Neujahrsempfang Pro Polizei

Tania Kambouri mahnt die Politik, Parallelgesellschaften zu verhindern

(wf). Beherrschendes Thema bei dem zum dritten Mal veranstalteten Neujahrsempfang der Bürgerinitiative Pro Polizei Wetzlar im vollbesetzten und von der Wetzlarer Firma Blumen-Weiß floral ausgestalteten Bürgerhaus Büblingshausen war die innere Sicherheit. Angesichts des einladenden Vereins und im Blick auf die Gastreferentin Tania Kambouri, Polizistin und Buchautorin aus Bochum, kein Wunder. In Anwesenheit von Oberbürgermeister Manfred Wagner sowie Vertretern von Kreistag und Stadtparlament machte Pro-Polizei-Vorsitzender Hans-Jürgen Irmer die Dimension des Themas anhand aktueller Zahlen deutlich: sechs Millionen aktenkundige Straftaten pro Jahr in Deutschland, davon 400.000 in Hessen, 60.000 Straftaten und Übergriffe, bei denen Polizeibeamte Opfer und Geschädigte waren, davon 3500 in Hessen, was eine Steigerung um 13 Prozent bedeutet. Hinzu kommen bundesweit weitere 12.500 Straftaten gegen Bundespolizeibeamte im Bereich Bahn und Flughäfen. Des Weiteren - leider auch zunehmend und insgesamt völlig unverständlich und nicht nachvollziehbar - An- und Übergriffe zum Schaden von Feuerwehrleuten und Rettungsdiensten im Einsatz.

Mit dem zahlenmäßigen Anstieg geht laut Irmer ein sinkender Respekt vor dem Staat und seinen Institutionen einher. „Gewalt gegen Polizisten ist aber zugleich Gewalt gegen Staat und Gesellschaft. Deshalb braucht die Polizei die Solidarität der Bürger“, so Irmer, der Politik und Gesellschaft dazu aufruft, die „Alarmsignale aus der Polizei heraus“ zur Kenntnis zu nehmen und zu reagieren. Die Kriminalität sei schon heute nicht mehr „adäquat zu bekämpfen“. So bedeute mehr Personal zugleich mehr Sicherheit, machte der Pro-Polizei-Vorsitzende klar. Er forderte eine „gesellschaftliche Ächtung derer, die jene kritisieren, die für unsere Sicherheit einstehen“. Irmer verwies auf „Hilferufe der Polizei an Politik und Justiz“, die sehr ernst zu nehmen seien. Speziell richtete er einen Appell an die Justiz, den ihr per Gesetz eingeräumten Strafrahmen wirkungsvoller und nachhaltiger auszuschöpfen.

Für den Bundestagsabgeordneten Irmer ist klar: „Der Staat muss die schützen, die uns schützen. Denn ohne Sicherheit gibt es auch keine Freiheit des Einzelnen“. Der Artikel 1 des Grundgesetzes – „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“ - gelte universal und damit auch und vielleicht ganz besonders für die Beamten und Beamtinnen der Polizei. Zuversichtlich stimme, dass laut einer Umfrage vom Januar 2017 erfreuliche 86 Prozent der Bundesbürger Vertrauen in die Polizei haben.

Mittelhessens Polizeipräsident Bernd Paul dankte den Bürgern der Region und ganz besonders der BI Pro Polizei für die ideelle und materielle Unterstützung und somit für das solidarische Engagement zugunsten der Polizei: „Da kann ein Polizeipräsidium schon stolz sein.“ Auch wenn die mittelhessische Region vergleichsweise sicher sei, dürfe in Sachen Kriminalitätsbekämpfung nicht nachgelassen werden: „Jede Straftat ist eine zu viel.“ Paul dankte ebenso für die Unterstützung und Wertschätzung seitens des Landes Hessen. Fast 1500 neue Stellen wurden hessenweit im Polizeidienstgeschaffen, und zwar über den Ausgleich hinaus, der aufgrund von Pensionierungen ohnehin notwendig sei. Hinzu kämen 120 „Fachbeamte“, Spezialisten für den IT-Bereich, Buchprüfer, Politik- und Islamwissenschaftler. Über ein spezielles Lob durfte sich die Polizei in Wetzlar freuen, sei sie doch Trendsetter in Sachen Bodycams, einer technischen Innovation mit nachgewiesenermaßen erheblicher deeskalierender Wirkung im Dienst vor Ort.

Tania Kambouri, 34-jährige griechisch-stämmige deutsche Polizeibeamtin im Streifendienst in Bochum und einer breiten Öffentlichkeit bekanntgeworden durch ihr 2015 erschienenes Buch „Deutschland im Blaulicht - Notruf einer Polizistin“, öffnete dann in ihrem Vortrag einmal mehr dem Publikum die Augen über den wenig romantischen Alltag einer Streifenbeamtin. Der Dienst der Kollegen „auf der Straße“ werde immer gefährlicher, nicht nur in Bochum, sondern im ganzen Land. Im Wissen um das, „was sich auf der Straße abspielt“, sieht Kambouri die Zukunft realistisch, was in ihrem Fall bedeutet: nicht positiv. Seit dem Erscheinen ihres „Notruf-Buches“ vor bald drei Jahren habe sich leider nichts verändert, es sei keine Besserung der Lage eingetreten, im Gegenteil.

Hier nun in Schlagzeilen ihre Analyse des „Ist-Zustandes“, so wie sie selbst und tausende Kollegen täglich erleben - und zunehmend mehr erleiden müssen:

- Die Probleme haben sich potenziert - Die Entwicklung macht mir Angst - Viele Migranten wollen sich nicht integrieren - Straftäter haben in zunehmendem Maße ausländische Namen - Die Aggressivität nimmt zu, eine „normale“ Personalienfeststellung ist kaum mehr möglich - Übergriffe und Beleidigungen, die von jungen muslimischen Männern ausgehen, nehmen zu. Nicht nur gegenüber der Polizei, auch gegenüber Rettungskräften, der Feuerwehr, Lehrern, Erziehern ... - Deutschland ist so unsicher wie noch nie - und es wird noch schlimmer kommen - Die Gefahr, Opfer einer Straftat zu werden, war noch nie so hoch - Nur wenige Gerichte urteilen angesichts zunehmender Kriminalität aus Sicht der Polizei angemessen - Man verzweifelt an dem Rechtsstaat: Täter gehen leer aus - Es gibt immer mehr Opfer und immer weniger Aufklärung – „Knallharte“ Maßnahmen sind angesichts der aktuellen Probleme notwendig, zum Beispiel Ausweisungen, „was aber nicht passieren wird“ - Verstärkte Integration notwendig, aber: „große Teile der Migranten wollen sich nicht integrieren, das ist der Grund für die Probleme“.

Wenn sie an Deutschland und Europa denke, mache es ihr Angst wegen alledem, was auf uns zukomme. „Ich erzähle keine Lügen und ich übertreibe nicht. Dennoch muss ich mich immer rechtfertigen“, beklagt Tania Kambouri die Situation in Deutschland, das Verdrängen der Realitäten seitens auch vieler Verantwortungsträger, die Neigung zur Verharmlosung und den unguten Einfluss falsch verstandener Toleranz. Um abschließend nochmals zu bekräftigen: „Ich habe kein gutes Gefühl, wenn ich an die Zukunft denke.“

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Franz Ewert

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