Menschen, die freiwillig aus Deutschland ausgereist sind, davon 439 aus Hessen.

Hauptherkunftsländer der Flüchtlinge sind Syrien, Irak, Nigeria, Türkei und Afghanistan. Die sogenannte und nicht mit dem Asylverfahren zu verwechselnde „Schutzquote“ liege bei den Syrern - bürgerkriegsbedingt - bei 84 Prozent, bei den Irakern bei 36, bei den Nigerianern bei sieben Prozent. Bei Türken und Afghanen stiege diese Schutzquote und liege aktuell bei 44 beziehungsweise 40 Prozent. Aber: Zwei Drittel aller Asylanträge werde abgelehnt mit der Folge der Ausreisepflicht oder der Abschiebung. 246.000 Personen sind laut Sommer aktuell ausreisepflichtig. Das mache wiederum eine enge Kooperation mit den Bundesländern notwendig. „Nach der Ablehnung des Asylantrages sind die betroffenen Personen keine Flüchtlinge mehr“, macht der BAMF-Präsident deutlich. „Grundsätzlich müssen wir dazu kommen, die Ausreisepflicht besser durchzusetzen“, gab Sommer als Ziel aus.

Integration wichtiges Arbeitsfeld

Der BAMF-Chef lobte die „erheblichen Rechtsverbesserungen“ durch Bundesregierung und Gesetzgeber, die die Arbeit erleichterten, zum Beispiel deutlich verbesserte Abschiebehaft-Möglichkeiten oder auch ein zielführenderer Umgang mit Personen, die bei der Feststellung ihrer Identität nicht kooperationsbereit sind. Dazu arbeite das BAMF mittlerweile mit allen Sicherheitsbehörden kooperativ zusammen, auch in Sachen Gefahrenabwehr und Strafverfolgung.

In Summe verstehe sich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als „Kompetenzzentrum für Asyl, Migration und Integration“. Gerade zum letztgenannten Aufgabenfeld leiste das BAMF laut Sommer eine „europaweit absolut einzigartige Integrationsarbeit“, auch angesichts der Tatsache, dass 25 Prozent der Flüchtlinge Analphabeten seien. Zusammen mit Volkshochschulen und anderen Bildungsträgern mache das BAMF Angebote zum Spracherwerb und Werteentwicklung, fördere Projekte und die Forschungsarbeit. „Integrationskurse sind Basisarbeit, bei der die Kooperation mit den Kommunen unabdingbar ist, um die Kurse passgenau zu machen“, so Sommer, der von Herausforderungen spricht, da sich die Zusammensetzung der Kurse sehr unterschiedlich entwickele. 36 Mitarbeiter des BAMF sind in Hessen in Sachen Integration aktiv. Ihre Bilanz weise 10.000 Teilnehmer in 730 Integrations- und 8000 Teilnehmer in 414 Kursen zur berufssprachlichen Ausbildung aus.

Im Anschluss an das Referat Sommers entwickelte sich eine rege Diskussion um etliche Detailfragen, wobei aber - so auch von Pro-Polizei-Chef Hans-Jürgen Irmer schon im Vorfeld angemahnt, die politische Dimension des Flüchtlings- und Asylthemas außen vor blieb, da das zur Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben verpflichtete Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für diese Aspekte in keiner Weise zuständig ist.

Über den Autor

Franz Ewert

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